Angehörige brauchen Entlastung

Maria Koch Schildknecht: „Pflegende Angehörige kommen früher oder später an ihre Grenzen. Sie brauchen Unterstützung.“ | Bild pd
Maria Koch Schildknecht: «Pflegende Angehörige kommen früher oder später an ihre Grenzen. Sie brauchen Unterstützung.» | Bild pd

Demenzerkrankungen wie Alzheimer machen noch immer Angst. Die Stiftung «Der rote Faden» in Luzern betreut Betroffene und berät Angehörige. Leiterin Maria Koch Schildknecht erzählt aus ihrem spannenden Alltag.

Maria Koch Schildknecht, wie äussert sich eine Demenzerkrankung?
Vergesslichkeit ist eines der typischen Merkmale einer Demenz. Menschen mit Demenz müssen immer wieder nachfragen oder vergessen bei längeren Gesprächen das zuvor Gesagte. Die Demenz kann sich aber auch in Wortverwechslungen oder Wortfindungsstörungen zeigen. Man spricht vermehrt vom «Ding», weil auf die Schnelle das richtige Wort nicht gefunden wird. Auch das Planen und Durchführen alltäglicher Sachen wird zunehmend schwieriger. Ein typisches Merkmal einer Demenzerkrankung ist, dass der Patient seine Defizite im Verlauf der Erkrankung immer weniger bemerkt und oft erstaunlich adäquate Antworten geben kann.

Mit der Stiftung «Der rote Faden» wenden Sie sich hauptsächlich an die Angehörigen von Demenzkranken. Warum?
Ich stelle oft fest, dass demenzkranke Menschen meist eine gute körperliche Gesundheit haben. Eine Studie der Uni Zürich hat sogar ergeben, dass Menschen mit Demenz ihre Lebensqualität als gut beurteilen. Ganz anders ist die Situation der Angehörigen. Sie sind oft sehr belastet. Der anspruchsvolle Alltag bringt sie an ihre Grenzen. Deshalb brauchen sie dringend Beratung und Unterstützung. Die Beratung stellt ihnen «Der rote Faden» kostenlos zur Verfügung.

Wie können Sie ihnen denn helfen?
Angehörige können bei uns einfach mal aus ihrer Sicht erzählen, wie es zu Hause geht. In diesen Gesprächen wird aufgezeigt, wie sie mit bestimmten Situationen umgehen können. Wir versuchen ihnen auch zu erklären, dass der kranke Partner nichts extra macht, auch wenn es manchmal so scheint. Angehörige können nicht verstehen, dass die demenzkranke Person zum Beispiel ein kompliziertes Schloss öffnen kann, während Schuhe binden nicht mehr geht. Zudem wollen wir aufzeigen, welche Entlastungsangebote es gibt. Wir haben in der Innerschweiz sehr viele, die Angehörigen wissen es oft nur nicht.

Welche zum Beispiel?
Die Angehörigen haben Hilflosenentschädigung zugute. Von der IV bekommen sie auch einen Begleitausweis für Bahn und Bus. Das heisst, die Begleitperson fährt gratis. Weiter empfehle ich, von Anfang an auf die Spitex zurückzugreifen. Deren Leistungen sind von der Krankenkasse grösstenteils bezahlt. Denn die ursprüngliche Beziehung zwischen Frau und Mann geht verloren, wenn die Frau ihren kranken Mann waschen, baden und anziehen muss. Die erkrankte Person wird zum ständigen Hilfeempfänger.

Kann man einer Demenzerkrankung eigentlich vorbeugen?
Rund 30 Prozent der Demenzerkrankungen sind vaskuläre Demenzen. Diese können mit gesunder Ernährung, mässigem Alkoholkonsum und viel Bewegung positiv beeinflusst werden. Ebenfalls empfiehlt es sich, einen hohen Blutdruck, einen hohen Cholesterinwert und Diabetes zu vermeiden. Das Allerwichtigste aber sind die sozialen Kontakte. Dadurch entstehen neue, wertvolle Verknüpfungen und Vernetzungen im Gehirn. Auf diese können wir zurückgreifen, wenn andere Hirnzellen langsam abzusterben beginnen.

Vortragsreihe in Root
Die regionale Gesundheitskommission der Gemeinden Buchrain, Dierikon, Gisikon, Honau und Root organisiert eine Vortragsreihe zum Thema Demenz. Die beiden letzten Vorträge finden wie folgt statt: 23. April: Die Krankheit und ihre Auswirkungen auf das tägliche Leben. Maria Koch Schildknecht, Leiterin Stiftung «Der rote Faden», Luzern. 11. Juni: Umgang mit verändertem Verhalten. Maria Koch Schildknecht
Alle Vorträge finden im Mehrzwecksaal Arena in Root statt und beginnen jeweils um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.