Polit-Arena – «Die Prioritäten werden oft verschoben oder falsch gesetzt.»

Am Mittwoch, 23. Januar 2013, 19.30 Uhr findet im Pfarreiheim Ebikon eine von der SVP organisierte öffentliche Veranstaltung mit Publikumsbeteiligung zum Thema Sicherheit statt. Der «Rontaler» befragte dazu Markus Schumacher, einen der Organisatoren.

Was hat Sie zur Organisation der Polit-Arena Sicherheit veranlasst?

Nachdem sich in Ebikon in Folge krimineller Übergriffe wiederum eine Bürgerwehr formiert hat und sich die Anzahl der (Dämmerungs- und Auto-)Einbrüche in den letzten Monaten verdoppelt hat, wurde so eine Veranstaltung aus unserer Sicht nötig. Sicherheit betrifft uns alle und ist ein Grundbedürfnis. Gerade weil dies so ist, wollen Bürger/innen die Möglichkeit nutzen, sich direkt mit den Verantwortlichen auseinanderzusetzen.  Schliesslich galt unsere Schweiz einmal als das sicherste Land der Welt. Heute vergeht kaum ein Tag, an dem die Medien keine Schlagzeile dazu liefern. Daher glauben wir, dass das Thema brandaktuell ist.

Was glauben Sie persönlich, wie viel Sicherheit wir brauchen?

Ich glaube, die Politik orientiert sich viel zu sehr nur an den finanziellen Möglichkeiten und zu wenig an den Bedürfnissen der Bevölkerung. Dabei werden die Prioritäten oft verschoben oder falsch gesetzt. Verkehrsteilnehmer werden zunehmend kriminalisiert. Um die Bussenbudgets eintreiben zu können, wird eine Unmenge an Personal absorbiert. Dieses fehlt dann wieder in anderen Bereichen. Eben genau da, wo die Bedürfnisse der Bevölkerung um ein Vielfaches grösser wären und in den Medien auch reklamiert werden. Offensichtlich vermögen unsere Sicherheitskräfte der Bevölkerung nicht mehr in genügendem Masse ein gutes Sicherheitsgefühl zu geben. Sonst hätten die vielen privaten Sicherheitsfirmen gar nichts zu tun und eine Bürgerwehr wie in Ebikon wäre auch unnötig.

Müssen wir uns Ihrer Einschätzung nach unsicher fühlen?

Ich wünschte, ich könnte mit Nein antworten. Jedoch zeigen uns die täglichen Beispiele von Dämmerungseinbrüchen in unmittelbarer Nachbarschaft, Bedrohungen in der Jugendkriminalität, Drogenhandel, Zuhälterei, die Zustände auf dem Bahnhofplatz in Luzern und vor allem das neueste Phänomen, die Cyber-Kriminalität im Internet, ein ganz anderes Bild. Die Zeit als man noch «Hunderter Nötli» draussen aufhängen oder die Haustür offenlassen konnte und nichts gestohlen wurde, ist in unserer Schweiz definitiv auch vorbei. Heute brauchen wir einbruchssichere Haustüren und Fenster sowie Einrichtungen mit Bewegungsmelder, die unsere Umgebung nachts ausleuchten. Mit der Migration der letzten Jahre hat die Kriminalität eindeutig und nachweislich zugenommen. Mit dem Schengener-Abkommen konnte entgegen aller Versprechungen aus dem damaligen Abstimmungskampf auch nicht mehr Schutz geboten werden; dazu müssten die Täter bereits im System erfasst sein.

Läuft Ihrer Meinung nach in der Politik etwas falsch?

Die Politik mit ihren Entscheidungen einerseits und die Kräfte, die solche Entscheidungen dann umsetzen müssen, wie zum Beispiel unsere Polizei, haben oft ein ganz anderes Bild vom Idealzustand. Würden unsere Gesetze so umgesetzt, wie sie vom Stimmbürger verabschiedet wurden, hätten wir gar nicht so grosse Probleme. Weil das aber zu wenig konsequent der Fall ist, brauchen wir halt immer wieder neue Massnahmen, um uns zu schützen. Damit wird alles unübersichtlicher und teurer. Siehe die Budget-Debatten im Kantonsrat. Sechs neue Stellen sollen bei der Polizei in unserem Kanton die ganzen Überstunden reduzieren, die sich da angesammelt haben, nur weil wir nicht in der Lage sind, die Prioritäten richtig zu setzen? Sprechen Sie mal mit der Polizei, dann spüren Sie die Frustration.

Wie liesse sich die Situation allenfalls verbessern?

Wir müssen entscheiden, wo wir die Prioritäten setzen wollen und anschliessend danach handeln. Diese Prioritäten können wir dann auch in den Budgets im Bund, Kanton und den Gemeinden verantworten. Solange wir das nicht tun, werden wir immer um die gleichen Probleme herum reden. So wie das heute läuft, werden sich die linken und rechten Parteien nie finden.

Mehr öffentliche Sicherheit ist ja auch mit höheren Kosten verbunden. Wie lässt sich das Ihrer Meinung nach mit den knappen Haushaltsbudgets vereinbaren?

Sie sprechen damit genau das Problem der Priorisierung an. Die Frage muss gestellt und diskutiert werden. Was wollen wir, und wie viel darf das kosten? Genau in dem Bereich versagt aus meiner Sicht die Politik. Was heute läuft, ist keine Sachpolitik mehr, weil alles auf die Finanzpolitik reduziert wird. Wir müssen zur Sachpolitik zurückfinden. Die Finanzpolitik muss bei diesem Thema nachgelagert kommen.

Was halten Sie davon, wenn der Staat das Heft aus der Hand gibt und Private mit Sicherheitsaufgaben beauftragt?

Gar nichts! In beiden Fällen gibt der Staat unser Steuergeld aus, es geschieht dann nur einfach unkoordiniert. Weil in den übergeordneten Bereichen (Bund, Kanton) gespart wird, muss der untergeordnete Bereich (die Gemeinde) dann wieder finanzieren. Damit sieht die eine Buchungsstelle zwar gut aus und eine andere wird dafür zusätzlich und unverhältnismässig belastet.

Früher haben Polizei, Feuerwehr und das Militär jeweils ihre zugeordneten Bereiche abgedeckt. Ergänzend gab es nur noch die Securitas.  Heute schiessen private Sicherheitsfirmen wie Pilze aus dem Boden. Die Gefahr besteht, dass der Staat seine Hoheit bei der Sicherheit und damit seine Glaubwürdigkeit zunehmend verliert. Und trotz allem haben wir in Ebikon schon wieder eine Bürgerwehr, die aus einer Bedürfnislücke heraus entstanden ist. Niemand kann eine solche Entwicklung wohl wirklich gut finden.

Sonja Hablützel