Frischer Most hilft für kalte Wintertage

Martina und Thomas Dober kosten den frisch gepressten Most.

Feiner, süsslicher Duft schwebt über den säuberlich geordneten Fässern. Auf dem blitzblank gereinigten Boden liegt ein Schlauch, über den frischer Saft von der Obstpresse direkt zu einem geöffneten Fass gepumpt wird. In der Kleinmosterei von Pirmin Seeholzer in Udligenswil herrscht Hochsaison. Die Bauern in der Umgebung – von Adligenswil bis Merlischachen und von Root bis Küssnacht – karren in diesen Tagen das frisch geerntete Obst zur Presse. Im Halbstunden-Takt fahren die Landwirte mit Traktoren und Anhänger beim Mosterei-Gebäude im Herzen von Udligenswil vor. Man kennt sich, schüttelt die Hand, erzählt sich kurz das Neuste. Dann gehts zur Arbeit. Zunächst werden einzelne Holzharassen mit Äpfeln zur Waage gebracht, danach die Ladebühne des Anhängers hochgekippt. Zentnerweise Äpfel verschiedenster Sorten kugeln in den Aussenschacht der Mostpresse. Diesmal sind es die Äpfel von André Dobers Landgut aus Merlischachen. Mit kraftvoller Unterstützung seiner beiden Kinder Martina und Thomas hat er in den vergangenen Tagen das Obst gepflückt und nun zur Verwertung nach Udligenswil gebracht. «Für uns Landwirte lohnt es sich kaum noch, das Obst selber zu pressen. Die Einrichtung einer Kleinmosterei ist uns daher sehr dienlich», betont Landwirt Dober.

Pirmin Seeholzer beobachtet im Untergeschoss des Mosterei-Gebäudes derweil das einfallende Obst, das zunächst gewaschen und schliesslich über ein dickes Rohr ins Erdgeschoss zur eigentlichen Presse geführt wird. «Wir produzieren echten naturreinen Most, ohne Spezialfilterung und chemischen Zusätze. Das gründliche Waschen des Obstes ist daher sehr wichtig.» Aus diesem Grund leert er nach jeder Anlieferung den Einfüllbehälter und füllt ihn danach wieder mit frischem Wasser auf.

Im Erdgeschoss rattert währenddessen die Mostpresse. Mit Walzen wird das bereits verschnittene Obst mehrfach ausgepresst. Pirmin Seeeholzers Kollege Christian Arnitz prüft dabei mit Argusauge den frischen Saft, der von den Walzen direkt in einen grossen Fangbehälter tropft. Rund 7,5 Deziliter Obstsaft presst die Maschine aus einem Kilogramm Äpfel. Ein Wert, der weit über dem üblichen Durchschnitt liegt. Hier macht sich ein gewaltiger Schaumteppich breit. Mit einem Sieb sorgt Christian Arnitz dafür, dass der Schaum nicht überquillt. «Der Schaum ist die Eigenart der gepressten Äpfel. Bei den Birnen entwickelt sich dagegen praktisch kein Schaum.» Das Auffangbecken unter dem goldfarbenen Schaum füllt sich allmählich mit dem naturreinen Apfelsaft. Christian Arnitz betätigt einen Schalter und schon beginnt eine Pumpe den frischen Most über einen Schlauch zu den Fässern auf Landwirt Dobers Traktoranhänger zu befördern. Die Kinder Martina und Thomas beobachten gespannt das Einfliessen der ersten Tropfen und lassen es sich schliesslich nicht nehmen, mit mitgebrachten Plastikbechern das Ergebnis ihrer Arbeit auf dem Feld zu prüfend zu kosten.

