Selbstbestimmung durch einen Vorsorgeauftrag

Jérôme Rüfenacht, lic. iur., dipl. Steuerexperte, Gewerbe-Treuhand AG, Luzern

Jérôme Rüfenacht, lic. iur., dipl. Steuerexperte,
Gewerbe-Treuhand AG, Luzern

Täglich hören wir von Unfällen und Krankheiten, verdrängen aber meistens, dass es jeden/jede von uns treffen kann. Jedermann kann durch einen solchen Schicksalsschlag vorübergehend oder dauernd urteilsunfähig werden. In einem solchen Fall stellen sich plötzlich viele Fragen: Was geschieht mit der betroffenen Person, mit ihrem Vermögen, mit ihrem Geschäft?

Ereignisse wie die aktuelle Corona Pandemie bieten Anlass, um die persönliche Situation zu überdenken. Der Lockdown ist eine gute Gelegenheit, Dinge zu erledigen, die man bisher vor sich hergeschoben hat.

Eigene Vorsorge mittels Vorsorgeauftrag

Mit einem Vorsorgeauftrag kann jede handlungsfähige (volljährige und urteilsfähige) Person für den Fall ihrer Urteilsunfähigkeit eine oder mehrere natürliche oder juristische Person mit der Vertretung ihrer Angelegenheiten beauftragen.

Der Vorsorgeauftrag kann folgende Bereiche umfassen: Personensorge (z. B. Wohnangelegenheiten, Öffnen der Post, medizinische Massnahmen), Vermögenssorge (insbesondere Einkommens- und Vermögensverwaltung, Zahlungsverkehr) und die Vertretung im Rechtsverkehr (z. B. Abgabe der Steuererklärung, Vertretung gegenüber Behörden und in Prozessen). Die Anordnungen an die beauftragte Person können generell gehalten werden oder detailliert ausfallen.

Abfassung, Hinterlegung und Umsetzung des Vorsorgeauftrages

Der Vorsorgeauftrag wird entweder vollständig von Hand geschrieben, datiert und unter-zeichnet oder durch einen Notar öffentlich beurkundet. Der Vorsorgeauftrag sollte an einem Ort aufbewahrt werden, an dem er im Falle der Urteilsunfähigkeit leicht aufgefunden werden kann. Die nahen Angehörigen, insbesondere die beauftragte Person, sollten informiert wer-den, wo sich der Vorsorgeauftrag befindet. Auf Antrag wird beim Zivilstandsamt der Hinterlegungsort des Vorsorgeauftrages in einer zentralen Datenbank vermerkt.

Bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit prüft die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB), ob die beauftragte Person für die Aufgabe geeignet ist. Nimmt diese das Amt an, wird ihr eine Urkunde über ihre Befugnisse ausgestellt (Legitimationsausweis).

Damit die beauftragte Person bereits vor dem Eintreffen des Legitimationsausweises handeln kann, empfiehlt es sich, neben dem Vorsorgeauftrag auch Bankvollmachten zu hinterlegen. Zudem sollten Unternehmen bei der Festlegung der Unterschriftenregelungen darauf achten, dass die Firma beim Ausfall einer Person handlungsfähig bleibt.

Gesetzliche Massnahmen

Hat die betroffene Person keinen Vorsorgeauftrag erstellt, greift das gesetzliche Vertretungs-recht des Ehegatten oder eingetragenen Partners. Dieses ist jedoch auf die Bestreitung des Lebensunterhalts und die ordentliche Einkommens- und Vermögensverwaltung beschränkt. Für die ausserordentliche Vermögensverwaltung (z. B. Veräusserung von Vermögenswerten, Schenkungen) ist die Zustimmung der KESB erforderlich. Gegebenenfalls erfolgt die Anordnung einer Beistandschaft. Diese Massnahmen lassen sich mit der Errichtung eines Vorsorgeauftrages vermeiden.

Patientenverfügung

Der Vorsorgeauftrag kann durch eine separate Patientenverfügung ergänzt werden. In dieser kann eine urteilsfähige Person anordnen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt und welche sie ablehnt. Die Patientenverfügung ist für ihre Gültigkeit schriftlich zu errichten, zu datieren und zu unterzeichnen.

Fazit

Mit dem Vorsorgeauftrag und der Patientenverfügung können präventiv massgeschneiderte Anordnungen für den Fall der eigenen Urteilsunfähigkeit getroffen werden. Insbesondere können damit behördliche Massnahmen vermieden werden. Damit der Vorsorgeauftrag auf die konkreten Bedürfnisse abgestimmt, korrekt formuliert und formgültig errichtet ist, empfiehlt sich der Beizug einer Fachperson.

 


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