Paul Infanger, ehrenamtlicher Berghilfe-Experte «Die Arbeit fordert und bringt Abwechslung»

Die Schweizer Berghilfe besteht seit 70 Jahren und hilft der Bergbevölkerung, die Lebensgrundlagen zu verbessern, die sozialen Strukturen zu stärken und das natürliche Umfeld aufzuwerten. Nebst einer professionellen Geschäftsstelle setzen sich zahlreiche Freiwillige für die Stiftung ein. Einer davon ist Paul Infanger aus Udligenswil.

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Tierarzt Paul Infanger hatte viele Jahre lang eine eigene Praxis in Udligenswil und wirkte in den letzten zehn Berufsjahren als Kantonstierarzt des Kantons Luzern. Seit 2007 setzt er sich als ehrenamtlicher Experte für die Schweizer Berghilfe ein. Als er nach seiner Pensionierung über einen Kontakt in seinem näheren Umfeld angefragt wurde, sagte er zu und besuchte einen Einführungskurs der Organisation. Seither gehört er zum rund 35-köpfigen Freiwilligen-Expertenteam, das die eingehenden Gesuche prüft. Für diese Aufgabe ist er drei bis vier Tage pro Monat unterwegs – einmal mehr, einmal weniger. Er profitiert von seinen langjährigen Berufserfahrungen und seinem vertieften Wissen um die Situation der Bauern.

Intensive Prüfung

Weil die Experten aus Gründen der Unabhängigkeit nicht in ihrem eigenen Kanton arbeiten dürfen, war Paul Infanger anfangs für das Untertoggenburg zuständig; als dann das Urnerland frei wurde, nutzte er die Chance und wechselte dorthin, wo die Bauern besonders schollenverbunden sind – trotz der oft sehr beschwerlichen Umstände. «Das ist mein Gebiet», drückt er seine Vorliebe für alpine Regionen aus. Die Aufgabe ist jedoch grundsätzlich überall die gleiche; wenn jemand ein Gesuch einreicht, kommt es von der Geschäftsstelle zum zuständigen Experten. Er prüft zuerst das teils umfangreiche Dossier nach den Kriterien, die für alle Anfragen einheitlich festgelegt sind. Um sich vor Ort ein Bild zu machen, reist der ehrenamtliche Berghilfe-Mitarbeiter dann dorthin, wo das Vorhaben realisiert werden soll. Nach diesem persönlichen Gespräch und Prüfung gemäss den Unterlagen gibt er seinen Antrag in Form eines Berichts an den Projektausschuss weiter. Als leidenschaftlicher Berggänger verbindet Paul Infanger seine Augenscheine nach Möglichkeit gerne mit einer Wanderung. Grössere Projekte sind entsprechend aufwändiger, werden jeweils von Anfang an begleitet und zu zweit beurteilt. Einmal jährlich findet zudem die Expertentagung statt, bei der man sich austauscht, Workshops abgehalten und wichtige Fragen und Neuerungen besprochen werden.

 

Unterstützung mit grossem Nutzen

Die Schweizer Berghilfe finanziert sich ausschliesslich durch Spenden. Im vergangenen Jahr unterstützte sie 562 Projekte mit insgesamt 28.5 Millionen Franken. Einige davon gingen durch Paul Infangers Hände. Beispiele der letzten Jahre sind der Ausbau des Wohnhauses einer Bergbauernfamilie mit sechs Kindern, die in prekären Platzverhältnissen lebte. In Gitschenen, der höchstgelegenen ganzjährig bewohnten Siedlung der Gemeinde Isenthal, half die Schweizer Berghilfe mit, die Personenseilbahn zu sanieren und damit fünf Bauernhöfen sowie fünf Alpwirtschaften die Erschliessung zu sichern. Die Korporation Wassen  bekam Geld für eine neue Brücke über die Maienreuss, so dass Viehtrieb, Heu- und Holztransporte weiter möglich sind. Ein wichtiges Kriterium für eine positive Beurteilung, betont Paul Infanger, sei immer, dass eine Wertschöpfung generiert oder Arbeitsplätze geschaffen werden und damit eine Verbesserung der Existenzgrundlage herbeigeführt werden kann. Nach zwei Jahren wird bei grösseren Projekten immer, bei kleineren stichprobenweise eine eingehende Wirkungsmessung vorgenommen und geschaut, ob die gesetzten Ziele erreicht worden sind.

 

Abwechslungsreiche Arbeit

Für die Schweizer Berghilfe hat sich Paul Infanger entschieden, weil es eine gute, professionell arbeitende Organisation ist, hinter der er uneingeschränkt stehen kann. Da er selbst elf Geschwister hatte, hat er ein Herz für kinderreiche Familien und freut sich, wenn er für sie etwas bewirken kann. Aber auch innovative Gemeinschaftsprojekte wie Alpkäsereien oder die gemeinsame Vermarktung eigener Produkte begeistern ihn, weil die Hilfe zur Selbsthilfe dabei auf besondere Weise zum Tragen kommt. «Die Arbeit fordert einen, ist sinnerfüllt und abwechslungsreich», hält er fest und will deshalb noch ein paar Jahre weitermachen.

Sonja Hablützel