«Mitarbeit in einem Verein heisst, Freizeit dafür einzusetzen»

BUCHRAIN – Mit viel Engagement und Freude führte Markus Scheidegger acht Jahre lang als Präsident den Gewerbeverein kmu buchrain-perlen. In dieser Zeit erlebten die Mitglieder ihn als innovativen, zielbewussten und lösungsorientierten Macher, der sich tatkräftig für das Wohl der KMU-Betriebe einsetzt. Anlässlich der Generalversammlung Anfang April wurde Markus Scheidegger mit lobenden Worten und einem überwältigenden Applaus verabschiedet. Geri Fischer von der Fischer Gartenbau GmbH wurde anschliessend einstimmig zum neuen Präsidenten gewählt. Der Vorstand bedankte sich bei Markus Scheidegger für die angenehme und konstruktive Zusammenarbeit und seinen Einsatz zum Nutzen des Buchrainer Gewerbes. Wir stellten Markus Scheidegger ein paar Fragen, wie er den Verein und das Gewerbe ganz allgemein in den Jahren seiner Amtszeit wahrgenommen hat und wie er dessen Zukunft sieht.

Herr Scheidegger, Sie haben sich vor acht Jahren entschlossen, das Präsidentenamt des Buchrainer Gewerbevereins, kmu buchrain-perlen, zu übernehmen. Was waren damals Ihre Beweggründe, die Motivation für Ihre Zusage?

Ein Verein benötigt einen Präsidenten zur Vereinsführung. Da sich damals niemand dieser Verantwortung stellen wollte, habe ich mich entschlossen, dies zu tun, um das Gewerbe Buchrain-Perlen zu vertreten. Als Gewerbler muss man handeln und nicht nur immer reden … Eine Entscheidung, die ich nie bereut habe.

Und was hat Sie dazu bewogen, nach diesen acht Jahren das Amt wieder abzugeben?

Ich konnte viele Ideen im Verein umsetzen. Nach einigen Jahren ist es aber Zeit, dieses Amt wieder abzugeben. Je länger man wartet, umso schwieriger wird die Suche nach einem Nachfolger – da jeder Angst hat, er müsse dann auch so lange bleiben. Neue Personen bringen neue Ideen und andere Sichtweisen, die das Weiterleben des Vereins garantieren und ihn bereichern.

Wie einfach bzw. schwierig, war es, einen Amtsnachfolger zu finden?

Wie in allen Vereinen war es auch bei uns nicht einfach. Bei den Vereinsmitgliedern biss ich immer wieder auf Granit: Man habe zu viel zu tun etc. Nun, welcher Kleinunternehmer hat dies wohl nicht? Da ich aber wirklich gute Vorstandsmitglieder an meiner Seite hatte, die mich unterstützten, fand sich dann innerhalb des Vorstands eine erfreuliche Lösung.

Viele Vereine, auch Gewerbevereine, tun sich heute schwer damit, Nachwuchskräfte für die Vorstandsarbeit zu gewinnen. Was denken Sie, wo liegen die Gründe dafür?

Mitarbeit in einem Verein heisst, Freizeit dafür einzusetzen. Dazu sind immer weniger Leute bereit. Vor allem, wenn es auch noch ohne grossen Lohn oder ehrenamtlich sein soll. Im Weiteren ist man immer in der Schusslinie der Kritiker. Kritik ausüben ist einfacher, als Verantwortung zu tragen. Aber gerade ein Amt im Vorstand eines Vereins kann jedem viel Lebenserfahrung bringen. Nebst wertvollen Kontakten, die man gewinnt, kann man einiges lernen über Führung und den Umgang mit den Mitmenschen. Vereine sind kein Konsumgut, sondern ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft. Sie können aber nur funktionieren, wenn man sich dafür auch einsetzt und Verantwortung übernimmt.

Was sind Ihrer Meinung nach die zentralen Aufgaben, welche die örtlichen Gewerbevereine heute wahrnehmen sollten? Hat sich dies in den letzten zehn, zwanzig Jahren verändert?

