Frostiges Klima am Arbeitsmarkt

Vor kaum einem Jahr wähnten wir uns im Frühling am Arbeitsmarkt. Und noch im Herbst glaubten wir, der Gewerbestand halte jedem «Gewitter» stand. Im Krisentheater wird nun aber mit steigenden Arbeitslosenzahlen ein neuer Akt eingeläutet zur Erkenntnis, dass diese durch «Einflüsse» manipuliert werden, die nicht der realen Wirtschaft angehören.

er. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich wie «ein Buch mit sieben Siegeln». Täglich vermischen sich gute und schlechte Nachrichten ebenso wie Begründungen für die jeweilige Entwicklung. Einmal mehr spricht man – also die Expertengemeinschaft – von einer Wende, einem Ende der kurzen positiven Entwicklung, die sich nach der Wirtschafts- und Finanzkrise einstellte. Nun sind die Schulden- und die Frankenkrise an der Misere schuld. Ja sogar unser Klima muss herhalten. Derweil macht die Arbeitslosenversicherung einen Milliardengewinn und ist erst noch mit einer halben Milliarde «gestärkt für die Finanzierung zukünftiger Massnahmen zur Abfederung der Frankenstärke». Alles klar – die Aussichten sind wieder frostig.

Zur «Lage der Nation»
Der schweizerische Arbeitsmarkt hat sich trotz weltwirtschaftlicher Abschwächung und hohem Frankenkurs über den grössten Teil des Jahres 2011 erfreulich gut gehalten. In den letzten Monaten haben sich nun aber die Anzeichen für ein Ende der positiven Entwicklung verstärkt. Im ersten Halbjahr ging die Zahl der Arbeitslosen um 40`000 zurück und nahm dann in der zweiten Jahreshälfte wieder zu auf rund 131`000, plus 50`000 nicht arbeitslose Stellensuchende (das sind Arbeitslose, die irgendwie «amtlich» beschäftigt werden). Ganz zu schweigen davon, dass 2011 rund 30`000 Arbeitslose ausgesteuert wurden. Und dies bei rund 150 Millionen Franken Entschädigungen für Kurzarbeit, Schlechtwetter und Insolvenzen. In der Schweiz hat im Jahre 2010 die Zahl der Erwerbstätigen um 43`000 zugenommen, was wir den Zuwanderungen verdanken.Doch da prophezeit man uns in Bern für 2012 143`000 Arbeitslose und 209`000 Stellensuchende, bei offiziell 15`000 offenen Stellen. Und was die 500 Millionen gegen die Frankenstärke bewirken, steht noch «in den Sternen». Also: Horoskope lesen – oder mit Devisen spekulieren!

Mehr Arbeitslose auch bei uns – aber wo?
Einmal mehr zeigen wir mit unserer vergleichenden Arbeitslosenstatistik fürs Rontal die Entwicklung in unserem Lebensraum. Dabei sticht hervor, dass die Arbeitslosigkeit bei uns höher im Steigen begriffen ist als kantonal und landesweit. So hat sie seit September in der Schweiz um 18%, im Kanton Luzern um 20%, im Rontal aber sogar um 25% zugenommen. Das kann man relativieren, wenn die Arbeitslosenquote zum Jahresbeginn 2012 schweizweit 3,3%, im Kanton Luzern aber «nur» 2,3% und im Rontal mit 2,5% wie bisher leicht über dem Kantonsmittel liegt – zu erfreuen mag uns das doch nicht. Zumal die Arbeitslosenquote in vier Rontalgemeinden – gerade eben im Tal – deutlich darüber liegt und fast jede/r zwanzigste Erwerbsfähige arbeitslos oder unfreiwillig auf Stellensuche ist. Es sind also wieder die Anrainer-Gemeinden, die dem Rontal eine «verschönerte» Arbeitslosigkeit einbringen. Doch auch hier ist die Frage nach dem «wo» geographisch nicht aussagekräftig, weil – es sei einmal mehr erwähnt – der Wohnort oft nicht mit dem Arbeitsort identisch ist, also mit dem Ort, wo die Arbeitslosigkeit eigentlich stattfindet. Und dies ist nicht in unsern Dörfern zu «orten».

Brennender Böögg an der Fasnacht Ebikon

Betroffenheit mit einigen Überraschungen
Fragen wir nach den eigentlich von Arbeitslosigkeit Betroffenen oder nach Risikogruppen, müssen wir schon nach der kantonalen Statistik greifen, und wir treffen dabei auch auf Überraschungen. Keine solche ist die andauernde Tatsache, dass bei uns die Arbeitslosenquote von 2,3% sich zusammensetzt aus 1,5% bei den Schweizer/innen und 6% – also viermal höher – bei den Ausländer/innen. Wen wundert es also, wenn nun Einbürgerung, Personenfreizügigkeit und Einwanderungsstopp zum Politikum geworden sind? Auch nicht gerade neu ist die Tatsache, dass zwei Drittel der Arbeitslosen selbstständig, in Kader oder Fachfunktionen tätig waren. Erstaunlich ist dazu jedoch Folgendes: Im Monat Dezember waren im Kanton 2667 Personen aus Fachfunktionen und 1190 Personen aus Hilfsfunktionen als Arbeitslose registriert. Gegenüber dem Vormonat war die Zunahme bei den Fachfunktionen (+223) doppelt so hoch wie die Zunahme bei den Hilfsfunktionen (112). Kommt hinzu, dass wir 207 arbeitslose Unternehmer, Direktoren und leitende Beamte haben. Es wird Zeit für die Erkenntnis, dass höhere Bildung allein nicht das Wundermittel gegen Arbeitslosigkeit ist. Im Dezember wurde die grösste Zunahme ausgerechnet in den Berufen des boomenden Baugewerbes (+141) registriert. Die vielen Arbeitslosen in Handel und Verkauf überraschen ebenso wie die 154 im Gesundheitswesen, wo uns bald Zehntausende von Arbeitskräften fehlen sollen. Fazit: Die Arbeitslosigkeit hat unseren Binnenmarkt erfasst. Und das ist echt gefährlich. Noch gefährlicher ist es, abseits der Realwirtschaft unsere Stärken zu Schwächen verkommen zu lassen. Die Finanzjoungleure verstehen ja ihre eigene Sprache nicht mehr, die eigentlich ins «Fantasy-Kino» gehört. Sorgen wir also dafür, dass das frostige Klima bald dem «Arbeits-Frühling» weicht – so wie wir an der Fasnacht den «Böögg» verbrennen.