Zu wenig Wohnfläche in der Zentralschweiz

Neue Lösungen für ein altes Problem

Wohnraum ist knapp und vor allem teuer – auch in Luzern. Die ungebrochen hohe Nachfrage treibt die Preise in die Höhe. Das müsste nicht sein. Eine bessere Ausnützung bestehender Liegenschaften würde Abhilfe schaffen. Eine neue Studie zeigt auf, wie. 

Schweiz

Ein Vergleich der Mieten in den 15 grössten Städten zeigt: Luzern ist im Spitzenfeld angekommen.

 Wie teuer ist eine 3- bis 3.5-Zimmer-Wohung? Comparis hat im April die Preise der 15 grössten Schweizer Städte unter die Lupe genommen. Dabei zeigt sich: Am teuersten sind die Mietpreise in der Stadt Zürich. Hier müssen pro Monat durchschnittlich 2’432 Franken bezahlt werden. Am günstigsten wohnen Mieter in La Chaux-de-Fonds. Hier bezahlen Mieter nur 1’111 Franken für eine vergleichbare Wohnung. 

Auch in Luzern sprechen die Zahlen eine klare Sprache: In der siebtgrössten Stadt sind die Mieten zuletzt deutlich gestiegen. Luzern liegt bei den Preisen nach Zürich, Genf und Lausanne an vierter Stelle. Für die 3- bis 3.5-Zimmer-Wohnung zahlen Mieter in Luzern im Schnitt 1’804 Franken – ohne Nebenkosten. Analysiert wurden die Inserate der Wohnungen, die seit 2013 aufgeschaltet waren. Kostete dieselbe Wohnung vor zwei Jahren noch 1’768 Franken, lag sie im ersten Quartal dieses Jahres bereits bei 1’840 Franken.

Preisspirale dreht sich weiter

Zahlen von Wüest & Partner bestätigen das Bild: In der Zentralschweiz steigen die Preise im Vergleich zur restlichen Schweiz weiter überdurchschnittlich an. Insbesondere im Zentrumsgebiet sei die Nachfrage nicht gesättigt.

Die Luzerner Kantonalbank sieht dies genauso. So habe sich die Dynamik der Preissteigerung etwas beruhigt, doch die Preise auf den Luzerner Eigenheimmärkten lägen weiterhin auf hohem Niveau. Im Jahr 2014 habe die Teuerung um 4.8 Prozent zugenommen. Zum Vergleich: Der Schweizerische Durchschnitt liegt bei 2.7 Prozent.

Die Gründe dafür sind unterschiedlicher Natur. Durch die attraktive Lage, die gute Erschliessung und die Tiefsteuerpolitik der letzten Jahre zählt der Kanton Luzern zu einer der beliebtesten Wohn- und Arbeitsorte der Schweiz. Dies – so ist anzunehmen – wird auch in den kommenden Jahren so sein. Die robuste Nachfrage hält weiter an. Es braucht weiteren Wohnraum. Doch wer liefert diesen?

Neubauten alleine reichen nicht

Am grössten ist der Nachfragedruck in der Stadt Luzern und der Agglomeration. In der Agglomeration sind viele Neubauprojekte entstanden. Es erstaunt daher nicht, dass dieses Angebot grösstenteils gut vom Markt absorbiert wurde.

Gemäss dem kantonalen Amt für Statistik LUSTAT haben die Bauinvestitionen einen neuen Rekord erzielt. So wurden 2012 im Kanton total 2,7 Milliarden Franken investiert, davon ganze 2,2 Milliarden von privaten Investoren. In Prozent nahmen die privaten Bauinvestitionen real um rund einen Viertel zu. Die Investitionssumme in Wohnbauten lag mit 1,5 Milliarden Franken deutlich über dem bisherigen Höchstwert aus dem Jahr 2010 (real +21,4%).

In der Stadt und Agglomeration Luzern wurden in den vergangenen Jahren zwar einige grössere Neubauprojekte entwickelt, insbesondere das Tribschenquartier hat stark an Wohnfläche zugenommen und erfuhr eine hohe Aufwertung. Ansonsten aber entstehen in der Regel an zentralen Lagen meist kleinere Neubauten. Diese vermögen die grosse Nachfrage nach Wohnfläche in der Stadt nicht zu decken.

