«KOPFGEWITTER»: Wie Kim Rast dem Hirntumor die Stirn bietet

Im soeben erschienenen Buch «Kopfgewitter» -entstanden aus ihrer Maturaarbeit- erzählt die heute 20-jährige Kim Rast aus Udligenswil, wie sie vor fünf Jahren ihren Hirntumor erlebte, wie sie aus ihrem jugendlichen Alltag, dem aktiven Tennisspielen, dem Schulleben an der Kanti und aus dem familiären Umfeld wie auch dem Freundeskreis herausgerissen wurde. Mit diesem Buch will die junge Frau allen Menschen Mut machen, die sich in ähnlicher Situation befinden und sich unverstanden fühlen.

Ein Kribbeln im Körper, die Muskeln nicht mehr im Griff haben, die Sprache verlieren – ein «Kopfgewitter», das plötzlich, und vor allem immer öfters aufzieht. In der Schule, auf dem Tennisplatz, zu Hause. Nein, es ist nicht die Pubertät, nicht Eisenmangel – es ist ein Hirntumor, der epileptische Anfälle auslöst. Dies hat die damals 15-jährige Kim Rast aus Udligenswil erlebt. Und hält nun die Erfahrungen daraus in einem Buch fest.

So fing es an. Zuerst ein paar Aussetzer. Kim ist 14 Jahre jung, seltsame Vorfälle blitzen wie aus dem Nichts in ihr Leben, sie kann plötzlich ihren Körper nicht mehr wie gewohnt steuern. Die behütete Welt von Familie, Schule, Tennissport gerät ins Schlingern. Der Weg zur Diagnose ist vorerst mit Missverständnissen gepflastert – Eisenmangel, Pubertät, Dramaqueen. Dann, nach etlichen Untersuchungen, die Gewissheit – ein besonders seltener Hirntumor, der epileptische Anfälle auslöst.

Endlich Gewissheit. Gewissheit? «Was geschieht mit meinem Leben, wie kann ich dem Tumor die Stirn bieten, solche Fragen kamen auf mich zu – und ich wollte sie selber beantworten. Die Kraft dazu habe ich ja», sagte sie schon damals ganz selbstbewusst. Sie schien erleichtert, alles ging so schnell, drei Wochen darnach war die Operation bei einer Spezialistin in einer Genfer Klinik gut überstanden, einen Monat später war sie in der Schule zurück.

______________________________________________________
«Es ist ein ausserordentlicher Text, ein Text,
der über seine frische Sprache ins Herz geht.»
Stefan Graber, Dr. phil., Deutschlehrer und Prorektor
an der Kantonsschule Alpenquai Luzern, Betreuer
der Maturaarbeit von Kim Rast.

______________________________________________________

«Mit 14 spielte ich Tennis auf Niveau Leistungssport, keine Schmerzen, doch immer wieder ging ein ekelhaftes Kribbeln durch meinen Körper. Ich fand keine Erklärung dafür. Ich konnte während dieser Phase nicht sprechen, fand die Worte nicht und fing an zu zittern.» Mit 15 hatte sie wieder mal einen Aussetzer, beim Tennis, hatte aufs Mal nasse Hosen. Das war zu viel, zusammen mit ihrer Mutterging sie zu einem Neurologen und vertraute sich ihm an. «Zuerst dachte ich, dass dieser Arzt die Symptome mit Worten wie Pubertät erklären würde, doch dann wurde es ernst, sehr ernst», sagt sie heute.

_________________________________________________
«Das Schicksal mischt die Karten, ich aber
spiele mit ihnen. Meine Partie gegen
den Hirntumor» Kim Rast
___________________________________________________

Kim erzählt im Buch von ihrem Erleben und ihrem Verhalten, das zuweilen seltsam und widersprüchlich wirkt. Etwa dann, wenn die bevorstehende Prüfung in der Schule wichtiger scheint, als die bevorstehende Operation. Sie erzählt vom herausgerissen werden aus dem Alltag in und um Luzern, dem Spitalaufenthalt und der OP im fernen Genf, von den Schwierigkeiten, in den Alltag zurückzufinden. Kim erzählt auch vom Verhalten ihres Umfeldes, von ihrer Familie, von der Tennistrainern, von Lehrern und Lehrerinnen, von Mitschülern und Mitschülerinnen, natürlich auch von Ärzten und Ärztinnen und dem Pflegepersonal – und gibt viel von sich selber preis.

Sie schreibt auch, wie sie immer wieder im Leben Übersicht sucht, quasi eine Kartografie ihres Lebens erstellt. So verwundert es nicht, dass sie die Matura-Arbeit als Chance nutzt, ihre aufwühlende Geschichte zu erzählen.

Rolf Willimann


Von der Maturaarbeit zum Buch
Kim Rast wurde am 13.Juli 2000 in Luzern geboren. Aufgewachsen ist sie in Udligenswil, begleitet von Ihren Eltern Alain und Nicole Rast, sowie drei Geschwistern. Im Alter von 15 Jahren wurde sie mit der Diagnose Hirntumor konfrontiert. Diese einschneidende Erfahrung war auch Thema ihrer Maturaarbeit, die sie 2019 an der Kantonsschule Alpenquai in Luzern abgab – daraus wurde das Buch «KOPFGEWITTER». Nach der bestandenen Matura absolvierte sie ein KV-Praktikum im Kantonsspital Luzern und startete diesen September ihr Studium Kommunikation und Marketing an der Hochschule Luzern.

Auch politisch engagiert sie sich: Sie präsidierte das Luzerner Jugendparlament, ist Co-Präsidentin und seit September 2020 Präsidentin Jungfreisinnige Luzern. «Wir sind die nächste Generation, wir sind die Zukunft. Auch unsere Meinung ist gefragt und ich setze mich dafür ein, die Jugend in der Schweizer Politik zu fördern», sagt sie – und lebt dies auch.  rowi