Ist ein Welschlandjahr heutzutage noch attraktiv?

«Ist ein Welschlandjahr heutzutage noch attraktiv?» In einer anonym gehaltenen Klassenarbeit mussten sich die deutschschweizerischen Schülerinnen der Internatsschule Ecole St-Paul in Porrentruy mit dieser Thematik auseinandersetzen.

Die 17 Schülerinnen der Klasse sind sich einig: Egal, ob es sich um eine Übergangslösung handelt, weil man noch auf der Suche nach einem passenden Beruf ist, noch keine Lehrstelle gefunden hat, oder weil man sich bewusst ist, dass viele Betriebe Angestellte mit guten Sprachkenntnissen bevorzugen, nach einem Jahr Unterricht an der jurassischen Schule ist man bereit für eine Berufsschule oder eine Lehre. Die Mädchen sind selbstbewusster und selbstständiger geworden. Sie haben gelernt, sich zu organisieren und sich in eigenständiger Arbeit neue Kenntnisse anzueignen.

Manchmal plagt das Heimweh

Ob dieses Jahr auf eigenen Wunsch hin oder auf Empfehlung ehemaliger Schülerinnen absolviert wurde, eine Aussage kommt bei allen zum Tragen: Es ist nicht immer leicht im Gruppenverband zu leben. Zu Beginn hatten alle – mehr oder weniger – Schwierigkeiten gegen ihr Heimweh anzukommen. Alle mussten sich an die Distanz zwischen Schule einerseits, Familie und Freundeskreis andererseits gewöhnen. Wenn man mit neuen Regeln konfrontiert wird, sich an einen strukturierten Tagesablauf gewöhnen und das Zimmer mit jemandem teilen muss, ist das nicht immer einfach.

Französisch erlernt man so einfacher

Hervorgehoben wird von den Beteiligten in erster Linie, dass man durch die französischsprechenden Mitschülerinnen ständig mit der Fremdsprache konfrontiert wird und diese folglich leichter erlernt. Hingegen lernt man nicht nur die französische Sprache, sondern man lernt fürs Leben, man lernt zu leben, ist die einhellige Meinung. Einstimmig wird ebenfalls festgehalten, dass es toll sei, neue Bekanntschaften mit Menschen aus anderen Kantonen der Schweiz zu schliessen und dass daraus nicht nur Erfahrungen fürs Leben, sondern auch Freundschaften fürs Leben entstünden.

Katholische Privatschule

Die Tatsache, dass es sich bei der Ecole St-Paul in Porrentruy um eine katholische Privatschule handelt, die von Ordensschwestern geführt wird, hat einige Schülerinnen vorgängig beschäftigt. Mehrere befürchteten, es könnte Probleme mit sich bringen, Schule und Freizeit in einem katholischen Mädcheninternat zu verbringen. Im Nachhinein waren jedoch alle der Ansicht, dass die Bezugspersonen und Lehrkräfte vermehrt auf die Schülerinnen eingingen und Hilfestellung leisteten und dass das Tag tägliche Zusammenleben mit Mitschülerinnen zusammenschweisst.

Eine gute Entscheidung

Die beiden folgenden Aussagen treffen sicher den Kernpunkt: «Bei meiner Anmeldung war ich mir nicht zu 100 Prozent sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Doch ich finde, es war eine meiner besten Entscheidungen.» Oder: «Ich empfehle jedem, einmal in seinem Leben über den eigenen Schatten zu springen und ein Welschlandjahr zu absolvieren. Es handelt sich um einen neuen Lebensabschnitt, wenn man an einen Ort zieht, an dem man noch nie zuvor war, der mehrere Stunden von Zuhause entfernt ist und an dem man noch niemanden kennt.» Weitere Infos unter www.ecole-st-paul.ch