Feuerwehr rettete Gehörlose und Blinde

Frauen L. Gsponer und M.Th. Schmidt (r.) versuchen auf ihre Art mit dem Feuerwehrmann zu kommunizieren.

Kürzlich im Gemeindehaus Ebikon: Rauch breitete sich aus, drang ins Freie. Die Feuerwehr Ebikon-Dierikon mit gegen 90 Angehörigen, davon 16 Frauen, rückte an. Sie stand vor einem Einsatz mit einer erstmaligen und besonderen Herausforderung. Einige der Menschen im Gebäude konnten nichts hören oder sehen.

Wenige Eingeweihte wussten, dass es sich beim Einsatz im Gemeindehaus um eine Abschlussübung mit Gehörlosen und Blinden handelte. Damit war die Feuerwehr Ebikon-Dierikon noch nie konfrontiert. Der Realität sehr nah zeigte sich gegen 19 Uhr folgendes Bild: Rauch drang aus dem Gebäude, hatte sich in einigen Räumlichkeiten in einer Dichte ausgebreitet, die beängstigend wirkte. Die beiden Frauen L. Gsponer und M.Th. Schmidt lehnten sich aus Fenstern, gestikulierten mit ihren Händen und riefen mit ungewohnten Lauten um Hilfe. Feuerwehrangehörige betraten das Gelände. Einer von ihnen nahm mit den beiden Frauen, die er zuerst sichtete, Kontakt auf. Es dauerte eine Weile, bis er merkte, dass sie ihn nicht verstehen konnten. Atemschutztrupps liefen nach und nach ins Gebäude, fanden weitere Personen in diversen Räumlichkeiten. Der sehbehinderte S. Eggerschwiler und die gehörlose S. Keller waren mit einer weiteren Person in einem Büro eingesperrt, deren Tür sich nicht mehr öffnen liess. Für sie bestand vorerst keine Gefahr, da sich an ihrem Aufenthaltsort kein Rauch ausgebreitet hatte. Sie waren die Letzten, welche die Feuerwehr über eine Leiter rettete. Alle übrigen befanden sich bereits in der Obhut der Sanität, die in der Bibliothek die zumeist hustenden Menschen betreute. Der Grund der Rauchentwicklung war ein in Brand geratener Drucker.

Für Blinde doppelt so schlimm

Die sehbehinderte J. Egger sass in einem Büro nahe beim Brandherd. Sie wurde zuerst rausgeholt. «Die Feuerwehrleute haben mir gute Hilfestellung gegeben, mir immer gesagt, was ich als nächstes tun soll», resümierte sie. Eindrücklich war Eggers Aussage: «Was für Sehende bedrohlich ist, ist für uns doppelt so schlimm. Wenn die Situation echt gewesen wäre, wäre ich in Panik geraten.» Das sagte auch S. Keller, die gehörlos ist. Eine Kommunikation mit der Feuerwehr war ihr nicht möglich. Sie nahm lediglich wahr, dass sie immer wieder gebeten wurde zu warten. Sie wusste nicht, was um sie herum geschah und die Feuerwehr tat. Am schlimmsten war für Egger, dass ihr niemand sagte, weshalb sie so lange ausharren musste. Bei der Nachbesprechung kristallisierte sich heraus, dass die Kommunikation mit Gehörlosen eine Hürde darstellte. L. Gsponer-Bertolotti betonte, dass der Augenkontakt sehr wichtig sei und äusserte: «Gestik und Mimik helfen uns ausserdem, andere zu verstehen.» M.Th. Schmidt vermutete, dass es etwa zehn Minuten gedauert hat, bis die Kommunikation über die Hände klappte. «Es wäre gut, wenn die Feuerwehr Ebikon-Dierikon einen Workshop durchführen würde», wünschte Gsponer. «Dem wird sie nachkommen», hob Vizekommandant Alex Bernet vor, der die Abschlussübung leitete. Er hoffte, dass auch weitere Zentralschweizer Korps sich Gsponsers Wunsch anschliessen. Fazit der Beobachter zur Abschlussübung: «Wir müssen mit der Herausforderung lernen umzugehen, dass wir uns mit zu rettenden Personen nicht oder nur schwer unterhalten können, sei es, weil die Personen – wie im heuten Fall – gehörlos oder wir mit der von ihnen gesprochenen Sprache nicht mächtig sind».