Grosses Fischsterben in der Schweiz hält weiter an

Die Befürchtungen des Schweizerischen Fischerei-Verbandes SFV sind eingetreten: Aktuell findet ein Fischsterben historischen Ausmasses statt – auch im Luzerner Mittelland. Gewisse Arten sind lokal existenziell gefährdet. Umso vehementer wehrt sich der SFV dagegen, dass aus den Bächen auch noch der letzte Tropfen für die Wasserkraft genutzt wird.

Aus dem ganzen Mittelland, dem Jurasüdfuss und der Ostschweiz melden
Fischerinnen, Fischer und Kantone in hoher Kadenz ausgetrocknete Gewässer und
tote Fische. „Es ist die reinste Katastrophe, man kann es leider nicht anders sagen“,
hält Roberto Zanetti als Zentralpräsident des Schweizerischen Fischerei-Verbandes
fest. SFV-Geschäftsführer David Bittner ergänzt: „Es zerreisst uns das Herz, wenn wir
zusehen müssen, wie die Fische nach Sauerstoff schnappen oder leblos in den
ausgetrockneten Pfützen der Gewässer liegen.“

Forellen und Äschen sterben

Das Fischsterben durch die Hitze zerstört mit einem Schlag brutal das jahrelange
Hegen und Pflegen der Gewässerabschnitte und der Fischbestände durch die lokalen
Fischereivereine, Pachtgruppen und Fischereibehörden. Besonders stark vom
Fischsterben betroffen sind die kältebedürftigen Arten, insbesondere Forellen und
Äschen. Unter Druck geraten aber auch zunehmend Nasen, Barben, Groppen,
Elritzen und Schmerlen. Bereits 20 Grad Wassertemperatur bedeutet für sie Stress,
ab 23 Grad wird es kritisch und über 25 Grad lebensbedrohlich. Aktuell werden in
Bächen und Flüssen vielerorts täglich neue Rekordtemperaturen gemeldet, oft
deutlich über 25 Grad.

Noch mehr Arten könnten verschwinden

Der Schweizerische Fischerei-Verband ist hoch alarmiert, wenn er in die Zukunft
schaut. Bereits heute sind drei Viertel aller einheimischen Fischarten gefährdet, vom
Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben. „Wir müssen alles daransetzen, dass
unsere Gewässer lebendig bleiben“, so Bittner. Er zitiert Modellrechnungen des
Bundes, wonach es im Mittelland bis in einigen Jahrzehnten bei einem weiteren
Anstieg der globalen Temperaturen gar keine Forellen und Äschen mehr geben wird,
„falls Gesellschaft und Politik nicht endlich griffige Massnahmen gegen den
Klimawandel und die Biodiversitätskrise ergreifen“. Flüsse und Bäche müssten
schneller wieder in einen natürlicheren Zustand gebracht werden. Nur so seien Fische
in der Lage, die hohen Temperaturen abzufedern.

Politik ist gefordert

Der Schweizerische Fischerei-Verband muss feststellen, dass es um den qualitativen
Zustand unserer Gewässer schlecht steht, auch wenn die blauen Seen und grünen
Ufer der Tourismus-Werbung ein anderes Bild vermitteln. „Die Politik ist jetzt wirklich
gefordert, und zwar auf nationaler, kantonaler und auch kommunaler Ebene“, erklärt
SFV-Zentralpräsident und Ständerat Roberto Zanetti.

  • Kurzfristig müssen die (kantonalen) Behörden eine restriktive Praxis für
    Wasserentnahmen sowie einen respektvollen Umgang mit den
    Rückzugshabitaten der kältebedürftigen Fische umsetzen.
  • Der SFV pocht auf die schnellere Umsetzung des geltenden
    Gewässerschutzgesetzes. Dringend nötig sind Massnahmen zur Aufwertung der
    Gewässer und Wiederherstellung der freien Fischwanderung, damit die Fische in
    Trockenperioden selbständig kühlere und tiefere Bereiche auffinden können.
    Dafür braucht es an den Ufern Bäume zur Beschattung und Abkühlung sowie im
    Wasser Totholzstrukturen wie Wurzeln und Wurzelstöcke als Verstecke und
    Ruckzugsorte für die Fische.
  • Viel Potenzial liegt beim Lebenselixier Wasser selbst, Fische sowie alle
    Wassertiere und -pflanzen brauchen ganz einfach „Wasser zum Leben“. pd

Hände weg vom Restwasser!

Von grösster Bedeutung für das Wohl der Fische sind genügend Restwassermengen.
Damit spricht SFV-Zentralpräsident Roberto Zanetti den Druck gewisser Kreise auf
die Lockerung der Restwasservorschriften und sagt: „Es darf und kann nicht sein,
dass gerade in schwierigen Zeiten auch noch der letzte Tropfen aus den Gewässern
für die Wasserkraft zur Energieerzeugung abgezogen werden soll und den Fischen
noch mehr Wasser weggenommen wird.“ Zumal das Potential der Wasserkraft bereits
zu über 95 Prozent ausgeschöpft sei. Der kurzfristige ökonomische Nutzen stünde
schlicht und einfach in keinem Verhältnis zum unumkehrbaren ökologischen Schaden.