Wie kommen wir zu mehr Fachkräften?

In der Arbeitswelt herrscht akuter Fachkräftemangel: Mit welchen Rezepten lässt sich dieser mindern? Hier die Antworten der Fraktionschefs der sechs im Kantonsrat vertretenen Parteien. (api)

Adrian Nussbaum, Fraktionschef Die Mitte

Der Fachkräftemangel betrifft nicht nur hochqualifiziertes Fachpersonal, sondern viele Bereiche – in der Privatwirtschaft wie in der öffentlichen Verwaltung. Die Demografie, sicher die Hauptursache des Fachkräftemangels, können wir nicht beeinflussen. In meinen Augen ist es – im Sinne eines eigenverantwortlichen Handelns – Aufgabe der Wirtschaft, mittels entsprechender Strukturen sowie interner Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gegen den Fachkräftemangel anzutreten. Auf der anderen Seite muss der Kanton Luzern Rahmenbedingungen schaffen, die dem Problem entgegenwirken: Im Wettbewerb um die Attraktivität für Unternehmen muss er einen Spitzenplatz belegen. Die Hausaufgaben zur Vereinbarung von Beruf und Familie müssen aktiv angegangen werden. In den Bereichen Raumplanung und Mobilität müssen wir dafür sorgen, dass sich ansässige Firmen weiterentwickeln und sich neue Unternehmen hier ansiedeln können. Und nicht zuletzt müssen wir den Bildungsstandort Luzern stärken. Eine wirtschaftsfreundliche Politik ist nicht nur ein Rezept gegen den Fachkräftemangel, es ist auch die Basis für die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen sowie das Generieren von Steuereinnahmen aus Unternehmen.

Adrian Nussbaum, Fraktionschef Die Mitte

Georg Dubach, Fraktionschef FDP

Der Wirtschaftsstandort Luzern braucht mehr Fachkräfte und weniger komplizierte Administrativ­prozesse. Die Ursachen des Fachkräftemangels sind vielfältig und komplex. Bei der Bekämpfung ist eines der Handlungsfelder das Bildungswesen. Das duale Berufsbildungssystem als wichtiger Pfeiler des Erfolgsmodells Schweiz sorgt für gut ausgebildete Fachkräfte und muss gestärkt werden. Dazu haben wir zum Beispiel die Überprüfung des Berufs-/Studienwahlprozesses an den Untergymnasien gefordert. Zudem erwarten wir von der Regierung eine Einordnung, wie sich die kultur- und sozialwissenschaftlichen Studiengänge der Uni Luzern auf die Bekämpfung des Fachkräftemangels auswirken. Obwohl die Absolventinnen und Absolventen mit Abstand am längsten staatlich finanziert ausgebildet wurden, liegt ihr Erwerbslosenanteil ein Jahr nach Studienabschluss dreimal höher als der Schweizer Durchschnitt. Ein weiteres Handlungsfeld ist unser Steuersystem. Dieses führt insbesondere bei gut ausgebildeten Ehepaaren zu negativen Arbeitsanreizen. Unsere Partei fordert deshalb mittels einer Initiative die Abschaffung der Heiratsstrafe. Gleichzeitig muss die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden.

 

Georg Dubach, Fraktionschef FDP

Korintha Bärtsch, Co-Fraktionschefin Grüne

Der Fachkräftemangel lässt sich nur mit einem Strauss an Massnahmen bewältigen. Es muss uns künftig gelingen, mehr Mütter und Väter wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen und Migrantinnen und Migranten sowie Menschen mit Behinderungen Zugang zum Arbeiten zu ermöglichen. Wie schaffen wir das? Mit den richtigen Rahmenbedingungen. Wir brauchen genügend und bezahlbare Kindertagesstätten, eine Elternzeit sowie ein flächendeckendes Angebot an Tagesschulen. Geflüchtete sollen unkompliziert arbeiten dürfen. Die Bewilligungspflicht für die Erwerbstätigkeit von Asylsuchenden gehört abgeschafft. Die verbesserte berufliche Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt erreichen wir mit verbindlichen Zielvorgaben für diese Menschen und indem wir den Diskriminierungsschutz auf private Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ausweiten. Ein weiterer Schlüssel für mehr Fachkräfte liegt in der Bildung. Es hat sich gezeigt, dass Bildungsgutscheine Weiterbildungen fördern. Davon brauchen wir mehr, auch im Kanton Luzern. Und als Naturwissenschafterin liegt mir besonders am Herzen, dass mehr Mädchen einen technischen Beruf erlernen und damit die Energie- und Klimawende tatkräftig mitgestalten.

