Elia seit

Elia Saeed, redaktioneller Leiter. Bild Lars de Groot

Vor kurzem begann die Unterschriftensammlung für die Initiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen». Der Name sagt schon alles. Alle Bürger in der Schweiz sollen aufgrund ihres Menschseins einen finanziellen Sockelbetrag vom Staat erhalten, welcher den Lohn ergänzt und gesetzlich geregelt ist. Dieses Volksbegehren wäre, sofern es zum Urnengang kommt, etwas völlig Revolutionäres. Bisher müssen Bürger in der Schweiz einen Nachweis der Arbeitsbehinderung vorweisen, damit sie vom Staat in Form von Versicherungen (AHV, IV, ALV etc.) eine finanzielle Entschädigung bekommen. Dies nennt sich sozialer Ausgleich und ist an Bedingungen geknüpft. Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen würden viele solcher finanziellen Leistungen substituiert. Die Initiative forciert mit ihrer Forderung ein grundlegend neues Menschenrecht. Bisher ist der Mensch das einzig bekannte Lebewesen, dass für die eigene Nahrung und Unterschlupf Geld bezahlen muss. Mit der Initiative wäre dies zwar immer noch der Fall, jedoch würde der gesellschaftliche Arbeitszwang reduziert. Und hier tritt die Grundsatzfrage der gesamten Initiative hervor. Ist der Mensch ein Wesen, das von Natur aus arbeiten will? Oder muss der Mensch durch gesellschaftlichen Druck zur Arbeit «getrieben» werden? Würde man selbst noch arbeiten, wenn man die Grundbedürfnisse von Beginn weg bereits gedeckt hätte? Würden «die anderen» dasselbe tun? Im heute gängigen Menschenbild gilt oftmals: «Ich würde sicher noch arbeiten. Vielleicht nicht mehr in dieser Intensität und in diesem Bereich wie heute, aber ich möchte mich doch selbst erfüllen. Jedoch würden die anderen sicher nicht mehr zur Arbeit gehen.» Diese Ansicht ist absolut schizophren und spiegelt nicht die Realität wieder. Das bedingungslose Grundeinkommen würde die Arbeit mehr in den Bereich der Freiwilligkeit setzen. Damit wäre der Selbsterfüllung sicherlich mehr gedient. Doch sind die Menschen bereit, durch eine Initiative ihr ganzes Weltbild über den Haufen zu werfen?