Gesamtkonzept für Erneuerung und Verdichtung

LUZERN – Im März berichteten wir über das geplante Grossprojekt der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (abl) bezüglich der Siedlung Obermaihof. Beinahe 70 Jahre steht die Überbauung am Hügel im Maihofquartier und bietet günstigen Wohnraum am Stadtrand. Ende November präsentierte die abl das Ergebnis des Projektwettbewerbes Obermaihof und orientierte über das weitere Vorgehen.

Am 23. Oktober 2014 ist der Entscheid im Projektwettbewerb «Erneuerung Siedlung Obermaihof 1» gefallen. Nach der Überarbeitung von zwei Projekten hat «Regatta» der phalt architekten ag aus Zürich die Jury überzeugt. Der zweite Rang ging an das Luzerner Büro Konstrukt Architekten ETH SIA mit dem Projekt MIKADO. Den 3. Rang belegen Niklaus Graber & Christoph Steiger Architekten ETH BSA SIA, Luzern, 4. wurden Bachelard Wagner Architekten aus Basel.

Gesamtkonzept für Sanierung und Aufwertung

Acht Architekturbüros wurden vor einem Jahr eingeladen, ein Gesamtkonzept für die Siedlung mit Sanierung, Erweiterung bestehender Bauten und Neubauten zu entwickeln. Nach der Überarbeitung der zwei ersten Ränge überzeugte das Projekt «Regatta» der phalt architekten ag mit Schmid Landschaftsarchitekten GmbH aus Zürich. Die komplexe Aufgabe war, neben der Sanierung und Erweiterung der bestehenden Bauten mit einer qualitativen Verdichtung zusätzlichen Wohnraum in die städtische Genossenschaftssiedlung zu bringen und die Aussenräume für alle Wohnlagen aufzuwerten. Das Wohnangebot soll die Durchmischung fördern und ein attraktives Wohnen für alle Generationen und vielfältige Lebensentwürfe ermöglichen. Mit einem ausgewogenen Mix zwischen Sanierung, Erweiterung bestehender Wohnungen sowie Neubauten wird ein breites Spektrum von Wohnqualitäten in unterschiedlichen Preislagen angeboten. In den Häusern, die nur saniert werden, sollen auch in Zukunft besonders günstige Wohnungen zu Verfügung stehen. Die Bauten mit erweiterten Wohnungsgrundrissen werden sich im mittleren Segment bewegen und auch bei den Neubauten ist die Wirtschaftlichkeit und damit die zukünftige Mietzinsgestaltung ein wichtiges Thema.

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Chancen genutzt

Nach der Jurierung im Juni 2014 rangierte die Jury vier Projekte und empfahl der abl, die ersten beiden Projekte zur Überarbeitung. Beide Teams haben ihre Projekte gekonnt weiterentwickelt und verbessert. Nach eingehender Diskussion entschied die Jury am 21. Oktober mit klarer Mehrheit zugunsten des Projekts «Regatta» und empfiehlt dieses zur Ausführung. Die Anonymität wurde erst nach dem Entscheid aufgehoben.

Das Team phalt architekten ag, Zürich und Schmid Landschaftsarchitekten GmbH, Zürich hat die Chance der Überarbeitung sehr gut genutzt und eine deutliche Verbesserung erreicht, ohne das städtebauliche Gesamtkonzept mit den drei dem Hang entlang mäandrierenden Neubaukörpern und der Aufspannung eines grosszügigen zentralen Siedlungsraums zu verändern. Der als «parkartige Mitte und soziales Zentrum» beschriebene Freiraum wird zum charakteristischen Merkmal. Im Innenbereich wirkte sich ein zusätzliches Treppenhaus als «Befreiungsschlag» aus, wie es die Jury formulierte. «Den Verfassern gelingt es im zentralen Bereich der Bauten gut organisierte Durchwohnergrundrisse zu entwickeln, welche auf die Lagequalitäten des Ortes eingehen und sich auch im Bezug auf die interne Wegführung verbessern. Interessanter Wohnraum mit unkonventionellen Raumbezügen werde geschaffen und die Vielfalt des Wohnungsangebotes der Siedlung wird vergrössert. Auch die Grundrisse der Ersatzneubauten Maihofhalde 7, 9, 11 wurden neu organisiert», so das Urteil der Jury, «die strukturelle Anlehnung der Grundrisse an die Erweiterungsbauten wirkt sich positiv auf die Qualitäten der Wohnungen aus und vermag interessanten Raumabfolgen mit grossem Wohnwert zu generieren». Insgesamt wird die Siedung 177 Genossenschaftswohnungen umfassen, davon 107 Wohnungen in den Neubauten.

Der richtige Weg

Die abl freut sich über das Resultat des Wettbewerbs und auf die Zusammenarbeit mit dem Siegerteam. Für abl-Präsident Ruedi Meier ist die Realisierung dieses Projekts der richtige Weg, massvoll und gleichzeitig qualitätsvoll zu verdichten und dem gemeinnützigen Wohnen bei der abl einmal mehr ein neues Gesicht zu geben. Bruno Koch betont, dass der Gedanke des gemeinnützigen Wohnens mit unterschiedlichen Wohnungstypen in verschiedenen Preissegmenten und mit dem verbindenden Aussenraum starken Ausdruck finde und das erweiterte Angebot eine soziale Durchmischung von Generationen und Lebensformen unterstütze. Ziel ist es, im nächsten Jahr den Gestaltungsplan und das Projekt zu erarbeiten. An einer Urabstimmung werden die Genossenschafterinnen und Genossenschafter über das Projekt abstimmen können. Die Realisierung dieser umfassenden Siedlungserneuerung ist ab 2016 bis 2022 in Etappen vorgesehen.

Architektur ist bis zu einem bestimmten Grade auch immer «Geschmackssache». Und so müssen sich die Anwohner wohl ihre eigene Meinung zu dem Grossprojekt bilden, welches sich das Prädikat «Verdichtung» auf die Flagge geschrieben hat. Bei den jetzigen/bisherigen Mietern am Obermaihof herrscht aber nach wie vor Verunsicherung. Viele der zum Teil langjährigen Mieter sind besorgt darüber, ob sie sich ihre Wohnung in der Siedlung, in der sie seit Jahrzehnten leben, noch leisten werden können. Nebst all den positiven «Lobeshymnen» auf das ausgewählte Projekt wird es in nächster Zukunft eine der Hauptaufgaben der abl sein, diese Befürchtungen zu zerstreuen – und wo angebracht, konkrete Lösungen finanzieller Art anzubieten.

Stefan Jäggi

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