Der Verein soll die Mitglieder und ihre Anliegen gengenüber der politischen Gemeinde vertreten. Es sollte auch das Beziehungsnetz unter den Betrieben gepflegt werden können. Wichtig ist auch, dass die Bevölkerung das einheimische Gewerbe wahrnimmt und berücksichtigt. Denn jeder Franken, der ins Ausland getragen wird, schwächt die Schweizer Wirtschaft. Am Grundgedanken hat sich nicht viel verändert, höchstens die Art und Weise, wie man diese Ziele erreichen will. Ich bin überzeugt, dass die umliegenden Gewerbevereine die Zusammenarbeit weiterhin verstärken werden, um mehr Gewicht in der Region zu erhalten.

Der Kantonale Gewerbeverband ist stark in Ausbildungsfragen und der Förderung des Berufsnachwuchses involviert und engagiert sich akzentuiert auch politisch, wenn es darum geht, für das Gewerbe und generell die KMU ein positives Klima zu schaffen. Könnten da die örtlichen Gewerbevereine nicht auch noch mehr tun? In der Regel machen sie sich zum Beispiel in der Kommunalpolitik ja kaum bemerkbar.

Dies ist richtig, man kann immer mehr tun. Nur wer und mit wie viel Zeitaufwand? Dazu benötigt man aktive Mitglieder, damit diese Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden können. Gewerbevereine sollten politisch neutral sein und nur zu wirtschaftlich relevanten Themen innerhalb der Gemeinde Stellung nehmen. Einen Vertreter im Gemeinderat zu haben, wäre wünschenswert. Nur sind für einen Kleinunternehmer, wie es die meisten unserer Mitglieder sind, der Zeit- und der finanzielle Aufwand zu gross, und somit ein Hindernis. Vielleicht kann hierfür in Zukunft eine Lösung gefunden werden.

Wie beurteilen Sie die Aussichten für das lokale Gewerbe, die örtlichen KMU, ganz allgemein?

Die Zukunft für die KMU-Betriebe sehe ich nicht schlecht. Die meisten Unternehmer sind sehr beweglich und können schnell auf Einflüsse reagieren. Wir müssen aber aufpassen, dass den Betrieben nicht immer mehr Bürokratie und Marktregulierung aufgezwungen wird, speziell durch staatliche Diktate, wie beispielsweise die aktuelle Mindestlohn-Initiative. Ein Unternehmer, der nur noch Formulare und dergleichen ausfüllen muss, kann sich nicht mehr seiner Hauptaufgabe widmen, der Arbeitsbeschaffung. Arbeitsstellen sind somit gefährdet.

Was würden Sie einem Schulabgänger raten, der sich nicht entscheiden kann, ob er das KV machen oder einen handwerklichen Beruf erlernen soll?

Nach meiner Meinung ist es in erster Linie wichtig, dass man Freude an seiner Arbeit hat und einen gesunden Berufsstolz entwickelt. Besonders bei handwerklichen Berufen ist ein grosse Chance für eine Kariere vorhanden: Das Handwerk benötigt dringend interessierte, fähige und gute Fachkräfte, die gewillt sind, Weiterbildung zu betreiben und später einen Betrieb zu leiten oder zu übernehmen. In Tausenden handwerklichen Unternehmen müssen in den nächsten Jahren Nachfolgeregelungen gefunden werden. Wo sonst hat man schon diese Chance zur Selbstverwirklichung?

Nun haben Sie jährlich einige Sitzungen und Verpflichtungen weniger wahrzunehmen. Viel freie Zeit also?

Ja etwas mehr Freizeit für die eigenen Bedürfnisse und Hobbys. Ich werde mich aber auch weiterhin für die Vereine einsetzen, denn sie geben mir auch viel zurück: Freundschaften und Bekanntschaften, die ich nicht missen möchte.

Besten Dank, dass Sie uns unsere Fragen so offen beantwortet haben. Wir wünschen Ihnen und Ihrem Nachfolger im Amt, Geri Fischer, alles Gute!

Interview: Guido Gallati, Chefredaktor «rontaler»

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Markus Scheidegger hat in Zukunft etwas mehr Zeit für die eigenen Hobbys.
Vorstand mit frischgewähltem Präsidenten (v.l.): Rudolf Taeschler, Hans Kaufmann, Präsident Geri Fischer, Bruno Reichmuth und Adrian Röösli. Bilder zVg.
Vorstand mit frischgewähltem Präsidenten (v.l.): Rudolf Taeschler, Hans Kaufmann, Präsident Geri Fischer, Bruno Reichmuth und Adrian Röösli. Bilder zVg.