ZHB-Abbruch: Städtebauliche Ignoranz

Das «Vögaligärtli» ist die einzige Parkanlage der Stadt Luzern. Architekt Otto Dreyer war dies bewusst, als er die Zentralbibliothek 1951 plante. Er versuchte, den Park in seiner ganzen äusseren Dimension zu erhalten. Die Abstände zu Murbacher-, Hirschmatt- und Frankenstrasse wurden bewusst so gewählt, dass der Neubau von den bestehenden, grossvolumigen Bäumen eingefasst wurde. Das nicht überdimensionierte Gebäude integrierte sich so optimal in die Parkanlage. Die Grossflächigkeit des Grünbereichs zur Murbacherstrasse hin blieb erhalten. Die Baumkronenhöhen korrespondieren (wenn nicht zu viele zwanghafte Eingriffe der Stadtgärtnerei stattfinden) mit den Draufhöhen der umliegenden Nachbargebäude. Das Gleichgewicht der Strassenperspektive, die grosse Linie blieb erhalten, die akzentuierte Parkanlage wurde optisch nicht verkleinert. Park, Zentralbibliothek, Nachbarschaftsgebäude und Strassenraum sind eine städtebauliche Einheit.
Ein Abbruch hätte schwerwiegende Folgen. Masslosigkeit, Beliebigkeit und Ausschweifungen sind heute vorprogrammiert. Der Perimeter würde bei einem Neubau enorm vergrössert. Ebenso das Gebäudevolumen. Schon in den 90er-Jahren gab es einen untauglichen, professoralen Vorschlag von Anbauten bis an den Strassenrand (inkl. Parkplätze).
Die städtebauliche Qualität der Zentralbibliothek mit Umgebung als Einheit und die grosszügigen Perspektiven wären vernichtet worden. Mit «Verdichtung» und «städtebaulicher Akzentuierung» (das heisst hier mit der De-Akzentuierung der Lukaskirche) lässt sich nicht jede Dummheit begründen. Auch nicht mit dem Hin- und Herschieben des Schwarzen Peters zwischen «Denkmal»-Pflege, Regierungsrat und Parlament. Dass man ein «architekturhistorisches Gutachten» aus Berlin benötigt, spricht auch nicht gerade für die Mündigkeit der zuständigen Behörden.
Bruno Ackermann, Architekt, Adligenswil