 Mehr Wohnfläche durch Verdichtung

Seit Juni 2014 ist die neue Bau- und Zonenordnung (BZO) in Kraft. Dem Stadtrat zufolge wird sich Luzern in den nächsten Jahren qualitätsvoll weiterentwickeln. Man geht in den nächsten 10 bis 15 Jahren von neuem Wohnraum für rund 6’200 bis 8’800 Personen sowie 3’000 bis 4’800 neuen Arbeitsplätzen aus. Um dies zu erreichen, setzt der Stadtrat auf innere Verdichtung. Dort, wo es angemessen und vertretbar ist, soll höher und dichter gebaut werden. Prominente Beispiele hierfür sind die Allmend oder der Bundes- und Pilatusplatz.

Schlummerndes Potential in Mehrfamilienhäusern

Eine Analyse des Zürcher Immobilienmarktes bestätigt, dass Neubauten nur kurzfristige Linderung verschaffen. Verdichtung bringt viel, geht aber mit massiven – und teils unerwünschten – baulichen Eingriffen einher. Ein anderer Ansatz ist die Optimierung bestehender Liegenschaften.

Gemäss der Studie des Swiss Real Estate Institute schlummert ein grosses Potential an zusätzlichen Wohnflächen in bestehenden Mehrfamilienhäusern. Bei knapp einem Viertel sämtlicher Eigentümer der Stadt Zürich liegen Ausnützungsreserven brach. Die Studie zeigt insbesondere auch, dass viele Hindernisse wie das Baubewilligungsverfahren oder mietrechtliche Fragen heutige Eigentümer von Veränderungen abhalten. Rund ein Drittel der Eigentümer würden das Potential ihrer Liegenschaften nicht kennen. Doch nahezu jede Liegenschaft bietet Potential in Bezug auf mögliche Wohnflächenausnützung oder Renditemaximierung, so auch in Luzerner Mehrfamilienhäusern.

Was Liegenschaftseigentümer interessiert

Das Potential in der Optimierung bestehender Liegenschaften ist da. Doch um dieses ausschöpfen zu können, müssen sich Hauseigentümer zuerst eingehend damit befassen. Und dafür muss das Interesse geweckt werden. Andernfalls ist die Hemmschwelle für solche Überlegungen zu gross, wie Untersuchungen zeigen. Eine Umfrage im Rahmen einer Masterarbeit für das Institut für Finanzdienstleistungen in Zug zeigt auf, welche Themen Hauseigentümer wirklich interessieren.

Dabei ging hervor, dass sich lediglich 29.4% der Hauseigentümer mit schlummerndem Potential auseinandersetzen. Die Interessen gelten einerseits der Nachfolgeregelung. Rund 82% der Hauseigentümer sind über 53 Jahre alt. 41% der befragten Eigentümer haben die Liegenschaft geerbt. Aufgrund dessen, dass diese Anlage sehr attraktiv ist, zieht man auch eine weitere Vererbung in Betracht.

Anderseits befassen sich Mehrfamilienhausbesitzer intensiv mit dem Thema Sanierungen. Bei rund 65% der Eigentümer steht in den nächsten ein bis zwei Jahren eine Sanierung an. Aufgrund der bautechnischen Komplexität haben sich 44% schon darüber beraten lassen.

Die Umfrage zeigt also, dass sich private Hauseigentümer in den nächsten zwei Jahren intensiv mit Sanierungs- und Nachfolgethemen auseinandersetzen. Und genau hier kann mit individuell zugeschnittenen Lösungen angesetzt werden, um das brachliegende Potential zu realisieren.

Architekten spielen zentrale Rolle

Sanierungszyklen sind als Chance zu sehen. Bei Sanierungsthemen gilt der Architekt als erste Anlaufstelle. Der Architekt als Berater hilft heute, die richtigen Entscheidungen für morgen zu treffen. Durch professionelle und eine auf die Interessen der Eigentümer zugeschnittene Beratung kann die Hemmschwelle für Investitionen minimiert und Mehrfamilienhausbesitzer zur Aktivierung des schlummernden Potentials motiviert werden.

 Armando Rabel ,Betriebsökonom FH. Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Studiums MAS Immobilienmanagement am Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern.