
Besondere Ehre für Mario P. Hermann: Der Luzerner Musikjournalist – er schreibt auch regelmässig für unsere Zeitung – wurde exklusiv für das deutsche Rockmagazin «Rock Hard» interviewt. Wir liessen es uns nicht nehmen, den junggebliebenen Journalisten über seine Leidenschaft plaudern zu hören.
«Highlight meines Lebens»
Das Interview hat kaum begonnen, da wird klar: Mario P. Hermann hat viel zu erzählen. «Angefangen hat es in den 70er Jahren, da habe ich immer diese tollen Heftli gekauft.» Gemeint sind die damals gängigen deutschen Musikhefte wie Musik Express, Bravo, Pop/Rocky, Popfoto, Musik-Joker oder Rock Hard. Letzteres wurde in den 80er Jahren das erste Mal veröffentlicht. «Seit 35 Jahren habe ich keine Ausgabe verpasst!», meint der kommunikative Luzerner. Nun wurde ihm eine Seite in der Juli-Ausgabe gewidmet. Noch nie sei dies zuvor vorgekommen, dass ein Schweizer an dieser Stelle vorgestellt wurde. Wir haben ihn gefragt, wie es dazu kam. «Wegen einer fehlenden Seite in einer letztjährigen Ausgabe habe ich damals dort angerufen. Natürlich erwähnte ich nebenbei, dass ich das Heft seit der ersten Ausgabe lese. Die fehlende Seite wurde schnell zur Nebensache und ich erhielt schon bald einen Termin für ein Interview», berichtet Mario P. Hermann. Die jahrzehntelange Treue zu einem Magazin ist schon eine Seltenheit in der heutigen digitalen Zeit. Dies muss gewürdigt werden – finden auch wir.
100 Kopien verschickt
Um sicher zu gehen, dass der Artikel auch bei seinen Freunden und Kollegen (privat wie beruflich) gelesen wird, hat der Luzerner gleich 100 Kopien verschickt. «Nicht jeder abonniert das Heft, früher hatten sie etwa eine Auflage von 50 000, heute sind es vielleicht noch die Hälfte.» Die Abonnenten teilen sich zudem noch in zehn verschiedene Länder auf. Da bleiben nicht mehr so viele, die den Luzerner kennen. «Aber die ganzen Rückmeldungen wie beispielsweise von Musikern wie Mandy Meyer von Krokus oder auch Bandmitglieder von Shakra haben mich sehr gefreut.» Der Luzerner war bereits in nationalen Zeitungen wie Blick und Blick am Abend, Insider, 20Minuten – und nun zum ersten Mal in einem internationalen Magazin!
Aller Anfang war nicht schwer
Etwas genauer wissen wollten wir, wie die Geschichte mit der Musik und dem Schreiben wirklich angefangen hat. Man liest schliesslich von Mario P. Hermann des Öfteren im Rontaler, hier schreibt er jeweils seine aktuellen Gedanken in Sachen Musik nieder. «Ich war eines von 44 Kindern in der Primarschule. Damals war ich noch scheu und ruhig, aber Aufsätze schreiben konnte ich.» Bestnoten gab es oft. Das Schreiben liege ihm in den Genen und sei ein Talent, für das er dankbar sei. Dies hat auch der ehemalige rontaler-Chefredaktor, Ruedi Schumacher, erkannt und hat ihn kurzerhand engagiert, einen Artikel zu schreiben. «Die ganz banale Geschichte über die Katze meiner damaligen Lebensgefährtin gefiel ihm», erinnert sich Mario P. Hermann. Danach durfte dieser von einer eigenen Rubrik nicht nur träumen, sondern konnte sie auch realisieren. «Meine Spezialität war und ist halt eben die Rockmusik.» So verwundert es nicht, dass die eigene Rubrik «Mario‘s Music Box» (anfänglich «Mario’s Music World») getauft wurde.
Das Herz rockt
Es folgte eine 8-jährige Pause beim Rontaler, in welcher er für die Luzerner Rundschau schrieb. «Das war die Zeit, als man lieber etwas über Ländler und Schlager lesen wollte. Das passte nicht zu mir.» Lange konnte er dem rontaler aber nicht fern bleiben. Seither erscheint in jeder Ausgabe einer seiner Artikel. «Ohne Rockmusik würde ich sterben. Das ist meine Welt, wie die Luft zum Atmen», so der Musikjournalist. Die vorher erwähnten anderen Musikrichtungen gingen nicht einfach so an ihm vorbei: «Ich schaute früher die ZDF-Hitparade mit Dieter Thomas Heck. Dort liefen beispielsweise Songs der Neuen Deutschen Welle: Nena, Cindy & Bernd oder Roberto Blanco. Ich höre sogar unsere Beatrice Egli gerne. Aber ich hätte nie eine Schlager- oder Ländler-CD gekauft – und gedenke auch nicht, dies jemals zu tun. Und auch mit klassischer Musik kann ich nichts anfangen.» Bleiben wir also bei der Rockmusik.
