Papierfabrik Perlen feiert ihr 150-jähriges Bestehen und lädt zum Mitfeiern ein

Die Papierfabrik öffnet ihre Türen für die Bevölkerung. Bild: Sonja Hablützel

Am kommenden Wochenende steigt in Perlen das grosse Fest. Die Papierfabrik ist 150 Jahre alt und feiert dieses nicht alltägliche Ereignis gebührend. Nach den Mitarbeitenden und wichtigen Partnern am Freitag ist am Samstag, 9. September, die Bevölkerung zum Tag der offenen Tür eingeladen. Dafür hat sich das innovative Traditionsunternehmen einiges einfallen lassen.

Perlen. Eigentlich beginnt die Geschichte der Papieri, wie die Perlen Papier AG von der einheimischen Bevölkerung liebevoll genannt wird, bereits vor 1873. Rund zehn Jahre zuvor erhielt nämlich August Bell, Maschinenfabrikant aus Kriens, die Bewilligung zum Bau des Reusskanals und eines Wasserkraftwerks. Anstelle der geplanten Seidenspinnerei entschied sich der Sohn des Unternehmens jedoch für eine Holzstofffabrik und liess 1873 die erste Papiermaschine bauen. Dies war die Geburtsstunde der Papierfabrik Perlen, die damals 30 Mitarbeitende beschäftigte. Vier Jahre später drohte bereits das Aus, als gerade noch 136.18 Franken in der Firmenkasse waren. Dank Hilfe aus Zürich konnte das Unternehmen gerettet werden. Mit viel Mut und Innovationsgeist kann es heute auf eine zwar wechselvolle, aber erfolgreiche Geschichte zurückblicken.

Heute erinnert auf dem Areal des Unternehmens nur noch wenig an die Anfänge, höchstens da und dort ein paar alte Mauern oder die legendäre Dampflokomotive, die eigens für das Jubiläum wieder flott gemacht wurde und am Jubiläum zu bewundern sein wird. Das interne Schienennetz ist ganze 13 Kilometer lang. Die Perlen Papier AG, die zur CPH-Gruppe gehört und rund die Hälfte zu deren Umsatz beisteuert, hat sich im Laufe der Jahre zur führenden Schweizer und mittlerweile landesweit einzigen Herstellerin von Zeitungsdruck- und Magazinpapieren entwickelt. Sie beschäftigt 360 Mitarbeitende und produziert jährlich rund 560‘000 Tonnen Papier für den Rollenoffset. 50 Prozent des Zeitungspapiers in der Schweiz kommen aus Perlen.

Mutige Investitionen

Für die Papierherstellung wird 85 Prozent Altpapier verwendet, was sich in eindrücklichen Bergen auf dem Rundgang präsentiert. Dieses durchläuft eine mehrstufige Reinigungsanlage, bis es von Farbe und Druckerschwärze so weit befreit ist, dass es wieder zu Papier verarbeitet werden kann und den ganzen Prozess als riesige Rolle verlässt. Bis zehn Mal kann Altpapier nach Auskunft von Pascal Duss, Executive Assistant Group CEO und Jubiläumsverantwortlicher, recycliert werden. Die restlichen 15 Prozent des Perlen-Papiers bestehen aus Holz, das im Werk aufbereitet wird.

Produziert wird das Papier auf zwei Maschinen, der PM4 und der PM7. Die PM4 (auch Pionier genannt) wurde im Jahr 2000 in Betrieb genommen und ist in der Lage, beschichtete Magazinpapiere herzustellen. Dies macht 35 Prozent der Produktion aus. 2010 wagte die Perlen Papier AG nochmals einen mutigen Schritt und baute ihre Heidi, die PM7. Sie gehört zu den modernsten Anlagen in Europa und ist eine gute Investition in die Zukunft. Heidi produziert in 15 Tagen so viel Papier, dass man damit einmal die Welt umrunden könnte.

