«Erfolgsmodell Schweiz nicht aufs Spiel setzen»

LUZERN – Der Neujahrsapéro der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz war einmal mehr ein Grosserfolg. Fast 600 Personen strömten ins Hotel Schweizerhof nach Luzern, um auf ein erfolgreiches 2015 anzustossen.

Der Jahresbeginn ist traditionell die Zeit der guten Vorsätze und der Appelle. So auch bei der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ), die am Montagabend zum Neujahrsapéro ins Hotel Schweizerhof in Luzern lud. Präsident Hans Wicki appellierte an die knapp 600 anwesenden Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung, sich in den politischen Diskurs einzubringen und sich entschlossen für die Erhaltung günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen einzusetzen. Das Erfolgsmodell Schweiz und der damit erworbene Wohlstand für die gesamte Bevölkerung würden durch verschiedene politische Initiativen aber auch durch einen latenten Wandel in der Gesellschaft gefährdet. Das Ja des Schweizer Volks zur Masseneinwanderungsinitiative der SVP, der Verkauf der Sika an ein französisches Unternehmen sowie die Einführung von Negativzinsen durch die Nationalbank zeigen uns laut Wicki auf, «in welch schwierigem Kontext wir uns bewegen und dass wir trotz einer florierenden Wirtschaft auf der Hut bleiben müssen».

Gefährliche Erbschaftsinitiative

Kein gutes Haar liess Wicki auch an der Energiestrategie 2050 des Bundes. Es sei eine Illusion zu glauben, dass man die Schweizer Bevölkerung gleichsam per Dekret dazu anhalten könne, im Jahr 2035 gleich viel Energie zu verbrauchen wie zu Beginn der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts. Die überteuerte Förderung von erneuerbaren Energien setze die Versorgungssicherheit unseres Landes unnötig aufs Spiel: «Wir wissen heute noch nicht, wie wir überleben werden, trennen aber schon mal zur Sicherheit unsere Nabelschnur durch!» Mit Blick auf die unmittelbare Zukunft warnte Wicki vor allem vor der Erbschaftsinitiative, die im Juni vors Volk kommt. Wenn 20 Prozent des Unternehmenswerts von den Erben für die Bezahlung der hohen Steuer zur Verfügung gestellt werden müssten, dann fehle dieses Geld anderswo im Betrieb. Notwendige Innovationen blieben auf der Strecke und Arbeitsplätze könnten nicht erhalten, geschweige denn neue geschaffen werden.

Urschweizerische Werte erhalten

Überhaupt müssten wir aufpassen, sagte Wicki weiter, dass uns die Errungenschaften der letzten Jahre und Jahrzehnte nicht wieder verloren gehen. Wenn altbewährte, urschweizerische Werte wie Arbeitsqualität, Zuverlässigkeit und Termintreue im Bewusstsein der Leute plötzlich durch so genannte Soft Skills wie Transparenz, Toleranz und Nachhaltigkeit verdrängt würden, dann würden bei ihm die Alarmglocken läuten. Wenn ausgerechnet jene Tugenden, die uns seit jeher von ausländischen Konkurrenten und Mitanbietern unterscheiden, in Zukunft weniger wichtig sein sollten, warum sollte dann noch bei uns in der Schweiz produziert werden? «Sicher nicht wegen des schönen Bergpanoramas. Und sicher auch nicht wegen der Preise. Denn die werden so schnell nicht sinken.» Deshalb Wickis Appell: Kämpfen wir für unsere Tugenden und leben wir sie glaubwürdig vor. Damit auch die nächsten Generationen daran glauben, dass sich Pünktlichkeit, Qualitätsdenken und Verbindlichkeit in unserer individualisierten Zeit noch lohnen. «Setzen wir uns ein, dass das Erfolgsmodell Schweiz weiter bestehen kann.»

Alex Piazza