Soziale Verantwortung wahrnehmen

Am Mittwoch, 9. Mai, fand im Rooter D4-Business Center das Speranza-Podium 2012 statt. An diesem sogenannten «Networking-Anlass» debattierten Unternehmer über ihre soziale Verantwortung.

esa. Viele Jugendliche tun sich nach der obligatorischen Schulpflicht schwer, den Einstieg in die Berufswelt zu bewältigen. Diesen Missstand will die Stiftung Speranza beheben. Anhand des Beispiels eines Praktikantenprogramms der Firma Sage Schweiz AG diskutierten am Mittwoch, 9. Mai im Business Center D4 in Root Dr. Pierin Vincenz, CEO Raiffeisen- Bank, Prof. Dr. Hans Ruh, Schweizer Sozialethiker, Werner von Allmen, Geschäftsleiter Swiss Excellence Forum, Corinne Hansen, Director Human Resources Sage Schweiz AG und Josef Widmer, Leiter Dienststelle Berufs- und Weiterbildung Kanton Luzern über die soziale Verantwortung von Unternehmen.

Unternehmerische Chancenvermittlung
Jean-Jacques Suter, CEO Sage Schweiz AG, machte den Anfang und begrüsste die über 120 Gäste, bestehend aus Unternehmern und Lehrstellensuchenden, im Eventraum des Business Center D4. Der Entwickler von Betriebswirtschafts-Software leistete mit seinem Praktikantenprogramm Pionierarbeit für die Stiftung Speranza und bot Lehrstellensuchenden die Möglichkeit, durch ein Praktikum den Einstieg in die Berufswelt zu finden. In der Vorstellung des Projekts ging es darum zu zeigen, wie gezielte Chancenvermittlung mithilfe der Stiftung Speranza funktioniert. Das darauf folgende Podiumsgespräch, geleitet von Max Baer, vertiefte den Diskurs mit Themen wie Ethik in der Wirtschaft oder die Selbstverantwortung von Jugendlichen bei der Stellensuche.

Anstellung durch vertiefte Auseinandersetzung
Nach der Vorstellung des Eingliederung-Projektes für jugendliche Lehrstellensuchende gab es von vielen Seiten erstmal lobende Worte. Corinne Hansen als Personalverantwortliche der Sage AG gab zu, dass ohne das Programm der Stiftung Speranza die Jugendlichen, welche letzten Endes dadurch eine Anstellung beim Unternehmen fanden, keine Chance auf ein Engagement bei der Firma erhalten hätten. Dafür waren die schulischen oder sprachlichen Leistungen der Bewerber schlicht zu niedrig. Doch durch das Programm konnte das Unternehmen die Jugendlichen besser kennenlernen und so kam es schlussendlich zu einzelnen Anstellungen.

Status Quo durchbrechen
Pierin Vincenz machte den anwesenden Lehrstellensuchenden Hoffnung, indem er preisgab, dass er in jungen Jahren noch keine schulischen Glanzleistungen vorzuweisen hatte: «Ich war mit 26 Jahren auch noch nirgends.» Josef Widmer führte die Aussage weiter, indem er darauf hinwies, dass die Noten bei den Unternehmen einen zu hohen Stellenwert geniessen. Dafür lobte er das duale System mit einer betrieblichen Lehre und der gleichzeitigen schulischen Weiterbildung. Für Vincenz sind die Einstellungsverfahren auch zu festgefahren. «Die heutigen Methoden bei der Einstellung von Personal sind zu sehr standardisiert, was hinderlich sein kann. Diese Hindernisse zu durchbrechen kann schwierig sein. Doch unkonventionelle Wege zu gehen kann auch Erfolg bringen.»

Herausforderung der sozialen Firma
Der Sozialethiker Hans Ruh brachte den Vorschlag, dass Unternehmen einen Reputationsgewinn anstreben könnten, indem sie beispielsweise zehn Prozent der Belegschaft bewusst aus sozial und schulisch schwächeren Kreisen beschäftigt. Schliesslich sei der Marktwert der Ethik in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Auch Werner von Allmen pflichtete Ruh bei. «Die Probleme der Jugendarbeitslosigkeit sind vor allem auch gesellschaftliche Probleme. Die Wirtschaft hat die Verantwortung, eine aktive Arbeitsintegration für die bedürftigen Leute zu bieten.» Otto Ineichen, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Stiftung Speranza und selbst Unternehmer, brachte sogleich jedoch den Einwand, dass solche «Sozialfirmen» im heutigen globalen Wettbewerb nicht überlebensfähig wären.

Falsche Ideologien beseitigen
Beim Einbezug des Publikums, von dem die grosse Mehrheit aus Unternehmern bestand, wurden vor allem Grundsatzfragen in die Diskussion eingebracht. So wies der Krienser Carosserie-Betreiber Ruedi Schweizer darauf hin, dass das wahre Problem der Wirtschaftsverlauf selbst sei, welcher sich im Kreis bewegt und den Profit immerzu an die gleichen Empfänger schwemmt. Der Surseeer Unternehmer Ivo Muri fügte dazu an: «Arbeitslosigkeit ist sowieso ein falscher Begriff. Geld- oder Erwerbslosigkeit trifft da eher zu. Arbeit gibt es meist genug. Und wenn angesehene Ökonomen wie der Amerikaner Alan Greenspan darauf hinweisen, dass sie jahrelang einem falschen Wirtschaftssystem gefolgt sind, dann sollte die Frage nach der Ideologie gestellt werden.» Dabei machte er auf Initiativen wie die Vollgeldreform aufmerksam, welche neue Definitionen des Geldes forciert. Der Apéro im Anschluss an das Podium bot den Unternehmern und Lehrstellensuchenden Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen und Gespräche zu führen, welche im besten Fall sogar zu einer Anstellung führten.