«Ein Trumpf im internationalen Wettbewerb»

Für IHZ-Direktor Felix Howald ist die Berufsmatura nicht nur ein Mittel gegen den fortschreitenden Fachkräftemangel in unserem Land. Sie stärkt auch unsere Position im internationalen Wettbewerb.

Felix Howald, was halten Sie vom dualen Berufsbildungssystem?

Das Schweizer Berufsbildungssystem mit der engen Verbindung von Theorie und Praxis ist ein Erfolgsmodell, das volkswirtschaftlich wertvoll ist und international viel Anerkennung findet. Es ermöglicht vielfältige Bildungsmöglichkeiten, Karriereperspektiven und berücksichtigt die Bedürfnisse der Betriebe und des Arbeitsmarktes. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Schweiz eine rekordtiefe Jugendarbeitslosigkeit aufweist.

Welche Bedeutung hat die Berufsmatura (BM) für die Wirtschaft?

Eine sehr wichtige. Sie versorgt unsere Betriebe mit hochqualifizierten Fachkräften und stärkt deren Position im internationalen Wettbewerb. Wir brauchen die duale Ausbildung mit BM, um mit den rein schulischen Abschlüssen der technischen Bildungsinstitutionen des Auslands zu konkurrieren.

Die Schweiz leidet unter einem fortschreitenden Fachkräftemangel. Reicht es, wenn einer von zehn Berufslernenden die BM absolviert?

Mehr Berufsmaturanden wären auf jeden Fall wünschenswert, vor allem im technischen Bereich. Allerdings dürfen wir die Quote nicht auf Kosten der Qualität erhöhen. Denn die Schweiz braucht bestens qualifizierte Fachkräfte und nicht solche, die einen Titel nur aus Prestigegründen tragen.

Wie können mehr Jugendliche für die BM gewonnen werden?

Wir müssen dafür sorgen, dass die Ausbildung in der Volksschule mit den Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft Schritt hält. Denn auf dieser Stufe holen sich die jungen Menschen das Rüstzeug, um in der Berufsbildung erfolgreich zu sein. Weiter müssen wir den Lehrbetrieben aufzeigen, dass Berufsmaturanden im Schnitt produktiver sind als andere Lernende und dadurch die häufigeren Absenzen im Betrieb kompensieren.

Besonders leistungsfähige Primarschüler können zwischen gymnasialer Matur und BM auswählen. Die meisten ziehen das Gymi vor. Warum?

Viele Schüler gehen davon aus, dass Uni und ETH die besseren Karrieremöglichkeiten bieten. Das stimmt aber so nicht. Bedenken Sie nur mal, wie viele Juristen, Psychologen und Soziologen wir ausbilden. Die können gar nicht alle eine Arbeit finden, die ihrer Ausbildung entspricht. Ein Weg über die BM bietet eine attraktive Alternative, die oftmals schneller zum Ziel führt. Ich denke da zum Beispiel an den Bäcker oder Sanitärinstallateur, der sich bereits in frühen Jahren ein eigenes Geschäft aufgebaut hat.

Haben Fachhochschulabgänger denn die besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt als Uni-Abgänger?

Das kann man so nicht sagen. Sicher ist, dass sie einerseits über fundiertes theoretisches Wissen verfügen, andererseits über praktische Erfahrung. Diese Kombination ist in der Wirtschaft gefragt.

Was braucht es, damit die Berufsmatura ein Erfolgsmodell bleibt?

Erstens: Der BM-Unterricht sollte möglichst schon während der Lehre besucht werden, um den Karriereweg zu beschleunigen. Zweitens: Die Ausbildung an der Fachhochschule darf nicht verakademisiert werden. Der Praxisbezug muss immer im Vordergrund stehen.

Interview: Alex Piazza

Felix Howald ist Direktor der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ. (Bild apimedia)
Felix Howald ist Direktor der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ. (Bild apimedia)