Wahlen 2023 – Folge 3/5: Herausforderung Energiewende

Wie lässt sich die Energiewende vorantreiben, ohne gleichzeitig die Energiekrise zu verschärfen? Hier die Antworten der Fraktionschefs der sechs im Kantonsrat vertretenen Parteien. (api)

Adrian Nussbaum, Fraktionschef Die Mitte

Ich setze mich für eine klimaneutrale Energieversorgung bis 2050 ein. Dieses ambitionierte Ziel erreichen wir mit technischen Innovationen, mit CO2-freier Energieproduktion, mit geschickten Anreizen und sorgfältigem Umgang mit den Ressourcen. Strom aus bestehenden Atomkraftwerken hilft uns, die Transformation zu schaffen. Den Neubau von AKW lehne ich dagegen ab. Diese Zeit und diese Mittel investieren wir besser in alternative Grossanlagen. Fehlanreize und Hemmnisse müssen abgebaut werden und das Bewilligungsverfahren muss stark vereinfacht werden. Eine CO2-Reduktion und die Sicherung der Energieversorgung erreichen wir nicht nur, wenn wir Klimanotstände ausrufen. Aber schon gar nicht, wenn wir uns auf die Strasse kleben, oder nicht müde werden zu behaupten, dass der eingeschlagene Weg der falsche sei. Das ist Polparteien-Politik. Was wir brauchen, sind konkrete Lösungen und entsprechendes Handeln. Dafür bietet unsere Partei Hand. Ich bin überzeugt: Die Energiestrategie 2050 ist nicht das Problem, sondern die Lösung. Uns allen wird klar, dass wir unsere eigene, klimaneutrale Stromproduktion rasch möglichst ausbauen müssen. Das ist meine Überzeugung, nicht erst seit dem Ukraine-Krieg.

Adrian Nussbaum, Fraktionschef Die Mitte

Georg Dubach, Fraktionschef FDP 

 Damit der Kanton Luzern als Wirtschaftsstandort stark bleibt und die Energiewende vorantreiben kann, muss zwingend die Innovation im Fokus stehen. Klimaschutz und Energieeffizienz sollen sich für alle lohnen und zum Innovationsmotor werden. Um wirkungsvolle Massnahmen durch technologischen Fortschritt zu erreichen, braucht es auch in unserem Kanton einen konstanten Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Dazu hat unsere Fraktion eine Klima-Taskforce gefordert. Da eine autarke Energieversorgung für den Kanton Luzern beim Strom nicht realistisch ist, kämpfen wir für eine schnellere Umsetzung des Machbaren. Mit vernetzten, umweltfreundlichen Energieträgern und Sanierungen erreichen wir einen höheren Eigenversorgungsgrad. Dabei muss das Potenzial von erneuerbaren Ressourcen besser ausgeschöpft und die Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Dank Vorstössen unserer Fraktion können ab nächstem Jahr zum Beispiel Investitionen in Solaranlagen und energetische Sanierungen von den Steuern abgezogen werden. Das freut mich. Denn es ist selbstverständlich, dass Vorschriften und Verbote primär nur dort eingesetzt werden, wo Anreiz- oder Lenkungssysteme nicht genügen.


Korintha Bärtsch, Co-Fraktionschefin Grüne

Klimaschutz, Netto Null, Solarausbau. Finden Sie auch, dass diese Schlagwörter nun endlich mit Inhalt gefüllt werden müssen? Lange hat unsere Partei für die Energiewende gekämpft. Die drohende Energiemangellage scheint nun Schwung in die Sache zu bringen. Das war höchste Zeit! Eine Solaranlage auf jedem Dach muss endlich eine Selbstverständlichkeit werden. Jetzt mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, ist jedoch nicht zielführend. Wir dürfen den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht in jedem Fall über die Interessen der Umwelt stellen. Unser fragiles Ökosystem inklusive die Lebensmittelproduktion ist auf eine starke Biodiversität und Natur angewiesen. Dafür müssen wertvolle Lebensräume wie Biotope oder ausreichend Restwassermengen bei Wasserkraftwerken erhalten bleiben. Ich bin bereit, Kompromisse einzugehen, will Bewilligungsverfahren bündeln und damit beschleunigen. Ich unterstütze auch Projekte, die für die Umwelt nicht nur positiv, dafür äusserst effizient sind und viel Energie produzieren. Kurzfristig hilft aber nur eines gegen die Energiekrise: mehr Energieeffizienz und Sparen. Da haben wir noch grosses Potenzial. Jedes Kilowatt, das nicht produziert werden muss, ist Gold wert.


