Faszination der Robotik

«Tina» in einer Nahaufnahme.

Am Gemeinschaftsanlass der regionalen Gewerbevereine wusste Prof. Dr. Roland Siegwart die Gewerbetreibenden mit seiner Bilder-Präsentation zum Thema «Künstliche Intelligenz – die Roboter verlassen ihre Produktionshallen» zu begeistern. Die Überraschung war dann «Tina».

Wo werden uns Roboter in Zukunft ersetzen? Was bringt uns die Digitalisierung im Alltag? Mit ein paar Impulsfragen eröffnete Natalie Gijsbers, Präsidentin des organisierenden Vereins Gewerbe Adligenswil, den Regionalanlass und hiess namentlich die Vorsitzenden des Gewerbe Buchrain-Perlen, des Unternehmer Netzwerks Udligenswil-Meierskappel, des Gewerbevereins Meggen und des Gewerbe Rontal sowie die Sponsoren willkommen. Mit Roland Siegwart, Professor für autonome mobile Roboter an der ETH Zürich, konnte Natalie Gijsbers einen Referenten vorstellen, der zum Thema Künstliche Intelligenz aus dem Vollen schöpfen kann. Er ist Mitbegründer mehrerer Startup-Firmen und ein starker Promotor von Innovation und Entrepreneurship in der Schweiz. Sein Forschungsinteresse gilt der Entwicklung und Steuerung fahrender, laufender und fliegender Roboter, welche in komplexen und dynamischen Umgebungen selbstständig Aufgaben ausführen.

Robotik heute – Robotik morgen

Es sprühte und ratterte – Roboter in einer Autofabrik in China bewegten sich auf dem Bild. «248`000 Industrieroboter wurden 2015 verkauft, 68´000 davon in China», hielt Siegwart fest und verwies auf das Potenzial des aufstrebenden chinesischen Reichs. Auf einem nächsten Bild versuchte ein Roboter mit vier «Beinen» in einer Küche Geschirr zu sortieren und abzuwaschen – aber ohne Erfolg. Die Aufgabe ist zu komplex, zu wenig strukturiert. Pech.

Das tägliche Abwaschen bleibt uns erhalten. Der Bau von Servicerobotern, die Dienstleistungen für den Menschen erbringen, ist eine echte Herausforderung. «Unsere 
reale Umgebung ist variantenreich und sehr komplex. Roboter müssen mit unsicherer und nur teilweise verfügbarer Information umgehen können. Roboter müssen sehen, spüren und verstehen können. Sie müssen intuitiv programmierbar sein. Sie müssen lern- und
anpassungsfähig sein. Gefragt ist Künstliche Intelligenz. Dazu braucht es Sensoren, Antriebselemente, ausgeklügelte Roboterkonzepte», erklärte der ETH-Professor. Als Beispiel
zeigte er ein Gefährt mit vier Rädern, entwickelt von Studenten, das dank zusätzlicher
Propeller an Wänden hochfahren kann. Anwendung finden könnte dieser Wandkletterer
zum Beispiel beim Inspizieren von Brücken. Und eine weitere Entwicklung liess die
Anwesenden staunen: ein Rollstuhl, der dank Raupen eine Treppe hinauffahren kann. Ein
vierbeiniger Roboter bewegte sich über Stufen, wanderte durch einen Wald, stürzte und
richtete sich wieder auf und stieg eine Treppe hoch.

Fliegende Roboter

Andere Studententeams beschäftigen sich mit fliegenden Robotern. Roland Siegwart zeigte
auf einem bewegten Bild, wie ein Fluggerät senkrecht starten und dann in den Horizontalflug übergehen kann. Anwendung finden könnten solche Kleinhelikopter bei der Überwachung von Wäldern oder Äckern. Ein Solarflugzeug mit einer Spannweite von 5.64 Metern und 6.2 Kilogramm Gewicht machte bereits einen Non-Stop-Flug von 81 Stunden. In der riesigen Gletscherwelt der Antarktis könnte ein solches ferngesteuertes Flugzeug gute Dienste leisten.

Verblüffende Beispiele zeigte der Forscher Siegwart auch, wie Roboter «Augen» bekommen,
wie sie zum «Sehen» kommen. Mit Kameras, die auf einem Weg eine Vielzahl von Pixel
aufnehmen, lässt sich ein Roboter «füttern». Eine Drohne kann so beispielsweise in einer
Maschinenhalle einen vorgegebenen Weg abfliegen und Daten aufnehmen, die sonst ein
Angestellter auf einem Kontrollgang erheben müsste.

Dass auf dem Smartphone immer raffiniertere virtuelle Games für Kinder und Jugendliche
aufgeschaltet werden können, davon wissen die Erziehungsberechtigten zu erzählen.
Autonomes Fahren Glatt vom Stuhl haute es das Publikum, als in einer fiktiven Filmsequenz gezeigt wurde, welche Möglichkeiten und welche Sicherheit das autonome Fahren einmal bieten wird. Da sind ganze Autokolonnen, Velofahrer und Fussgänger über eine Kreuzung gefahren oder marschiert, dicht aufgeschlossen, Fussgänger irgendwo die Strasse überquerend und dabei keine Zusammenstösse verursachend – also die totale Sicherheit. Unglaublich – im wahrsten Sinne des Wortes. Professor Siegwart war der Meinung, dass noch Jahre verstreichen werden, bis in einem Mischverkehr autonomes Fahren sicher ist.

«Tina» präsentierte sich als zweirädriger Roboter auf der Bühne, hielt sich im Gleichgewicht, fuhr vor- und rückwärts, drehte sich und machte einen Hupf auf ein kleines Podest.

Tina dreht sich und hüpft

Zur Auflockerung des Referats wurde es sehr konkret. Im Massstab 1:1 präsentierente das
ETH-Team Florian Weber und Alessandro Morra ihre «Tina» auf zwei Rädern, die sich in
vielen Lagen immer aufrecht, immer im Gleichgewicht hält. Der Roboter «Tina» kann sich auf seinen zwei Rädern vor- und rückwärtsbewegen, er kann sich drehen, sich kleiner oder
grösser machen und sogar auf ein kleines Podest hüpfen und wieder hinunter. Wie von
Geisterhand liess sich «Tina» steuern. Diese «Maschine» mit Maxon-Motoren rief das
Interesse der Teilnehmenden noch weit in den Abend hinein hervor.

Zusammenfassend hielt Dr. Roland Siegwart fest, dass Europe und speziell die Schweiz das
Potenzial haben, den wichtigen Robotik-Markt zu erobern und somit nachhaltige
Arbeitsplätze zu schaffen. Dazu brauche es Talente, Risikobereitschaft und langfristig
ausgerichtetes Risikokapital.

Im Anschluss an den Gemeinschaftsanlass zog «Tina» das Interesse auf sich – und liess den offerierten Aperitif fast vergessen.