Asyl – aber es gibt auf der politischen Bühne auch noch andere Themen!

Nebst einer aufgrund der Aktualität breit geführten Asyldebatte gab es auch noch wichtige andere Themen auf der Traktandenliste. Es waren sieben traktandierte Geschäfte, 26 ordentliche parlamentarische Vorstösse und aufgrund der Aktualität 12 dringliche Vorstösse zu behandeln.

Das Gesetz über den Justizvollzug resp. mit anderen Worten über den Straf- und Massnahmenvollzug kam zur zweiten Lesung. Dieses regelt unter anderem, wie mit Häftlingen im Hungerstreik umgegangen werden muss. Aktuell gibt es im Kanton Luzern zum Umgang mit Hungerstreikenden, die durch ihre Nahrungsverweigerung in eine lebensbedrohende Lage geraten, keine expliziten gesetzlichen Bestimmungen sondern nur interne Regelungen. Die Praxis wird nun im Gesetz verankert. Das neue Gesetz ersetzt das bald 60 Jahre alte Gesetz über den Straf- und Massnahmenvollzug. Zu Diskussionen führte einzig noch der Artikel, der regelt, wer die persönlichen Auslagen der Inhaftierten zu tragen hat, wenn diese nicht selbst dafür aufkommen können. Der Vorschlag der Regierung, dass dafür die Wohnsitzgemeinde mittels Sozialhilfe aufkommen soll, erfuhr dahingehend eine Änderung, dass in gewissen Fällen der Kanton die Kosten übernehmen muss. Damit soll verhindert werden, dass eine Standortgemeinde, die eine kantonale Aufgabe erfüllt, übermässig belastet resp. benachteiligt wird. In der Schlussabstimmung wurde die Gesetzesvorlage mit 104 zu 0 Stimmen verabschiedet.

Keine Chance für Gesetz über die Sexarbeit

Der Nutzen war umstritten und die Meinungen gingen in den verschiedenen Punkten innerhalb des Rates denn auch deutlich auseinander. Abgelehnt wurde das Gesetz vor allem von der SVP und der FDP, starke Vorbehalte hatten auch die Grünen. Auch einige Parlamentarier der CVP (zu denen auch ich mich zähle) hatten Zweifel an der Wirksamkeit und insbesondere auch an der Durchsetzbarkeit des Gesetzes und ob es dazu überhaupt eine neues separates Gesetz braucht. Mit 61 zu 51 Stimmen wurde das neue Gesetz nach erster Lesung abgelehnt.

Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität: Bewilligung von fünf Wirtschaftstaatsanwälten

Da war sich der Rat so ziemlich einig. Mit 111 zu einer Stimme wurden diese fünf Stellen zur vermehrten Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität bewilligt. Ab 01. April des kommenden Jahres werden es dann insgesamt 10,3 Stellen sein. Vergleicht man mit dem dreimal kleineren Kanton Zug, der dafür 9,1 Stellen einsetzt, ist diese Erhöhung von 5,3 Stellen auf 10,3 Stellen bescheiden. So meinte denn auch der neue Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker (SVP), dass die Situation in diesem Bereich prekär sei. Wie gross der Handlungsbedarf ist, zeigt dass die Wirtschaftskriminalität seit 2010 um rund 30% gestiegen ist und dadurch die Belastung für die einzelnen Staatsanwälte ausserordentlich hoch ist. Der Arbeitsvorrat bei der Gruppe Wirtschaftsdelikte bei der Luzerner Polizei liegt bei sieben Jahren und auf Stufe Staatsanwaltschaft beträgt die Verfahrensdauer eines Falles nach den polizeilichen Ermittlungen bis zur Anklage durchschnittlich vier Jahre. Dringender Handlungsbedarf war somit ausgewiesen.