Almost Famous
Der Zwischentitel erinnert vielleicht den einen oder anderen Leser an genau diesen Film. Er handelt vom Aufstieg einer jungen, vielversprechenden Rockband in Amerika. Nebst den musikalischen Klassikern dreht sich der Streifen natürlich auch um die «dreckigen» Seiten des Ruhms. Klar, auch das gehört dazu. Im Film schreit die besorgte Mutter dem Sohn nach, der gerade das Auto verlässt und ein Konzert besuchen will: «Finger weg von Drogen!» Ein peinlicher Moment für den Jungen, eine amüsante Szene für die Zuschauer. Mario P. Hermann hat hier eine klare Meinung: «Deshalb machen die Scorpions seit 50 Jahren immer noch erfolgreich Musik – sie sind drogenfrei!». Der Luzerner meint weiter: «Heute ist es viel schwieriger, Erfolg zu haben. Es gibt viele kleine Bands, welche aber nie diesen riesigen Ruhm erreichen werden wie die Grossen von damals. Die Schweizer Band Krokus hatte ein Riesenglück in den 80er Jahren. Damals war Hardrock sehr gefragt – unsere Schweizer durften mit Def Leppard, Ozzy Osbourne und AC/DC in den USA auf Tour gehen. Die Radiostationen dort senden noch heute Songs von Krokus. Unglaublich, oder?»
Die fetten Jahre sind vorbei
Aber wir alle merken: Die Musikindustrie verändert sich von Jahr zu Jahr. Wer früher Schallplatten und später CDs gekauft hat, weiss davon. Heute wird runtergeladen oder gestreamt. Schon eine tolle Sache. Eine Fingerbewegung und ein paar wenige Sekunden später spielt sich der gewünschte Song auf einem ausgewählten Medium vor. Unser Musikjournalist meint dazu: «Früher haben die Rockbands vorwiegend mit dem Verkauf von Tonträgern ihr Geld verdient. Heute wird alles günstig oder sogar gratis runtergeladen, und der Umsatz muss nun mit Konzerten reingeholt werden.» Der Druck wird deshalb für die Künstler umso grösser. Keine einfache Sache also. Mario P. Hermann denkt noch weiter: «Wenn die Rock-Dinosaurier wie beispielsweise die Stones, AC/DC, Ozzy Osbourne, Kiss oder Deep Purple aus Altersgründen aufhören Musik zu machen, kommt nichts mehr Vergleichbares nach.» So ist sich der Journalist, welcher auch schon mal mit den Scorpions «zmörgelet» hat, sicher. «Das sind nette Typen, die auf dem Boden geblieben sind. Sie sind die bekannteste deutsche Band, nächstes Jahr gibt es sie seit 50 Jahren.»
Die Stimme, die nie vergessen geht
Heute liest man in den Medien ab und zu News über Musiker der älteren Generation. Die Band AC/DC beispielsweise sucht einen neuen Sänger. «Die einzige passende Besetzung wäre Marc Storace von Krokus. Und nicht der überall angepriesene Axl Rose von Guns’n’Roses», ist sich der Luzerner Musikjournalist sicher. «Es gibt zwei Stimmen, die man nicht ersetzen kann: Steve Lee von Gotthard und Freddie Mercury von Queen. Steve Lee wurde immer als bester Sänger der Schweiz angesehen, aber er war einer der besten weltweit! Die Kondolenzschreiben aus 80 Ländern sprechen für sich», ist Mario P. Hermann überzeugt. «Das ist wahnsinnig schade, er wurde schwer unterschätzt. Früher gingen bei Gotthard-Balladen tausende Feuerzeuge hoch, jetzt sind es nur noch ganz wenige, seit der aktuelle Leadsänger auf der Bühne steht. Nic Maeder ist kein schlechter Sänger, aber Steve Lee hatte eine nicht ersetzbare Bühnenpräsenz, Magnetismus, Ausstrahlung und Charme, er konnte die Leute fesseln.»
Bild und Text: Milena Imlig