Nachhaltig unterwegs

Rund die Hälfte des Papiers in der Schweiz wird auf dem Schienenweg an die Kunden geliefert. Im europäischen Ausland wird diese Liefervariante laufend ausgebaut. Dies ist nur ein Beispiel, dass man bei Perlen Papier AG sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit legt. Führend ist das Unternehmen auch im CO2-Ausstoss. Seit 2013 hat es den fossilen CO2-Ausstoss um 85 Prozent reduziert, benutzt kein Schweröl mehr und übertrifft die Zielvereinbarung mit dem Schweizer Bundesamt für Umwelt um ein Vielfaches. Ein zukunftsweisender Entscheid war auch die Partnerschaft mit der benachbarten Kehrichtverbrennungsanlage Renergia. Von dort wird der Heissdampf zum Trocknen des Papiers bezogen. So lassen sich pro Jahr 30 Millionen Kubikmeter Erdöl einsparen. Seit 2021 kann auch völlig CO2-neutrales Papier angeboten werden.

Soziales Engagement

Nicht nur die Nachhaltigkeit wird in der Papieri grossgeschrieben. Sie war auch von Beginn weg eine soziale Arbeitgeberin. Wie im Jubiläumsbuch nachzulesen ist, gründete die Direktion bereits 1876 eine Fabrikarbeiter-Krankenkasse. 1898 wurde ein Hilfsfonds für Arbeiter und Angestellte ins Leben gerufen, 1905 der Platz für die Schule gratis abgegeben und erst noch eine Spende von 14‘000 Franken an das Projekt ausgerichtet. In den Jahren 1912 bis 1921 folgte der Bau der Arbeiterwohnkolonie Haslirain, die heute zu den schützenswerten Bauten gehört. Viele weitere Beispiele sind im Buch aufgelistet, das am Tag der offenen Tür mit einer Vernissage vorgestellt wird und danach käuflich erworben werden kann.

Für die Zukunft gerüstet

Für die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft wappnet sich die Perlen Papier stets vorausschauend. Mit der zunehmenden Digitalisierung sinkt auch die Nachfrage nach Zeitungs- und Magazinpapier kontinuierlich. Dennoch ist man in Perlen zuversichtlich. «Wir denken, dass sich die Nachfrage stabilisieren wird und glauben an die Koexistenz von Digital und Papier», betont Pascal Duss und erinnert daran, dass der Fussabdruck einer Zeitung ab einer Lesedauer von 20 Minuten gegenüber den digitalen Medien besser ist.  Dem Verdrängungskampf der Papierproduzenten in Europa bot Perlen die Stirn. Mit der PM7 lässt sich nicht nur 360‘000 Tonnen Zeitungspapier herstellen, man konnte auch die Fixkosten um 40 Prozent senken.

Am Tag der offenen Tür bekommt die Bevölkerung Einblick in ein eindrückliches Unternehmen, das sich der Region verpflichtet fühlt. Am 9. September steigt auf dem Werks-Areal eine grosse Chilbi mit Riesenrad und Foodständen. Zwei Rundgänge in unterschiedlicher Länge sind so konzipiert, dass man sie selbständig ablaufen kann. Alles ist auch kindergerecht und ein Teil davon rollstuhlgängig. Ab dem Bahnhof Ebikon bringt ein Shuttle-Bus die Besucherinnen und Besucher gratis nach Perlen und wieder zurück. Die Wetterprognosen sind verheissungsvoll, so dass einem Jubiläumsanlass der Superlative nichts mehr im Wege steht.

Sonja Hablützel

Die Besucherinnen und Besucher erleben am 9. September spannende Einblicke in die Papierproduktion. Bild: Sonja Hablützel

 

Tag der offenen Tür Perlen Papier AG

Die grösste Papierfabrik der Schweiz lädt zum Erlebnis ein:

Samstag, 9. September 2023, 10 bis 17 Uhr, Haupteingang, Perlen

Shuttle-Service vom Bahnhof Ebikon und zurück

  • Rundgang mit Besichtigung der Papiermaschinen. Empfehlung: flache, bequeme Schuhe
  • Vernissage des Jubiläumsbuches um 11 Uhr
  • Food-Trucks
  • Künstler
  • gratis Riesenrad