Teilrevision des kantonalen Richtplans 2009

Im Vorfeld waren die Diskussionen kontrovers: 118 Stellungnahmen mit insgesamt 1500 Anträgen sind eingegangen. Die Revision des Richtplans wurde wegen der Annahme des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes im März 2013 nötig. Im Ergebnis des vorliegenden teilrevidierten Richtplans haben sich dann aber die regionalen Vertreter unterschiedlich wiedergefunden. Trotzdem wurde dieser nach eingehender und umfassender Beratung mit 97 zu 12 Stimmen genehmigt. Die Frage, wie stark der Kanton Luzern wachsen soll, führte im Rat zu verschiedenen Anträgen. Der Regierungsrat rechnet bis ins Jahr 2035 mit einem Bevölkerungswachstum von 60‘000 Personen auf 450‘000 Personen. Der Richtplan will das Wachstum auf die Stadt, Agglomeration und entlang der Hauptentwicklungsachsen konzentrieren. Mit der Genehmigung soll nun in den Zentren ein Wachstum von einem Prozent möglich sein, auf den Entwicklungsachsen eines von 0,75% und in den ländlichen Gemeinden von 0,5%. Das hat zur Auswirkung, dass 75% des Wachstums in den Zentren, auf den Hauptentwicklungsachsen und in der Agglomeration angestrebt werden und 25% in den ländlichen Gebieten. Sämtliche Anträge, die auf eine andere Verteilung hinzielten wurden vom Parlament abgelehnt.

Volksinitiative «Für eine bürgernahe Asylpolitik»

Aus aktuellen Gründen hat dieses Thema zusätzlich eine besondere Brisanz erhalten. Es wurde denn auch ausführlich zusammen mit drei hängigen und neun dringliche Vorstössen einen halben Tag lang diskutiert. Mit dieser Volksinitiative will das Initiativkomitee der SVP diverse Bestimmungen zum Luzerner Asylwesen in der Kantonsverfassung verankern. Bereits im Januar 2014 lehnte der Kantonsrat die Initiative ab, weil aus seiner Sicht die Anliegen der Initianten im kantonalen Recht sowie im Bundesrecht bereits geregelt sind. Zudem erklärte er die Initiative teilweise für ungültig. Konkret sah er in den Begehren den Aufenthalt von Asylsuchenden in einer Gemeinde auf ein Jahr zu begrenzen sowie Asylzentren ausserhalb der Bauzone zu errichten, als Verstösse gegen das Bundesrecht.

Gegen den Beschluss der teilweisen Ungültigkeitserklärung erhob die SVP Beschwerde beim Bunddesgericht und forderte deren Aufhebung. Mit Urteil vom 04. März 2015 hiess das Bundesgericht die Beschwerde teilweise gut. Wie der Kantonsrat erachte es auch das Bundesgericht die Errichtung von Asylzentren ausserhalb der Bauzone ebenfalls als ungültig. Hingegen die Anregung zur Begrenzung der Aufenthaltsdauer von Asylsuchenden in einer Gemeinde wurde jedoch als zulässig beurteilt. Der Regierungsrat beantragte jedoch mit der vorliegenden Ergänzungsbotschaft erneut die Ablehnung der Initiative. Diesem Antrag ist das Parlament nach erfolgter Beratung auch logischerweise klar mit 82 gegen 26 Stimmen gefolgt. Logischerweise? Es kann kaum der Lösungsansatz sein, dass Asylsuchende und Schutzbedürftige ohne Aufenthaltsbewilligung nach einem Jahr die Gemeinde wechseln müssten. Das wäre Treten an Ort und dadurch würde ein erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand mit entsprechenden Kostenfolgen entstehen. In den übrigen Punkten der Initiative ist ebenfalls kein Handlungsbedarf, da diese im kantonalen Recht sowie im Bundesrecht bereits geregelt sind.

Erwin Arnold
Gemeinderat und Sozialvorsteher
Kantonsrat CVP, Buchrain

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Asyl: Es besteht auch das Gefühl alleine gelassen zu sein!

Man kann und darf in der ganzen Thematik berechtigterweise unterschiedlicher Auffassung sein. Auch Emotionen sind nicht völlig auszublenden und haben berechtigterweise Platz – auf und von beiden Seiten. Es ist ein Problem, das wir nur im Verbund zwischen Bund, Kanton und Gemeinden lösen können. Ich stelle fest, dass die Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden sehr gut funktioniert und der Kanton die Gemeinden ernst nimmt.

Hingegen seien Fragezeichen gegenüber dem Bundesrat und den eidgenössischen Parlamentariern erlaubt. Betrachtet man die Gangart des Bundesrates und das Schweigen der eidgenössischen Parlamentarier, so kommt man nicht um den Eindruck herum, dass Bodenhaftung fast gänzlich fehlt und dass man sich als Gemeindevertreter schon etwas alleine gelassen fühlt. Und wenn man dann auf Anfragen nicht einmal Antworten erhält, ja dann – erst recht. Oben die gute und grosszügige Haltung gegen aussen – und die da unten sollen oder werden es dann richten. Das wird auf die Dauer nicht aufgehen. In der ganzen Thematik ist aber auch die Rolle der Medien kritisch zu hinterfragen.