Gemeinderat muss Handlungsspielraum zurückgewinnen

Für die FDP war die Ablehnung des Voranschlages 2015 und damit der Steuererhöhung um 2/10 Einheiten keine Überraschung, lediglich die Höhe des Neins hat überrascht. Dieses hat sich seit längerer Zeit abgezeichnet. Dass Buchrain über eine unterdurchschnittliche Steuerkraft verfügt, ist längstens bekannt.

Und dass die gebundenen Ausgaben jährlich überproportional angesteigen ebenfalls: Kindes- und Erwachsenenschutzrecht plus Fr. 335’000.–, Neuordnung Pflegefinanzierung plus Fr. 815’000.–, Sozialhilfe plus Fr. 660’000.–, total jährlich um mehr Fr. 1,8 Millionen. Alles Mehraufwendungen, die auf Beschlüsse von Bund und Kanton zurückzuführen sind. Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben öffnet sich immer weiter. In Kenntnis dieser Tatsachen verfolgte der Gemeinderat zudem seit Jahren zusätzlich ehrgeizige Ziele mit einem überdurchschnittlichen Investitionsvolumen (über 50 Mio. Franken).

Als einzige Ortspartei haben wir die sich abzeichnende finanzielle Schieflage der Gemeinde erkannt und forderten seit mehreren Jahren Gegensteuer. So verlangten wir eine Drosselung der Ausgaben durch Überprüfung des Angebots und der Standards, Überprüfung der SKOS-Richtlinien (Buchrain hat eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Sozialfällen), getrennte Abstimmungen über den Voranschlag und den Finanz- und Investitionsplan sowie die Einführung einer Schuldenbremse für die Gemeinde Buchrain. Mit diesen Anträgen fand die FDP beim Gemeinderat kein Gehör, weshalb wir zweimal die Nein-Parole zu den vorgelegten Budgets beschlossen. Unsere Partei hat dies auch immer offen kommuniziert und keine anonymen Flugblätter verschickt.

Der Gemeinderat muss nun den Stimmberechtigten ein zweites Budget vorlegen. Im Hinblick darauf dieser eine Vernehmlassung durch. In den zugestellten Unterlagen werden Sparmassnahmen in verschiedenen Bereichen im Umfange von Fr. 288’000.– vorgeschlagen, einen Verzicht auf den Projektierungskredit Erweiterung Alterszentrum Tschann und eine Steuererhöhung um 1/10 Steuereinheit. Mit diesen Änderungen rechnet der Gemeinderat mit einem mutmasslichen Budgetdefizit von rund Fr. 650’000.–. Zu diesen Vorschlägen äussern wir uns wie folgt:

Laufende Rechnung Wir verzichten im Detail zu den einzelnen vorgeschlagenen Positionen Stellung zu nehmen. Hiebei handelt es sich um eine strategische Führungsaufgabe des Gemeinderates.

Investitionsrechnung Das Hinausschieben von gemeindeeigenen Bauten und Projekten sowie die Sistierungen der Planungen ist bei der heutigen Finanzlage der Gemeinde ein Muss.

Steuerfuss Wir sind uns bewusst, dass eine Steuererhöhung unausweichlich ist. Eine über 1/10 Einheit hinausgehende Erhöhung für 2015 lehnen wir ab.

An unsere Zustimmung knüpfen wir aber die Forderung an, dass der Gemeinderat eine nachvollziehbare Strategie aufzeigt, mit welchen Schritten und Massnahmen er den Handlungsspielraum wieder zurückzugewinnen gedenkt. Der Fehlentwicklung muss Einhalt geboten werden. So kann und darf es nicht weitergehen. Es muss wieder der Grundsatz Anwendung finden: «Wer befiehlt, zahlt». Wie die vergangenen Gemeindeabstimmungen und Budgetdebatten in den Luzerner Gemeinden zeigten, haben auch andere Gemeinden vergleichbare finanzielle Sorgen. Für die Sanierung der kommunalen Finanzen ist es aber unerlässlich, dass alle Bereiche einen Beitrag leisten. Besonderes gefordert sind die Bereiche mit den jährlich überdurchschnittlichen Zuwachsraten:

– Sozialhilfe: Die SKOS-Richtlinien dürfen nicht Gesetz sein, sondern Richtlinien mit dem nötigen Handlungsspielraum für die Gemeinden.

– Pflegefinanzierung: Hier drängt sich ein neue Verteilschlüssel zwischen Bund, Kanton, Gemeinden und Versicherer auf.

– KESB: Die Verselbständigung und die angebliche Professionalisierung hat bis heute nur sehr viel Kosten verursacht. Die Strukturen müssen überprüft, vereinfacht und das Mitspracherecht der Gemeinden verbessert werden. Die Gemeinden sollen nicht nur als Zahlstelle fungieren.

– Bildung: Der Kanton bestimmt die kommunale Schulpolitik, nur bei der Kostenbeteiligung zieht er nicht mit. Lehrplan 21 und andere neue Projekte sind nur umzusetzen, wenn endlich der Beitrag von derzeit 27,5% auf 50% angehoben wird.

Wir sind uns bewusst, dass der Gemeinderat die Umsetzung nicht alleine bewältigen kann, sondern auf die Unterstützung der kantonalen und eidgenössischen Instanzen angewiesen ist. Aber jemand muss den Faden aufnehmen und sich quer stellen. Daher haben wir positiv zur Kenntnis genommen, dass der Gemeinderat den Entwurf des neuen Gesetzes über den Finanzausgleich ablehnt und dies auch offen kommuniziert hat. Es bleibt zu hoffen, dass auch andere Gemeinden neue Gesetzesvorlagen kritisch hinterfragen. Es darf nicht Ziel übergeordneter Politik sein, alle Gemeinden der Selbständigkeit zu berauben und sie in ein Abhängigkeitsverhältnis vom Staat zu bringen. Die Gemeinden brauchen einen eigenen Handlungs- und Gestaltungsspielraum. Dies erfordert mehr Solidarität unter den Gemeinden und in den Verbänden. Wir sind bereit, im Rahmen unserer Möglichkeiten mitzuhelfen bei einer zukunftsgerichteten Führungs- und Finanzstrategie.

FDP.Die Liberalen Buchrain-Perlen
Peter Rüfenacht, Ortsparteipräsident