Claudia Huser, Fraktionschefin GLP

Die Energiewende 2050 beinhaltet den Ausbau der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien und die Umsetzung von Effizienzmassnahmen. Wer sagt, sie verschärfe die Krise, irrt. Vielmehr hilft sie, sie abzuwenden. Man kann das Ganze deshalb auch anders sehen: Aufgrund steigender Energiepreise und drohender Mangellage wurden in den letzten Wochen und Monaten politische Entscheide möglich, für die es sonst Jahre gebraucht hätte. Und es wurden und werden immer noch Massnahmen zum Energiesparen umgesetzt, die man zwar seit Jahren kennt, aber aufgrund der früheren tiefen Energiekosten als nicht notwendig erachtet hat. Die Krise hat uns wachgerüttelt. Diese Chance müssen wir nutzen. Auf der politischen Ebene müssen weitere Hürden für den Zubau der erneuerbaren Energien und administrative Aufwände abgebaut werden. Daneben braucht es positive Anreize und befristete Förderprogramme. Gerade im Gebäudebereich sind diese Massnahmen wichtig. Denn der Gebäudepark ist für 40 Prozent des Energieverbrauchs und für einen Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich. Klar ist aber auch: Es braucht freiwillige Massnahmen und unser aller Engagement, um diesen und den nächsten Winter gut zu überstehen.


Marcel Budmiger, Fraktionschef SP

Das beste Mittel für Klimaschutz einerseits und Versorgungssicherheit andererseits ist der Umstieg auf erneuerbare Energien. Nicht der liberalisierte Strommarkt, sondern eigene Solaranlagen, Windräder und Wasserkraftwerke sichern in Zukunft unsere Energieversorgung. Und sie reduzieren die Abhängigkeit von Unrechtsstaaten, die uns mit Gas, Erdöl und Uran beliefern. Unsere Partei fordert die Energiewende seit Jahrzehnten, mehrheitsfähig wurde sie leider zu spät. Diese Verzögerung kostete uns den Spitzenplatz bei erneuerbaren Energien, neue Arbeitsplätze und nun viel Geld wegen zu hohen Energiepreisen. Der Ersatz fossiler Energieträger braucht Strom. Deshalb dürfen wir ihn nicht weiter verschwenden. Ohne Komfortverlust können wir den Verbrauch um einen Fünftel reduzieren. Energetische Sanierungen reduzieren zusätzlich den Energiebedarf und die Nebenkosten. Damit dies nicht zu Lasten der Mietenden geschieht, kann man Leerkündigungen erschweren und Mietzinserhöhungen beschränken. Mehr Effizienz braucht es auch beim Verkehr: Dort, wo der öV zu wenig ausgebaut ist, braucht es keine immer grösseren «Strassenkreuzer», sondern kleinere und effizientere Fahrzeuge. Damit sparen wir Ressourcen und Geld.


Armin Hartmann, Fraktionschef SVP

Um dem Klimawandel zu begegnen, dürfen wir weniger Energie verbrauchen und müssen mehr erneuerbare Energie im Inland produzieren. Für mehr Energieeffizienz braucht es eigenverantwortliches Handeln und die Beseitigung von Fehlanreizen. Der Weg weg vom Öl führt aber zu einem höheren Stromverbrauch. Diese Stromproduktion muss sicher, umweltschonend, günstig und möglichst unabhängig vom Ausland sein. Sie muss weiterhin auf die Energie aus Wasserkraft bauen. Dafür müssen die Ersatzinvestitionen sichergestellt werden. Zusätzlich müssen wir erneuerbare Energien zubauen, wobei Solaranlagen im Vordergrund stehen. Forschung und Innovationen sind voranzutreiben, wobei diese technologieneutral zu erfolgen haben. Lösungen brauchen wir insbesondere im Bereich der Speicherung, um die Winterstromlücke zu schliessen. Die bestehenden Kernkraftwerke sollen so lange wie möglich am Netz bleiben. Langfristig muss das Volk entscheiden, ob für die Deckung der Stromlücke im Winter der Bau eines Kernkraftwerks neuster Generation nicht doch eine sichere und wirtschaftliche Lösung ist. Um den Sockel der nur schwer ersetzbaren CO2-Emissionen zu kompensieren, müssen wir CO2-Senken aktivieren – insbesondere im Wald.