Marcel Fries: Nach WM- und Vize-WM-Titel ist Schluss

«Plampi» Marcel Fries (rechts) und Pilot Markus Schlosser holen 2021 den Seitenwagen WM-Titel in die Schweiz zurück. Bild pd. / Fries

Nach dem Weltmeistertitel 2021 und dem Vize-WM-Titel letztes Jahr beendeten sie ihre Seitenwagen-Motorsport-Karriere im portugisischen Estoril standesgemäss: Mit den Plätzen 1 und 2 verabschiedeten sich Markus Schlosser und Beifahrer «Plampi» Marcel Fries auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. «Wir waren ein tolles Team, sonst wären diese Erfolge gar nicht möglich gewesen», sagt der 56-jährige Marcel Fries. Jetzt widmet er sich wieder vermehrt seiner Unternehmung, der Fries Glaserei in Root.

Marcel Fries hat als Seitenwagen-Beifahrer eine überragende Karriere hinter sich. 2006 sass er erstmals plauscheshalber in einem Sidecar, fuhr nationale Bergmeisterschaften, 2010 packte es ihn beim Michaelskreuzrennen, legte sich bei Bruder René ins Gefährt – und dann war es geschehen: Die Faszination Seitenwagen liess ihn nicht mehr los. Zwar versuchte er sich ein Jahr lang als Pilot, brach den Versuch ab, wollte die «Karriere» beenden – doch dann rief Pilot Markus Schlosser an und so begann seine internationale Karriere als Beifahrer, als «Plampi».

Als das Team Schlosser/Fries 2020 die deutsche Seitenwagen-Meisterschaft gewann, lockte mehr, die internationale FIM-Szene rief, die Schweizer Gespanne waren plötzlich wieder gefragt, wie in den 80er- und 90er Jahren.

Man folgte dem Ruf und 2021 war das Team unschlagbar: Sie entschieden 8 von 15 WM-Rennen für sich und holten als erstes Schweizer Team nach 27 Jahren den Seitenwagen WM-Titel als Nachfolger des legendären Teams Rolf Biland/Kurt Waltisperg wieder in die Schweiz. Setzte damit der Geldsegen ein? «Geldprämie? Nein, den WM-Pokal gab es, kein Geld, im Gegenteil, auch wir als Weltmeister zahlten pro Rennweekend jeweils 250 Pfund Startgeld. Dazu die jährliche Lizenzgebühr von 600 Franken, die mir nur im WM-Jahr erlassen wurde», sagte Fries. Und dass der Idealist «Plampi» somit jährlich um die 40 000 Franken in das faszinierende Hobby Sidecar investiert hat, bereut er heute nach seinem Rücktritt keineswegs. Die vielen schönen Erlebnisse rund um die Rennwochenenden wiegen das mehrfach auf. «Für Freund und Pilot Markus wurde es logischerweise noch teurer.»

Als Titelverteidiger gingen sie die Saison 2022 an. Nicht alles lief wunschgemäss, der Rennkalender der FIM wirbelte mehrmals durcheinander, aber Ende Saison war der Vize-WM-Titel der Lohn für die harte Arbeit. Und dann war klar: Das wars. Die glanzvolle Zeit ist vorbei. «Schön, dass wir uns mit einem Grand-Prix Sieg und einem zweiten Platz von der Szene verabschieden durften, und praktisch verletzungs- und unfallfrei unsere Karriere beenden konnten». Was auch die Szene beeindruckte. «Sie, die Schweizer, zeigen sich auch bei ihrem angekündigten Rücktritt weltmeisterlich», titelte damals die internationale Moto-Presse.

Lieblingsstrecke Le Mans

Im Rückblick meint er: «Le Mans war meine absolute Lieblingsstrecke, 2019 fuhren wir hier erstmals aufs Podest, hier durften ich auch zwei Jahre später den ersten WM-Sieg erleben, so etwas vergisst man nie. Am Saisonende standen wir dann auch noch als Weltmeister fest.» Auch Estoril, Assen, Donington Park, Rijeka, Oschersleben oder Pannoniaring bleiben in guter Erinnerung, hier feierten sie viele ihrer 11 GP-Siege während der beiden WM-Saisons 2021 und 2022.

Und jetzt wieder in der Glasi in Root

Seit mehr als 20 Jahren ist Fries selbstständig, Inhaber der Glaserei Fries S&G, in Root. «Ich hatte das Glück, dass mein 5er-Team in der Glaserei mir den Rücken während meiner Sidecar-Leidenschaft freihielt, ich konnte mich auch in diesem Bereich immer auf meine Angestellten und meine Familie verlassen. Das ist nicht immer selbstverständlich», zollte er ihnen ein grosses Lob.

Jetzt packt er in seinem Betrieb wieder an, der Glaser ist wieder Vollzeit- Unternehmer, mit wenigen Ausnahmen.

Doch ab und zu vermisst er den Rennsport, verschwendet aber keine Gedanken an eine Rückkehr ins internationale Geschehen. «Ja, wenn du einmal darin bist, dich der Sport fasziniert, dann kommst du fast nicht mehr davon los, so einfach ist das Loslassen nicht.» Vorsichtshalber hat er die Rennlizenz erneuert, leistete sich neulich wie früher das Trainingscamp auf dem Circuit in Val de Vienne, traf alte Bekannte und – liebäugelt mit einigen Nostalgierennen. «Aber mehr nicht, keinesfalls. Und mit 56 Jahren darf man der internationalen Szene mit gutem Gewissen tschüss sagen, froh, diese Zeit erlebt zu haben.»

Rolf Willimann


 

Internationale Erfolge von Marcel Fries

2020 Deutscher Seitenwagen-Meister mit Markus Schlosser (Wechsel von der 1000cm3 in die 600er Klasse). 2021 FIM-Seitenwagen-Weltmeister mit Markus Schlosser; 2022 Seitenwagen-Vize-Weltmeister; 11 Grand-Prix-Siege; 13 zweite Plätze; 7 dritte Plätze.                       rowi

 

Marcel Fries ist heute wieder vermehrt in seinem Betrieb, der Fries S&G Spiegel- und Glasbearbeitung, am Geretsweg 3 in Root anzutreffen. Hier mit einem Blumensujet auf dem Spezialglas. Bild: rowi