Korintha Bärtsch, Co-Fraktionschefin Grüne

Claudia Huser, Fraktionschefin GLP

Von der Pflege über die Gastronomie und das Ausbaugewerbe bis hin zur IT: Fast alle Branchen kämpfen mit dem Fachkräftemangel. Ein Grund dafür liegt in der demografischen Entwicklung. Zurzeit gehen mehr Personen in den Ruhestand als neu ausgebildete Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt kommen. Umso wichtiger, dass wir das vorhandene Arbeitskräftepotenzial auch wirklich nutzen. Als Politikerinnen und Politiker können wir mit der Verbesserung von Kinderbetreuungsangeboten und der Schaffung von Tagesschulstrukturen dafür sorgen, dass sich Familie und Beruf besser vereinbaren lassen und alle Eltern in dem von ihnen maximal gewünschten Pensum arbeiten können. Wichtig ist auch das Potenzial der in der Schweiz lebenden Geflüchteten. Sie gilt es, durch geeignete Massnahmen besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Gefordert sind auch die Unternehmen. Flexiblere Arbeitszeiten und neue Arbeitsmodelle erhöhen die Attraktivität eines Arbeitgebers. Und als Gesellschaft müssen wir uns auf die Stärken unseres dualen Berufsbildungssystems zurückbesinnen. Nicht jede oder jeder muss an die Uni. Eine solide Grundbildung und gezielte Weiterbildung sind genauso erfolgsversprechend für die berufliche Zukunft.

Claudia Huser, Fraktionschefin GLP

Marcel Budmiger, Fraktionschef SP

Wer mehr Fachkräfte will, muss sie ausbilden, anständig entlöhnen und auch Müttern weiterhin die Berufstätigkeit ermöglichen. Der Kanton Luzern ist diesbezüglich schlecht unterwegs. Der Anteil an Stipendienbeziehenden an der Gesamtbevölkerung ist in keinem Kanton tiefer als in Luzern. Es braucht aber Investitionen in die Aus- und Weiterbildung der Bevölkerung. Wer ausgebildet ist und arbeiten möchte, soll dies auch tun können. Doch auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird vom Kanton Luzern vernachlässigt. Hier setzt die Initiative unserer Partei für bezahlbare Kitas an. Mit einer flächendeckenden Versorgung mit familienergänzender Kinderbetreuung werden vor allem Frauen motiviert, wieder eine Arbeitsstelle oder ein höheres Pensum anzunehmen. Gerade auf der Landschaft fehlen Betreuungsplätze und wenn es sie gibt, sind sie oft zu teuer. Zudem braucht es attraktive Arbeitsbedingungen und Mindestlöhne. Wer eine Berufslehre hat, soll mindestens 5000 Franken verdienen. Akuter Mangel herrscht im Pflegebereich, wo es dringend eine Entlastung des Personals braucht. Aus diesem Grund kommt demnächst ein weiterer Vorstoss meiner Partei gegen den Pflegenotstand ins Parlament.

Marcel Budmiger, Fraktionschef SP

Armin Hartmann, Fraktionschef SVP

Wir brauchen eine effektive, auf den Arbeitsmarkt ausgerichtete Ausbildung. Durch gute Rahmenbedingungen müssen die Unternehmen den frühen Eintritt ins Erwerbsleben attraktiv gestalten. Die Berufsbildung muss gestärkt werden, und wir müssen auf eine unnötige Akademisierung von Berufen verzichten. Für Arbeitstätige sind Anreize zu schaffen, damit sie freiwillig mehr arbeiten. Das kann eine Erhöhung des Arbeitspensums oder bei älteren Mitarbeitenden auch ein längeres Verbleiben im Erwerbsleben sein. Wir müssen geeignete Rahmenbedingungen schaffen, damit auch Menschen mit Betreuungsaufgaben im Berufsleben aktiv sein können. Die geplante Erhöhung der Kinderabzüge ist ein Schritt in diese Richtung. Für ältere Arbeitnehmende sind Anpassungen bei den Sozialversicherungen zu prüfen. Durch eine Stärkung der Arbeitsintegration können wir die aktuell Nichterwerbstätigen rascher in den Arbeitsmarkt holen. Dies betrifft Arbeitslose, Menschen mit einer gesundheitlichen Einschränkung oder Menschen aus dem Flüchtlingsbereich, die nicht mehr in ihr Heimatland zurückkehren werden. Für gut Qualifizierte soll eine massvolle Zuwanderung möglich sein. Dafür müssen die administrativen Schranken abgebaut werden.

Armin Hartmann, Fraktionschef SVP