Die Schweiz sperrte sich lange Zeit gegen eine Öffnung des Glücksspiels gegenüber den Online-Märkten. Im Zuge einer Reform der entsprechenden Gesetzgebung entschloss man sich dann dazu, Online-Glücksspiel in der Schweiz zuzulassen.
Doch der Eintritt in diesem Markt blieb den lokalen Betreibern vorbehalten. Mittlerweile kann man in der Schweiz auf eine fünfjährige Erfahrung zurückblicken. Die Entwicklung zeigt, dass die Umsätze wieder deutlich zugenommen haben. Dies tritt allerdings nur auf die Online-Casinos der Schweiz zu, weniger auf die stationären Grand Casinos.
Online-Erträge steigen
So stiegen die Bruttospielerträge seit der Freigabe im Jahr 2019 von zunächst 24 Millionen Franken pro Jahr auf mittlerweile 286 Millionen Euro pro Jahr an. Wie das Angebot von Casino.ch zeigt, gibt es mittlerweile zehn verschiedene Schweizer Online-Casinos, die mit einer lokalen Lizenz arbeiten. Die dabei umgesetzten Summen sind erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Bruttospielerträge der insgesamt 21 stationären Casinos der Schweiz zurückgehen.
Diese erreichen ihren Peak bereits im Jahr 2011 mit einem Bruttospielertrag von mehr als 1 Milliarde Franken. Mittlerweile ist dieser auf nur noch 623 Millionen gesunken, Tendenz weiter fallend. Das zeigt nachdrücklich, dass der Wunsch der Verbraucher nach mehr Online-Angeboten den Markt dirigiert. Im Vorjahr verzeichneten die herkömmlichen Spielbanken den niedrigsten Umsatz seit 20 Jahren.
Doch das Online-Geschäft fängt diese Rückgänge nicht nur ab, sondern baut die Ergebnisse weiter aus. Dies geschieht mit einem deutlich geringeren Einsatz von Personal. Während die stationären Spielbanken 2.665 Personen beschäftigen, erwirtschaften die Online-Casinos der Schweiz mit nur 313 Arbeitsplätzen schon rund ein Drittel der Bruttospielerträge.
Die Spielbankenabgabe geht an soziale Zwecke
Die Erlöse aus dem Glücksspiel kommen in großem Maße öffentlichen Zwecken zugute. Betreiber zahlen eine hohe Spielbankenabgabe, die bis zu 80 Prozent betragen kann.
Diese Einnahmen fließen in die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung und den Standortkanton. Daneben finanzieren sie Maßnahmen zur Bekämpfung der Spielsucht.
Um den lokalen Markt abzuschotten, sperrt die Schweiz den Zugang zu Betreibern aus dem Ausland. Diese verfügen zumeist über eine Lizenz aus einem Land der EU und berufen sich auf die dort gültige Dienstleistungsfreiheit.
Doch in der Schweiz treffen sie auf Netzsperren, um ein Eindringen in den Schweizer Markt zu verhindern. Dennoch gehen Experten immer noch davon aus, dass ein wesentlicher Anteil des Online-Glücksspielmarktes aufseiten von Betreibern außerhalb der Schweiz stattfindet. Netzsperren sind schließlich leicht durch VPN-Netzwerke zu umgehen.
In der Schweiz sind die Online-Casinos hingegen jeweils direkt an eine stationäre Spielbank gebunden. Aktueller Online-Marktführer ist mycasino.ch; dieses Schweizer Online-Casino gehört zum Grand Casino Luzern. Dessen Spielbankenabgabe kommt also in Folge direkt dem Kanton Luzern mit seinen zahlreichen Projekten zugute.
Experten kritisieren die umfangreiche Werbung
Mit ein Grund für den Erfolg sind die umfangreichen Werbekampagnen, die Schweizer Online-Casinos gestartet haben. Das rief zuletzt verstärkt Spielerschützer auf den Plan.
Sie kritisieren, dass die Werbung für Glücksspiele in der Schweiz überhandnehmen würde. Das sei eine der Auswirkungen der letzten Gesetzesreform.
Die Suchtberatung im Land bestätigt, dass Werbung und dabei vorwiegend die Geräusche von Slots die Spielsüchtigen triggern würden. Schließlich reize die Werbung zum Spielen, nach wie vor würden zahlreiche Schlupflöcher existieren, die es Süchtigen ermöglichen,
die Hürden zu umgehen.
In diesem Zusammenhang verweisen die Experten auch zunehmend auf die Möglichkeit, bei Online-Casinos aus dem Ausland zu spielen. Zwar gäbe es in der Schweiz sogenannte Netzsperren, doch diese seien einfach zu umgehen. Die Eidgenössische Spielbankenkommission ESBK hat laut eigenen Angaben zwar mehr als 1.700 Domains sperren lassen, doch dies lässt sich technisch leicht umgehen.
Keine zentrale Registrierung
Der Prozentsatz der als problematisch eingestuften Spieler liegt in der Schweiz jedoch weiterhin deutlich unter jenem der Nachbarländer. In Frankreich, Italien oder Deutschland ist er laut Studien drei- bis viermal so hoch. Die Praxis der letzten fünf Jahre hat jedoch Schwachstellen in der Gesetzgebung aufgezeigt.
So erfolgt derzeit kein Datenaustausch zwischen den Betreibern in der Schweiz. Das führt dazu, dass Spieler trotz der eingezogenen Limits einfach in mehreren Casinos gleichzeitig spielen können. Anders als beispielsweise in Deutschland existiert in der Schweiz keine zentrale Registrierung. Diese funktioniert erst dann, wenn ein Spieler in einem Casino in der Schweiz gesperrt wird. Dann kann er in keiner anderen Spielbank mehr am Spiel teilnehmen; das gilt sowohl für die stationären Casinos als auch online.
Der Konkurrenzdruck innerhalb der Branche würde zu umfangreichen Werbekampagnen führen, kritisieren Suchtexperten. Schließlich gelte es, sich am Markt zu positionieren und um neue Kunden zu werben. Dabei stört die Kritiker besonders die Sendezeit der Werbespots. Diese würden zur besten Sendezeit ausgestrahlt und könnten so auch Zielgruppen erreichen, die man eigentlich schützen möchte. Sie sehen längst eine rote Linie überschritten, schließlich sei die Werbung für Glücksspiel an vielen öffentlichen Plätzen,
wie Bahnhöfen, präsent. Daneben halten sich offenbar viele Betreiber nicht an das Verbot von Gewinnversprechen.
Weitere Reformen wahrscheinlich
Die Schweizer Casinos sehen dies naturgemäß ein wenig anders. Sie verweisen auf das Ziel der letzten Gesetzesreform, die angetreten war, das Online-Glücksspiel aus dem illegalen in den legalen Bereich zu überführen. Dafür sei jedoch Werbung zwingend nötig, argumentiert der Casino-Verband.
Noch immer hätten illegale Betreiber einen Marktanteil von rund 40 Prozent. Damit würden sie Umsätze von rund 180 Millionen Euro pro Jahr aus der Schweiz abziehen. Dabei gäbe es weder Spielerschutz noch Steuereinnahmen für die Schweiz und deren Kunden. Nur die Werbung für die lokalen Angebote könne garantieren, dass die Spieler zwischen lokalen und ausländischen Angeboten unterscheiden können.
Das Kundenverhalten habe sich verändert, das beweisen die sinkenden Einnahmen der stationären Spielbanken bei gleichzeitig steigenden Umsätzen im Online-Bereich. Doch weitere Reformen sind auf Basis der bisherigen Erfahrungen möglich und wahrscheinlich.