«Wir sind nicht mehr bereit, weitere Kostensteigerungen hinzunehmen»

BUCHRAIN – Der Gemeinderat Buchrain stellt sich gegen das neue Finanzhaushaltsgesetz des Kantons. Dies teilte er den Medien Anfang dieser Woche mit. Die vom Kanton vorgesehene Globalbudgets würden zu einem Verlust von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten führen.

pd. «Der Vorschlag für ein neues kantonales Finanzhaushaltsgesetz für Gemeinden schiesst über das Ziel hinaus», gibt der Gemeinderat Buchrain zu verstehen.  Zwar unterstütze der Gemeinderat eine erhöhte Transparenz sowie die Stossrichtung, dass die Finanzen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln müssen. Die Vorlage enthalte aber zusätzliche Regulierungen mit nachteiligen Auswirkungen für Gemeinden. Diese führten zum Verlust von Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten für Gemeinderat und Bevölkerung. Zudem werde es unliebsame Kostensteigerungen zur Folge haben und die Gemeindeautonomie stark beschneiden. Der Nutzen aller Neuerungen hingegen bleibe gering. «Der Gemeinderat wehrt sich gegen jegliche negative Auswirkungen neuer Gesetze und akzeptiert nicht mehr, dass eine Gesetzesvorlage zu einer Schwächung der Gemeinden oder zu Mehrkosten führt. Daher lehnt er den Entwurf zum neuen Finanzhaushaltsgesetz ab». Der Kanton Luzern hat die Gemeinden zur Stellungnahme zum Entwurf für ein neues Gesetz über den Finanzhaushalt der Gemeinden eingeladen. Buchrain erachtet den Entwurf als missglückt und lehnt deshalb das Gesetz in der vorliegenden Form ab.

Verlust von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten

Nach dem Willen des Kantons sollen zukünftig alle kommunalen Aufgaben mit Globalbudgets geführt werden. «Durch Globalbudgets werden dem Gemeinderat wie auch der Bevölkerung Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten entzogen. Die Globalbudgets summieren viele Effekte zu einer ‹Blackbox›, bei welcher die definierten Leistungen vielfach Theorie bleiben und wenig steuerbar sind», so der Gemeinderat. Bei flächendeckenden Globalbudgets gäbe es viele Probleme in der praktischen Umsetzung, ist man in Buchrain überzeugt: «Der sehr grosse Anteil an gebundenen Ausgaben – in Buchrain über 96% – lässt nahezu keinen Spielraum für kompensierende Einsparungen, wie dies bei Globalbudgets theoretisch angedacht ist.» Dies fördere die Tendenz zum Kostenwachstum, da vermehrt Reserven budgetiert werden müssen oder realisierte Mehrerträge direkt wieder konsumiert würden. «Das ist ein deutlicher Rückschritt und steht mit dem Grundsatz der Sparsamkeit im Widerspruch». Zudem werde die Gemeindeautonomie nicht nur durch die zwingende Vorgabe der Globalbudgets, sondern auch durch neue Vorgaben zu Vision und Legislaturprogramm stark eingeschränkt.

Ausser Spesen nichts gewesen

Zusätzliche Kosten bringe auch die Forderung des Verbands Luzerner Gemeinden, neu die Einsetzung einer externen Revisionsstelle vorzuschreiben. «Wir in Buchrain lehnen diese Verpflichtung entschieden ab. Die Rechnungskommission mit strategischen Controllingfunktionen geniesst grosse Akzeptanz und macht eine gute Arbeit». Es sei zudem mit nicht zu unterschätzenden Umstellungs- und Folgekosten zu rechnen. «Alles andere wäre Augenwischerei».

Buchrain akzeptiert keine auferlegten Mehrkosten mehr

Am 30. November wurde in Buchrain der Voranschlag 2015 mit einem Nein-Stimmenanteil von 58% abgelehnt. Erste Analysen zeigten, so der Gemeinderat, dass die Buchrainer Bevölkerung nicht mehr bereit sei, weitere Kostensteigerungen auf Gemeindeebene wegen neuen nationalen oder kantonalen Gesetzesbestimmungen hinzunehmen. «Der Gemeinderat wehrt sich daher vehement gegen jegliche negativen Auswirkungen neuer Gesetze und akzeptiert nicht mehr, dass eine Gesetzesvorlage zu einer Schwächung der Gemeinden oder zu Mehrkosten führt», gibt man sich in Buchrain kämpferisch. Ein erstes Zeichen setze der Gemeinderat nun mit der klaren Rückweisung der Finanzhaushaltsgesetzvorlage.

Gespannt blickt man in Buchrain auch auf die vorgesehene Einführung des Lehrplans 21 und die dazu gehörenden Wochenstundentafeln (WOST). In seiner Stellungnahme an den Kanton hat der Buchrainer Gemeinderat Ende 2013 unmissverständlich festgehalten, dass «angesichts der schwierigen Finanzlage die Umsetzung des Lehrplan 21 mit der WOST 2017 keine Mehrkosten für die Gemeinden und den Kanton verursachen darf».

Quote/Zitat

«Der Kanton hat nicht begriffen, dass die Vermischung von gebundenen und frei bestimmbaren Ausgaben in der Buchhaltung ein Riesenproblem ist. Wie kann man erklären, dass bei einem Haushalt von 30 Mio. Franken der Gemeinde bei über 28.8 Mio. Franken die Hände gebunden sind? Eine Entflechtung wäre das Gebot der Stunde. Die Gesetzesvorlage aber fördert diese leidige Intransparenz. Wieso müssen die Bürger überhaupt Kredite für gebundene Ausgaben bewilligen? Die Gemeinde soll doch nur diejenigen Kredite bewilligen müssen, für die sie auch verantwortlich ist. Aber hier ist eben das Problem: Die finanzielle Verantwortung für Gesetze und Verordnungen wollen die übergeordneten Stellen nicht tragen – und lassen so die kommunalen Finanzvorsteher im Regen stehen. Der Kanton hat es verpasst, nicht nur Worthülsen sondern einen echten Mehrwert für die Gemeinden zu schaffen.»

Patrick Bieri, Finanzvorsteher Buchrain