Talk Plus 2022 rund um den Fachkräftemangel im Technopark

Marcel Ottiger, CEO und Co-Founder Amphasys AG.

Mehr als 60% der KMUs und Start-Ups in der Zentralschweiz sind von Fachkräftemangel betroffen. Dieser wird sich in den kommenden Jahren tendenziell verstärken. Wie Start-Ups und KMU in der Zentralschweiz damit umgehen, wurde am Technopark® Talk Plus 2022 vor 90 Gästen diskutiert.

«Für Start-Ups war es schon immer eine Herausforderung wegen ihren speziellen Anforderungen, passende Mitarbeitende zu finden. Nun kommt für Start-Ups wie KMU noch ein verschärfter Fachkräftemangel dazu», mit diesen Worten eröffnete Franco Chicherio, Geschäftsleiter des Technopark Luzern, den Technopark Talk Plus 2022, der sich am 1. September 2022 dieser Thematik widmete. Rund 90 Teilnehmende folgten der Einladung zum grössten Start-Up-Event der Zentralschweiz ins D4 Business Village in Root. 

Multifunktionelle Mitarbeitende ausbilden und Prozesse standardisieren

Den Anfang machte Mitinhaber und Co-CEO Beat Wullschleger, der mit seinem Bruder seit 2006 das Familienunternehmen Wilhelm Schmidlin AG leitet. Das innovative KMU stellt mit rund 90 Mitarbeitenden am Produktionsstandort in Oberarth (SZ) Badewannen, Duschwannen, Duschflächen, Waschbecken, Urinale, Küchenrückwände und Whiteboards in großer Vielfalt und bewährter Qualität
her. Das Unternehmen setzt auf Lean Management und stetige Schulung der Mitarbeitenden, um sich am Markt erfolgreich zu behaupten. «Lean Management heisst nicht etwa weniger Mitarbeitende, sondern effizientere Prozesse und multifunktionelle Mitarbeitende, die dank standardisierter Arbeitsabläufe verschiedene Tätigkeiten optimal wahrnehmen können», so Beat Wullschleger. Dass Talente immer schwieriger zu finden sind, spüre das Familienunternehmen stark. Deshalb werde viel mehr Zeit in die Rekrutierung investiert als früher. Ebenfalls würden mehr und neue Kanäle für die Mitarbeitersuche genutzt. Zudem sei der Industriebetrieb offen, sich den wachsenden Anforderungen der Mitarbeitenden mit guten Angeboten zu stellen, um sie auch langfristig für das Unternehmen zu gewinnen.

Trotz Fachkräftemangel – keine Kompromisse beim Einstellen von Mitarbeitenden

Auch die FELFEL AG ist ein Familienbetrieb, der sich für die Rekrutierung von Mitarbeitenden sehr viel Zeit nimmt und innovative Ansätze wie Videos und sogar ein Team-Kochevent in den Bewerbungsprozess integriert. Mit einem schnellen Wachstum und dem Anwachsen des Teams auf hundert Mitarbeitende in nur neun Jahren, ist dieses Engagement des auf Arbeitgeber-Hospitality spezialisierten Unternehmens nicht verwunderlich. Founder und Co-CEO Emanuel Steiner hält nichts von Kompromissen beim Einstellen von Talenten, auch wenn man dringend mehr Personal braucht. In Zeiten des Fachkräftemangels setzt die FELFEL AG besonders stark auf das Coaching seiner Führungskräfte: «Der oder die direkte Vorgesetzte ist entscheidend, ob Talente auch im Unternehmen verbleiben», ist sich Emanuel Steiner sicher. Trotzdem liegt es in der Natur der Sache, dass auf dem Weg vom Start-Up zum KMU immer wieder andere und neue Mitarbeitende gefragt sind. Insofern betrachtet er den Fachkräftemangel klar als Wachstumsbremse für die FELFEL AG.

Entscheidend beim Gewinnen und Behalten von Talenten sind gelebte Unternehmenswerte

Weiterhin wachsen will auch die Amphasys AG, welche vor zehn Jahren von CEO Marcel Ottiger, mitgegründet wurde und heute über ein Team von 20 Spezialisten verfügt. Das auf Saatgut-Analyse spezialisierte Hightech-KMU ist international tätig und rekrutiert seine Talente seit je her auf dem internationalen Markt. Aufgrund der globalen Ausrichtung sind auch mobiles Arbeiten und Cloud-Dienste schon lange Bestandteil der Amphasys Arbeitswelt. Insofern hat sich auf dem Weg vom Start-Up zum KMU diesbezüglich nicht viel geändert. Investiert wurde in letzter Zeit vor allem in das Herausbilden der Firmenkultur und -werte. «Wir erachten es als entscheidend, dass Mitarbeitende zu uns passen und wir gemeinsam unsere Werte leben», erklärte Marcel Ottiger. Fachliche Defizite liessen sich durch gute Zusammenarbeit kompensieren, nicht aber unterschiedliche Wertvorstellungen. 

Für viele Schweizer Start-Ups und KMU dürfte der Mix aus aufwändigeren Rekrutierungsprozessen, standardisierten Arbeitsabläufen, dem Erfüllen von wachsenden Mitarbeiteranforderungen, dem Coaching von Führungskräften sowie dem Pflegen der Unternehmenswerte das Erfolgsrezept sein, um dem Fachkräftemangel die Stirn zu bieten. pd