Im Rückblick auf meine letzte Kolumne muss ich zugeben, dass ich sehr offen (vielleicht zu offen) mit Informationen umgegangen bin. Ich wurde persönlich. Jedoch interpretiere ich meine Rolle als Kolumnist so, dass ich mir die Freiheit nehme, auch gewisse Übertreibungen anzubringen. Auf überspitzte Weise will ich die Leser zum Nachdenken anregen. Daher macht es mir auch nichts aus, Fakten zu dehnen (natürlich nur in Bezug auf die Kolumne und nicht auf sonstige journalistische Artikel). Mir ist die Botschaft wichtiger als das Bild, welches sich die Leser von mir durch meinen Text machen. Wie in jeder Kunst ist es auch in der Schreibkunst üblicherweise so, dass der Künstler sich nur so lange mit seinem Werk beschäftigt, bis er es für vollendet erklärt. Sobald die Schöpfung vorüber ist, wird das Vollbrachte uninteressant. Denn schlussendlich würde jeder erneute Blick auf das Werk dazu führen, dass man «Fehler» entdeckt oder zumindest Dinge, die man mit fortschreitendem Wachstum anders tun würde. So unterscheidet sich die Kunst auch von industriellen Produktoptimierungen. Dieses «Nicht-Anhaften» führt dazu, dass man sich eine Freiheit erhält und sich nicht durch ständige Umwälzung geistig einsperrt. Dazu fällt mir eine Metapher ein, welche mich immer wieder inspiriert: Zwei Mönche befinden sich auf dem Weg zum Tempel, nachdem kurz zuvor der Monsunregen verging. Auf ihrem Weg sehen sie eine Dame, welche gerade die schlammige Strasse überqueren will, jedoch befürchtet, ihr Kleid dabei schmutzig zu machen. Der eine Mönch, der ihre Situation sieht, geht, ohne eine Wort zu sagen, zu ihr hin, hebt sie hoch, trägt sie auf die andere Strassenseite und geht danach wieder schweigend seines Weges. Vor dem Tempel angekommen fragt ihn der andere Mönch: «Wie konntest du so etwas tun? Du weisst, dass wir das nicht dürfen!», darauf entgegnet der stumme Helfer: «Ich habe die Frau schon vor Stunden wieder losgelassen, wieso du nicht?»