Amtliche Dokumente werden in Zukunft öffentlich

LUZERN – Der Kanton Luzern will künftig amtliche Dokumente auf Anfrage hin zugänglich machen. Mit einer Änderung des Organisationsgesetzes soll das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung eingeführt werden. Ein entsprechender Entwurf wurde in die Vernehmlassung gegeben.

Im Kanton Luzern soll künftig das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung gelten. Jede Person soll Zugang zu amtlichen Dokumenten der kantonalen Verwaltung erhalten, ohne dass sie ein besonderes, schutzwürdiges Interesse an der Einsichtnahme nachweisen oder auch nur glaubhaft machen muss. Der Regierungsrat hat, aufgrund einer vom Kantonsrat 2011 teilweise erheblich erklärten Motion, Entwürfe für die nötigen Gesetzesänderungen in die Vernehmlassung gegeben. Vorgesehen sind Änderungen des Organisationsgesetzes sowie des Datenschutzgesetzes, des Gemeindegesetzes, des Justizgesetzes und des Archivgesetzes. Mit der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips wird insbesondere die Transparenz der kantonalen Verwaltung hinsichtlich ihres Auftrages, ihrer Organisation und ihrer Tätigkeit erhöht. Mit den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sollen auch die Gemeinden die Möglichkeit erhalten, das Öffentlichkeitsprinzip einzuführen.

Vom Amtsgeheimnis zum Öffentlichkeitsprinzip
Bis heute ist gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichtes mit dem Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit lediglich das Recht garantiert, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren. Die Mitglieder der Behörden und die Angestellten der Verwaltung haben sich an das Amtsgeheimnis zu halten. Wer heute Einsicht in amtliche Dokumente erhalten will, muss seinen Anspruch im Einzelfall begründen. Mit der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips fällt die Begründungspflicht weg. Der Gesetzesentwurf regelt den Zugang zu den amtlichen Dokumenten und legt fest, in welchen Bereichen der kantonalen Verwaltung und für welche Kategorien der amtlichen Dokumente die Einsicht ausgeschlossen ist. Darüber hinaus kann die Verwaltung im Einzelfall den Dokumentenzugang ausschliessen oder einschränken, wenn überwiegende öffentliche oder private Interessen beeinträchtigt werden – zum Beispiel im Bereich öffentlicher Sicherheit oder wenn es um das Geschäftsgeheimnis von Privaten geht. Die Behörde muss die Verweigerung der Einsichtnahme begründen, und ihr Entscheid kann angefochten werden. Enthalten die amtlichen Dokumente persönliche Daten, gelten die besonderen Regeln des Datenschutzrechtes. Bei den amtlichen Dokumenten, die künftig dem Öffentlichkeitsprinzip unterliegen, kann es sich um Berichte, Stellungnahmen, Pläne, Statistiken und dergleichen aus abgeschlossenen Verfahren handeln. Die Aufzeichnungen können in Schrift, Bild oder Ton vorliegen und es spielt keine Rolle, ob die Dokumente gedruckt oder nur elektronisch vorhanden sind. Dokumente, die erst im Entwurf vorhanden sind, fallen nicht unter das Öffentlichkeitsprinzip. Für welche Stellen gilt das Öffentlichkeitsprinzip? Nach dem Organisationsgesetz nehmen der Regierungsrat, die Departemente, die Staatskanzlei und die Dienststellen die Aufgaben der kantonalen Verwaltung wahr. Für sie soll das Öffentlichkeitsprinzip grundsätzlich gelten. Der Regierungsrat soll gemäss dem Gesetzesänderungsentwurf ermächtigt werden, den Geltungsbereich des Öffentlichkeitsprinzips durch Verordnung auf kantonale Anstalten auszudehnen. Um für den Regierungsrat das Kollegialprinzip gemäss § 53 der Kantonsverfassung zu wahren, bleiben Anträge, Entwürfe und Mitberichte der Departemente an den Regierungsrat auch nach Einführung des Öffentlichkeitsprinzips nicht zugänglich.

Das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung gilt nicht für den Kantonsrat und die Gerichte. Dort kommen weiterhin die bestehenden Regelungen in der Kantonsverfassung und in den Gesetzen zur Anwendung. So hält die Kantonsverfassung fest, dass die Vorberatungen und Abklärungen in den Kommissionen nicht öffentlich sind; ohne diese Regelung wäre das Funktionieren des Parlamentes in Frage gestellt. Auch für die Gerichte gelten spezifische Verfassungsbestimmungen und Verfahrensregelungen.

Datenschutz soll gewahrt werden
Gemäss Artikel 13 der Bundesverfassung hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privatlebens und auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten. Vom Schutzbereich dieses Grundrechts erfasst ist jedwelcher Umgang mit personenbezogenen Daten, somit insbesondere die Weiter- und Bekanntgabe von Personendaten. Streng genommen besteht ein grundsätzlicher Konflikt zwischen dem Persönlichkeitsschutz und dem Zugang zu Akten mit Personendaten. Der Entwurf stellt deshalb zur Diskussion, im Datenschutzgesetz eine neue Bestimmung aufzunehmen, die den Zugang zum amtlichen Dokument mit anonymisierten Teilen ermöglicht. Ausserdem könnte ausnahmsweise trotz fehlender Einwilligung der betroffenen Person der Zugang gewährt werden, wenn wichtige öffentliche Interessen ein erhöhtes Transparenzbedürfnis zur Folge haben. Bereits bei der Totalrevision der Staatsverfassung stand das Öffentlichkeitsprinzip zur Diskussion und war im Verfassungsentwurf des Regierungsrates vom 22. November 2005 enthalten. Das Parlament hat dies auf Antrag der vorberatenden Kommission aus der Vorlage gestrichen. Die Bedenken galten damals einem grösseren Verwaltungsaufwand, der sich insbesondere für die Gemeinden hätte ergeben können. Weiter wurde befürchtet, dass auf Gesetzesstufe viele Bereiche vom Öffentlichkeitsprinzip ausgenommen werden müssten. Eine lange Ausnahmeliste wie im Bundesgesetz, so argumentierte der Grosse Rat damals, trage zur Unübersichtlichkeit statt zur Transparenz bei. In der Januarsession 2011 erklärte der Kantonsrat die Motion von Alain Greter auf Antrag des Regierungsrates als teilweise erheblich. Die Regierung erwähnte in ihrer Antwort unter anderem die weniger weit als das Bundesgesetz gehenden Regelungen anderer Kantone und sicherte zu, den bei der Verfassungsdiskussion geäusserten Bedenken Rechnung zu tragen.