Dürfen wir heute noch krank sein?

Patrick Seiz, Drogist und Naturheilpraktiker, Drogerie Seiz, Buchrain. Bild zVg.

Gesundheitsratgeber

In einer Gesellschaft in der Jugendwahn fast keine Grenzen kennt, wird konsequenterweise kaum über den Tod, respektive das Leben und den Tod nachgedacht. Nachgedacht, so dass es eine Konsequenz für mein Verhalten ab jetzt hätte. Auf diese Weise könnte unser Leben im wahrsten Sinne des Wortes armselig sein oder werden.

Auch bei weniger philosophischen Ansätzen gelangt man/frau bei genauerem Hinsehen zur Einsicht, dass Krankheit nicht per se schlecht sein muss. Ein Paradebeispiel ist das Fieber. Es ist in erster Linie ein Werkzeug des Körpers um durch eine erhöhte Aktivität «Eindringlinge» zu bekämpfen und auszuschaffen. Natürlich ist Fieber lästig und hindert mich im Alltag. Wer Fieber hat, sollte nicht seinem Alltag nachkommen, sondern sich die Ruhe nehmen, die der Körper benötigt für seinen «Kampf» gegen Infekte. Vielleicht ist das der Hintergrund, weshalb mein Körper diesen Infekt eingefangen hat, er braucht Ruhe. Gerade auch bei Schulkindern ist der Druck zu funktionieren schon unmenschlich hoch, was sich nahtlos ins Erwachsenensein weiterzieht. Dem Fieber nachgeben, sich Ruhe verordnen. Im Idealfall sogar noch mit ausleitenden Pflanzen unterstützen und erst bei hohem Fieber oder wenn der Allgemeinzustand wirklich schlecht ist bekämpfen. Sonst muss der Körper gegen den Infekt und das fiebersenkende Mittel arbeiten.

So gesehen müssen wir uns häufiger die Frage stellen, weshalb liege ich mit Fieber im Bett, anstatt zu funktionieren. Warum war mein Immunsystem nicht genügend stark um die Erkrankung abzuwehren. Das liegt sicher einerseits an der Potenz des Erregers. Ebenso sicher jedoch an meinen Reserven, meinem Immunsystem. Und das Immunsystem ist wiederum von sehr vielen Parametern abhängig wie Ernährung, Gemütszustand (Angst, Sorgen, Glückseligkeit, Trauer, Freude, Zufriedenheit etc.) und meiner Vitalität – wie weit lebe ich mich.

Je deftiger die Krankheit desto höher die Bereitschaft für Veränderung. Zumindest solange die «Krankheit» schmerzt. Veränderungen sind jedoch oft unangenehm bis schmerzhaft, zumindest in unseren Vorstellungen. Selbst wenn es Veränderungen sind, die mich mehr zu mir selbst führen – oder gerade die.

Diese Gedankenweise weist auch eine gewisse Radikalität auf. Fertig gedacht bedeutet sie, dass wir uns in die aktuelle Situation selber hineingelebt haben. Ganz so «einfach» ist das Leben dann doch nicht. Denn viele Menschen haben nicht die Möglichkeiten frei zu wählen, was sie tun und selbst wenn, gibt es eine Vielzahl von Ausseneinflüsse und Vorbelastungen, welche zum Teil beträchtlichen Anteil an der aktuellen Situation mittragen.

Seit über einem Jahr hochaktuell: Warum wird die menschliche Welt so lange stillgelegt. Warum wird der Mensch in seinem normalen Wirken zurückgebunden? Dazu gäbe es eine Vielzahl sehr guter Gründe, wobei ich nicht an die Eindämmung denke. Doch das Einzige, dass das grosse Wir bei uns anstrebt, ist eine möglichst schnelle Rückkehr zur «alten» Normalität – egal was es kostet. Sowohl in harter Währung, wie auch zwischenmenschlich und in Bezug auf die natürliche Ressourcen.

Es steht ausser Frage, dass viele Menschen einfach zu früh aus dem Leben gerissen werden oder von Krankheiten in ihrem Leben zum Teil sehr stark eingeschränkt werden und nichts dafürkönnen. Und auch das kann uns zum Denken anregen. Ist es mir wichtig zu funktionieren oder die Zeit die mir vergönnt ist zu leben. Jeden Tag so zu leben als wäre es der letzte. Aber für den Fall, dass es nicht der letzte war, sollte ich es am nächsten nicht bereuen. Die Auseinandersetzung mit dem Ende, sollte uns dazu bringen, unsere Zeit bewusster oder eben achtsamer zu gestalten. Dazu gehört wohl auch, dass ich aus meinem Leben, meinem Erlebten lernen darf und im Idealfall auch Erkenntnisse ziehen kann. So sollte ich mit 50ig auf eine Situation nicht unbedingt gleich reagieren wie mit 20ig. Die Endlichkeit macht oft Angst, insbesondere wenn sie nicht als unbedingte Notwendigkeit für das Leben gesehen wird.

In dieser Ausgabe finden Sie keine naturheilkundlichen Tipp  s oder Empfehlungen. Sie lasen jedoch über das wohl wichtigste: die Diaita. Die Lebensführung. Sie war schon für Hippokrates das wichtigste Heilmittel. In diesem Sinne wünsche ich allen ein gesundes Leben.

Patrik Seiz