Olivier Prince: „Es war für alle eine grosse Herausforderung“

Nächsten Montag dürfen die Kinder nach der Home-Schooling-Zeit wieder zum Präsenzunterricht. Dieses Stück Normalität ist nun für viele eine Erleichterung.

Nach dem Lockdown befindet sich die Schweiz nun auf dem Weg zurück zur Normalität. Am nächsten Montag machen vor allem die Kleinen einen grossen Schritt: Die Kinder dürfen wieder zum Präsenzunterricht ihrer Schule! Somit liegt eine anspruchsvolle Zeit mit Home Schooling hinter den Schülern, den Eltern und den Lehrern. Wir haben mit Olivier Prince, Rektor der Schulen in Ebikon, über die bevorstehende Wiederöffnung der Schulen, die Erfahrungen im Home Schooling und die Herausforderungen der vergangenen Wochen gesprochen. 

Seit dem 29. April steht fest: Die Schulen öffnen wieder am 11. Mai. Wie haben Sie diesen Entscheid aufgenommen?
 
Olivier Prince: Wir freuen uns, dass wir die Schule wieder aufmachen und die Schülerinnen und Schüler wieder in den Klassenzimmern zum Präsenzunterricht begrüssen dürfen.
 
Ist es aus Ihrer Sicht der richtige Schritt zur richtigen Zeit?
 
Prince: Aus Sicht der Epidemiebekämpfung kann ich das nicht beurteilen, da ich kein
Fachmann bin. Die rückläufigen Zahlen von Ansteckungen, wie auch die Tatsache, dass Kinder weniger stark oder gar ohne Symptome erkranken, lassen mich diesen Schritt mit Zuversicht angehen. Ich glaube auch, dass viele Eltern, Schülerinnen und Schüler und auch Lehrpersonen froh sind, dass der Präsenzunterricht wieder startet und somit wieder etwas Normalität im Alltag einkehrt.
 
Was für eine Zeit liegt nun bald hinter Ihnen und der Schule Ebikon?
 
Prince: Eine sehr bewegte! Die Schule Ebikon wurde von dieser Krise überrascht und musste, wie alle anderen auch, sehr schnell reagieren. Innert weniger Tagen haben unsere
Lehrerinnen und Lehrer ihren Unterricht komplett vom Präsenz- auf Fernunterricht umgestellt. Dank dem grossen Engagement und der hohen Flexibilität der Lehrpersonen,
der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern hat sich der Fernunterricht sehr rasch
etabliert.
 
Wie waren der Kontakt und die Rückmeldungen seitens der Lehrerschaft während dieser Wochen?
 
Prince: Die Schulleiterinnen und Schulleiter standen in ständigem direkten Kontakt mit den Lehrpersonen und Mitarbeitenden. Es war für alle eine grosse Herausforderung. Einige Lehrpersonen und Mitarbeitende engagierten sich zusätzlich bei der Notfallbetreuung, für Einkaufsdienste im Wohnheim oder bei der Seniorenbefragung.
 
Hatten Sie auch Kontakt zu Eltern schulpflichtiger Kinder? Wie nahmen Sie die Stimmung da wahr?
 
Prince: Die Schule stand in regem Austausch mit den Eltern und hat diese auch motiviert, sich bei Fragen oder Unsicherheiten jederzeit zu melden. Der Einsatz und die Unterstützungsbereitschaft der Eltern war jederzeit sehr gross. Dass wir bei der konkreten Ausgestaltung des Fernunterrichts nicht jeden einzelnen Wunsch erfüllen konnten, ist klar – so wünschten sich einige Eltern mehr Aufträge für ihre Kinder, während andere meinten, die Aufträge wären viel zu viel. Trotz dieser teils unterschiedlichen Auffassungen blieb die Stimmung ruhig und positiv.
 
Wie haben Sie persönlich diese Zeit erlebt?
 
Prince: Auch bei mir wurde viel Kreativität und Ruhe verlangt. Arbeitszeiten und Schwerpunkte haben sich komplett verlagert. Organisatorische und technische Fragen standen zu Beginn im Vordergrund.
 
Was war aus Ihrer Sicht die wichtigste Aufgabe der Schule während der Zeit, als die Kinder zuhause waren?
 
Prince: In einer ersten Phase mussten wir versuchen alle Kinder zu erreichen und möglichst schnell eine gewisse „Normalität“ und einen Rhythmus in die neue Situation zu bringen. Was schwierig war und auch fehlte, sind die sozialen Kontakte.
 
Unter welchen Bedingungen wird der Schulbetrieb am 11. Mai nun fortgesetzt?
 
Prince: Wir werden den Schulbetrieb nach den nationalen und kantonalen Vorgaben wieder
öffnen. Grundsätzlich werden wir nach Stundenplan unterrichten. Natürlich werden die
vorgegebenen Schutzmassnahmen eingehalten.
 
