Ein Ort erzählt seine Geschichte

EBIKON – Eröffnung des Rundgangs «Rathausen. Ein Ort erzählt seine Geschichte.»

Die Geschichte bleibt lebendig. In Rathausen wird seit dem 1. September auf dem Rundgang «Rathausen. Ein Ort erzählt seine Geschichte.» auf dem Areal der Stiftung für Schwerbehinderte Luzern die über 750jährige Vergangenheit des Klosters bis zur Gegenwart gezeigt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

In Zusammenarbeit mit dem Kanton Luzern hat die Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL und gemeinsam mit dem Institut für Geschichtsdidaktik und Erinnerungskulturen der Pädagogischen Hochschule Luzern die Bedeutung Rathausens als «Ort des Erinnerns» gewürdigt und einen Rundgang erstellt, der in 30 Stationen an historischen Orten Zeitzeugnisse wach hält.

Grösstes Kinderheim im Katon

In den letzten Jahren wurde im Kanton Luzern die Vergangenheit der Heim- und Verdingkinder im 19. und 20. Jahrhundert aufgearbeitet. Rathausen als grösstes Kinderheim im Kanton nimmt darin mit seiner rund 100-jährigen Geschichte, die auch Schatten warf, einen wichtigen Platz ein. Es ist in den letzten Jahren neben anderen Heimen durch Berichte von ehemaligen Heimkindern über Gewalt und Übergriffe ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Der Kanton Luzern will diesen Erinnerungsort bewahren. Er hat deshalb die Stiftung für Schwerbehinderte Luzern SSBL als heutige Eigentümerin und Betreiberin der Klosteranlage darin unterstützt, die Vorkommnisse in luzernischen Kinder- und Jugendheimen wachzuhalten. Die Pädagogische Hochschule Luzern mit dem Institut für Geschichtsdidaktik und Erinnerungskulturen unter der Leitung von Dr. Sabine Jenzer und Prof. Dr. Markus Furrer hat den Auftrag dazu erhalten. Sie wurden durch ehemalige Heimbewohnerinnen und -bewohner und weitere Betroffene unterstützt sowie in einer Begleitgruppe durch das Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons Luzern, verschiedene kirchliche Kreise, wie die katholische Landeskirche Luzern oder die Schwestern des Klosters Ingenbohl sowie weitere staatliche Institutionen begleitet.

Erlebnisse und Geschichten werden wach

Anhand von 30 Stationen an historischen Orten auf dem Areal Rathausen und im ehemaligen Kloster werden dem Publikum Einblicke in die vielfältige Nutzung der Anlage Rathausen im Laufe der Jahrhunderte gegeben. Hier lebten zunächst Klosterfrauen, danach angehende Lehrer, Soldaten der Bourbaki-Armee, Pockenkranke, Heimkinder und heute Menschen mit schweren Behinderungen. Viele Erlebnisse und Geschichten gibt es über ihre Zeit in Rathausen zu erzählen. Der Rundgang verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und er regt an, über die heutige Soziale Arbeit nachzudenken. Besucher begegnen auf dem Rundgang den heutigen Bewohnerinnen und Bewohnern von Rathausen, die auf dem Weg in eines der Ateliers im Klostergebäude sind, im Cafe einkehren oder einen Spaziergang übers Areal machen. Rathausen ist ein Ort, der lebt – mit der Vergangenheit.

Der Rundgang „Rathausen. Ein Ort erzählt seine Geschichte.“

Die Besucherinnen und Besucher können die verschiedenen Stationen selbständig und gemäss ihren Interessen besuchen und erkunden. Bildmaterial, sprechende Zitate und Quellenauszüge, Audio- und Videomaterial erzählen auf dem historischen Rundgang die Geschichte des Ortes und machen seine Atmosphäre zugänglich. Ehemalige Bewohnerinnen und Bewohner sowie andere Zeitgenossen erzählen von persönlichen Erlebnissen und Erinnerungen, Eindrücken und Erfahrungen. Hintergrundinformationen findet man in in gedruckter oder elektronischer Form und auf der Website www.rathausen.ch. Der Rundgang ist wochentags von 8 bis 17 Uhr geöffnet und für Gruppen auch am Wochenende und an Feiertagen auf Voranmeldung zugänglich. Der Eintritt ist frei.

750 Jahre bewegte Geschichte

Der Gebäudekomplex in Rathausen war zunächst während rund 600 Jahren ein Zisterzienserinnenkloster, das 1848 als Folge des Sonderbundskriegs und im Zuge der Säkularisierung aufgehoben wurde. Danach diente die Anlage als multifunktionaler Ort, an dem sich wichtige sozialhistorische Begebenheiten abspielten. So diente die Anlage zunächst als Lehrerseminar, nach dessen Wegzug wurden zwischenzeitlich Internierte der Bourbakiarmee im Klostergebäude beherbergt. Später wurde das Amtshaus kurzfristig als Pockenspital genutzt, bevor die Klosteranlage 1883 zu einem Kinderheim umfunktioniert wurde. Seit 1983 wird die Anlage von der Stiftung für Schwerbehinderte Luzern (SSBL) als Wohn- und Arbeitsstätte für Menschen mit Behinderungen betrieben.

Auf dem Rundgang durch das Klosterareal setzen verschiedene «Hotspots» Akzente. Bilder zVg.