Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL: Jetzt ist bekannt, wer in Rathausen baut

Am vergangenen Donnerstag präsentierte die Stiftung für Schwerbehinderte Luzern die Sieger des Architekturwettbewerbs. Die neuen Wohnheime realisiert das Büro ro.ma. architekten, Luzern; die Klostersanierung übernimmt die Luzerner Bosshard & Luchsinger Architekten AG.   Seite 4

Im Moment leben in Rathausen viele behinderte Menschen in Pavillons. Der Pflegebedarf von Behinderten nehme zu, die Behinderungsformen würden komplexer, und die Lebenserwartung steige, führte SSBL-Stiftungsratspräsidentin Margrit Fischer-Willimann an der Medienkonferenz vom 4. Juli aus. Deshalb seien der Ausbau der bestehenden Infrastruktur und die Sanierung des historischen Klosters seit Jahren ein Thema. Dafür wurde ein Masterplan mit drei Teilprojekten erarbeitet. Er beinhaltet den  Neubau von Wohnplätzen, die Klostersanierung zur Schaffung eines Zentrums für Arbeit und Beschäftigung sowie die behindertengerechte Arealgestaltung. Nun werden die ersten beiden Vorhaben konkret. In einem nach SIA-Vorgaben durchgeführten Wettbewerb, bei dem sich über 30 Teams beteiligt hatten, wurden zwei Architekturbüros ermittelt, deren Vorschläge die Expertenjurys als die besten bewertet haben.

 

90 neue Wohnplätze

Der Auftrag für die neuen Wohnheime geht an das Büro ro.ma. architekten von Philipp Roeoesli und Christian Maeder aus Luzern. Ihr Projekt Jean-Jacques hatte nach Aussagen von SSBL-Direktor Rolf Maegli überzeugt, weil es sich gut in die Landschaft und harmonisch in den Milchhof füge, die Grundrisse klar und gerade seien. Die Bezeichnung Jean-Jacques lehne sich an den Philosophen Rousseau an und wiederspiegle die Naturnähe, wie Projektverfasser Christoph Roeoesli erklärte. Nach den Plänen seines Büros entstehen im westlichen Teil des Areals der SSBL drei quadratische, identische Gebäude mit 90 Wohnplätzen für Menschen mit schwerer Behinderung. Das Architektenteam wählte eine Holzfassade, um den Bezug zu den umliegenden landwirtschaftlichen Bauten herzustellen. «Die innere Organisation war eine grosse Herausforderung», hielt Christoph Roeoesli fest. Diese meisterten sie, indem sie im Erdgeschoss auf die Bedürfnisse von Menschen mit besonderem Verhalten abstimmten und die Grundrisse der oberen beiden Wohngeschosse über eine Diagonale spiegelten. So können pro Geschoss zwei Fünfergruppen einquartiert werden, für die nebst den Einzelzimmern je ein Ess- und Wohnraum vorgesehen ist.28_Innenansicht1_Kloster_web

Sensibles Vorgehen

Der Zuschlag für die zweite Massnahme des Masterplans, die umfassende Sanierung der historischen Klosteranlage unter Einbezug der Denkmalpflege, geht an Bosshard & Luchsinger Architekten AG, Luzern. Max Bosshard und Christoph Luchsinger waren im Winter 2009/2010 nach einem einstimmigen Jury-Entscheid schon für die Sanierung der Luzerner Seebadi verantwortlich und kennen sich somit aus mit denkmalgeschützten Objekten. Die Jury honorierte bei ihrer Wahl denn auch die hohe Sensibilität des Architektenteams im Umgang mit dem historischen Bauwerk. «Neue und alte Elemente werden im Projekt intelligent kombiniert. So bleibt der Charakter der ehemaligen Klosteranlage erhalten und gleichzeitig entstehen flexibel nutzbare Räume für die Zwecke der SSBL», heisst es in der Medienmitteilung. Beschäftigungsräume für Menschen mit einer Behinderung gehören ebenso zum Raumprogramm wie Büros, Sitzungszimmer und eine Erweiterung des Personalrestaurants pro nobis. Das Dachgeschoss wird neu als grosszügiger, möglichst offener Raum konzipiert.

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Teil drei

Der dritte Teil des Masterplans sieht eine behindertengerechte Arealgestaltung vor. Verkehrsarm, rollstuhlgängig und naturnah sind die geforderten Voraussetzungen für einen attraktiven Bewegungsraum, der von Bewohnenden, aber auch von der Öffentlichkeit genutzt werden kann. Dies soll dem Charakter von Rathausen als Nah-
erholungsgebiet zusätzlich Rechnung tragen. Auch für diese letzte Etappe wird ein Wettbewerb ausgeschrieben, dessen Jurierung auf Mai 2014 angesetzt ist. Die Bauarbeiten sollen im Frühjahr 2015 beginnen und bis Ende 2020 dauern.

Kosten und nächste Schritte

Die Kosten für das gesamte Projekt inklusive Arealgestaltung werden mit 45 Millionen Franken veranschlagt. Als nächstes wird die Detailplanung der ersten beiden Projekte in Angriff genommen und das Bewilligungsverfahren eingeleitet. Wenn alles nach Plan läuft, starten die Bauarbeiten im August des nächsten Jahres, so dass die Gebäude im Oktober 2016 bezugsbereit sind. Wie die SSBL mitteilt, sollen die Kosten für den Neubau und die neuen Arbeitsräume im Kloster über das Gesetz für soziale Einrichtungen (SEG) finanziert werden. Was die Klostersanierung betrifft, ist eine Unterstützungsanfrage beim Luzerner Regierungsrat offen. Der Stiftungsrat wird über die definitive Realisierung des Gesamtprojekts entscheiden, sobald die Finanzierung der Klostersanierung gesichert ist.

Bereits im Herbst dieses Jahres will man in Rathausen mit der Sanierung des denkmalgeschützten Milchhofs 1912 und mit der Erneuerung der Heizzentrale beginnen. Ein Fünftel der Energie will man zukünftig aus erneuerbaren Ressourcen gewinnen und auch das Grundwasser nutzen.

Sonja Hablützel

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