Die Rückstände der gepressten Äpfel, der so genannte Trester – im Volksmund auch «Träsch» genannt – werden über ein Förderband ebenfalls auf den Anhänger geladen. Bauer Dober wird diese Rückstände den Kühen verfüttern. Damit schliesst sich der Kreislauf. Anders als André Dober lassen viele Landwirte den Most indessen gleich von Pirmin Seeholzer und seinem Team verarbeiten und holen einen Tag später den in Kartonschachteln verpackten Apfelsaft für den Direktverkauf ab. «Wir sind daher eine richtige Störmosterei», sagt denn auch Pirmin Seeholzer. Aber nicht nur. Denn einzelne Bauern verkaufen ihr Obst teilweise oder gar vollständig an die Kleinmosterei. Bei Seeholzers kann man daher – praktisch rund um die Uhr – auf einer Aussentheke frischen Saft kaufen. Und dies gleich in vier Sorten: Gekühlter, nicht pasteurisierter Süssmost frisch ab Presse, dann Apfelmost, Apfel-Birnenmost und schliesslich Orangenmost (Apfelmost mit Orangen-Extrakt).
Doch nicht nur Landwirte fahren in diesen Tagen bei Seeholzers Kleinmosterei vor. Auch Freizeitgärtner sind anzutreffen, die einzelne Körbe Obst aus dem privaten Garten zum Pressen vorbeibringen. «Wir pressen jede Lieferung ganz individuell, damit jeder Kunde ausschliesslich den Saft seines Obstes zurückerhält», bekräftigt Pirmin Seeholzer. Das ist einzigartig. Wohl nehmen auch Grossmostereien private Kleinlieferungen entgegen, doch die Kunden erhalten schliesslich anteilsmässig Obstsaft aus den allgemeinen Fässern.

Bei seinem Handwerk legt Pirmin Seeholzer – er bewirtschaftet zusammen mit seiner Freundin in Udligenswil ebenfalls einen Bauernhof – nicht nur viel Gewicht auf Sauberkeit in und um die Mostereihalle, sondern auch auf den korrekten Umgang mit dem kostbaren Naturgut. Chemie hat daher in seinem Mostereibetrieb nichts zu suchen. Zum Pasteurisierten des Fruchtsaftes, also zum Abtöten der Keime, welche den Gärungsprozess auslösen würden, wurde ein spezieller Heizofen eingerichtet. Der frisch gepresste Obstsaft wird nach ein paar Ruhestunden Fass um Fass auf 78 Grad Celsius erwärmt und danach mit Handarbeit in Kunststoff-Beuteln abgefüllt, welche mit praktischen Auslaufhähnchen versehen sind. Die 10-Liter-Beutel werden schliesslich in Kartonboxen verpackt und mit Klebern mit Angaben über die Haltbarkeit versehen. «Unsere Produkte sind absolut naturrein», betont Pirmin Seeholzer. Dies steht ausser Zweifel: Den Beweis dazu hat er zusammen mit seinem Kollege Christian Arnitz in den vergangenen sechs Jahren erbracht.

Die Saison hat für die Mosterei-Fachleute von Udligenswil heuer am 14. August begonnen. Am 10. November ist dann wieder Schluss. Zurück bleibt naturreiner Apfelsaft aus der Region, der den Geschmack von besonnten Baumplantagen weit in die kalten Wintertage hineinzutragen vermag. Schliesslich ist der Apfelsaft aus Udligenswil bis zu einem Jahr haltbar. Dann Prost.
Peter Soland

Bauer André Dober aus Merlischachen leert das frisch gepflückte Obst in die Fallgrube der Mosterei.

Bilder: Peter Soland

 

 

 

 

 

Die Äpfel werden danach mit frischem Wasser gewaschen.

 

Mit der Kleinpresse wird das Obst vollständig ausgepresst.

 

Danach wird der frische Most in Fässern für ein paar Ruhestunden gelagert und schliesslich pateurisiert und abgepackt.

 

Pirmin Seeholzer erklärt das praktische Hähnchen der 10-Liter-Verpackung.

 

Martina und Thomas Dober kosten den frisch gepressten Most.