Was sagen Sie zu den kantonalen Richtlinien, dass die Klassen wieder vollständig zur Schule kommen werden? (Anm. d. Red. In anderen Kantonen startet man beispielsweise in Halbklassen)
 
Prince: Dieser Entscheid entlastet sowohl die Schule wie auch die Eltern. Beim Halbklassenunterricht hätte zusätzlich ein Betreuungsdienst aufgebaut werden müssen und die Lehrpersonen wären mit Präsenzunterricht und Fernunterricht gleichzeitig gefordert gewesen. Für die Eltern wäre ein unregelmässiger Stundenplan mit verschiedenen Unterrichtszeiten für die Kinder eine grosse Herausforderung geworden.
 
Wie können gefährdete Lehrer oder Schüler geschützt werden?
 
Prince: Schwer gefährdete Schülerinnen und Schüler können auf Antrag an das Rektorat dem Präsenzunterricht fernbleiben. Das Gleiche gilt für Lehrpersonen. Wir werden jeden Fall individuell besprechen. Ich gehe nicht davon aus, dass es viele sein werden. Zusätzlich sind natürlich verstärkte Schutzmassnahmen – wie zum Beispiel das Tragen von Masken – möglich. Lehrpersonen können auch für andere Aufgaben als für das Unterrichten eingesetzt werden.
 
Welche Massnahmen ergreift die Schule Ebikon nun zusätzlich?
 
Prince: Wir haben die Hygiene- und Distanzregeln angepasst und intensiviert. Diese werden auch mit den Schülerinnen und Schülern besprochen. Auch werden wir in diesem Schuljahr auf sämtliche Grossanlässe wie Schlussfeiern und klassenübergreifende Anlässe verzichten. Auch die Präsenz der Eltern auf dem Schulhausareal soll auf ein Minimum reduziert werden.
 
Was nehmen Sie als Rektor aus den vergangen – eher schwierigen – Wochen mit? Sieht man auch positive Aspekte dieser Ausnahmesituation?
 
Prince: Sehr viele Akteure – von den Schülerinnen und Schülern über Eltern bis zu den Lehrpersonen und Behörden – haben sich trotz hoher Belastung beispielhaft verhalten. Das war äusserst erfreulich. Die Situation hat aber auch aufgezeigt, dass neue digitale Lösungen erst dann zielführend eingesetzt werden können, wenn wir diese kompetent anwenden können. Ich bin stolz, wie gut die Schule, die Schülerinnen und Schüler und die Eltern das hinbekommen haben, trotzdem sehe ich hier noch Entwicklungspotenzial. Und noch wichtiger: Bei aller Technik: Die sozialen Kontakte können zu Hause oder mit dem Laptop nicht ersetzt werden. Da ist der Unterricht im Schulhaus eminent wichtig!
 
Wie wird uns und die Schüler diese Sache aus Ihrer Sicht auch in Zukunft beeinflussen?
 
Prince: Sicher haben viele Schülerinnen und Schüler Fortschritte im digitalen Bereich gemacht, vielleicht auch im selbständig arbeiten. Diese Erfahrung ist enorm wertvoll und wird unsere junge Generation ein Leben lang prägen.
 
Sind Sie froh, dass nun bald wieder „Normal-Betrieb“ vorherrscht? 
 
Prince: Ja!
 
Text und Interview: Sara Häusermann
Olivier Prince, Rektor der Schulen Ebikon.
 

 
Nach fast zwei Monaten Unterbruch dürfen die Schülerinnen und Schüler der obligatorischen Schulen (Primar- und Sekundarschule, 1. und 2. Klasse Untergymnasium) wieder mit dem Präsenzunterricht starten. Der reguläre Schulbetrieb wird hochgefahren. Am 8. Juni folgen die weiteren Klassen der Gymnasien und der Berufsfachschulen.
 
Der Bundesrat hat am 29. April 2020 ein Schutzkonzept für die Kantone vorgelegt, damit die nach wie vor geltenden BAG-Vorgaben zu Hygiene und Abstand eingehalten werden können.
 
Regierungsrat Marcel Schwerzmann ist überzeugt, dass die Schulöffnung im Kanton Luzern gut und geordnet vonstattengehen wird. «Wir sind bereits weit in der Vorbereitung der Umsetzung und haben für alle Schulstufen konkrete Schritte vorgesehen, um einen so weit wie möglich normalen Schulbetrieb aufnehmen zu können.» Die Schulleitungen und Lehrpersonen – so der Bildungsdirektor – werden mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein die kommenden Herausforderungen anpacken.pd
 
 
Im Schulhaus Feldmatt kehrt bald wieder Leben ein.
Das Schulhaus Wydenhof in Ebikon.