«Eine Parteigründung ist immer auch ein bisschen wie eine Geburt oder eine Taufe»

Interview mit SVP-Präsident Toni Brunner anlässlich der Ortsparteigründung in Udligeswil

UDLIGENSWIL – SVP-Präsident Toni Brunner war in der Vorwoche als Gast an der Gründungsversammlung der SVP-Ortspartei in Udligenswil. Wir haben ihn auf dem Weg zwischen Rotkreuz und Udligenswil zu einem Gespräch getroffen. Der «rontaler» wollte natürlich von ihm wissen, wie sich das anfühlt nach gewonnener Abstimmungsschlacht. Und weshalb es sich der SVP-Schweiz-Präsident trotz Interviewmarathon (Brunner kam gerade von der Rundschau-Aufzeichnung im Leutschenbach) nicht nehmen lässt, persönlich an der Gründungsversammlung in Udligenswil dabei zu sein.

Toni Brunner, zuerst einmal herzliche Gratulation zum Abstimmungserfolg vom vergangenen Wochenende! Wie haben Sie den Abstimmungssonntag persönlich erlebt?

Es war in der Tat ein regelrechter Abstimmungs-Krimi. Bis etwa 14 Uhr haben wir eigentlich damit gerechnet, dass die Initiative knapp abgelehnt wird. Dann hat sich das Blatt doch noch zu unseren Gunsten gewendet. Doch erst als die Resultate aus Bern und Zürich feststanden, waren wir uns sicher, die Abstimmung gewonnen zu haben. Und was auch ganz klar ist: Ohne die grosse Mehrheit aus dem Tessin hätte es wohl nicht gereicht.

Was sagen Sie zu den häufig geäusserten Bedenken, das Ergebnis könne das Ende der Bilateralen Verträge bedeuten? Wird die Schweizer Wirtschaft unter dem vom Volk gefällten Entscheid leiden?

Also zuerst einmal: Auch die EU hat einiges zu verlieren, wenn sie auf Konfrontation schaltet. Zudem hat ja unter anderem auch der Britische Premier David Cameron schon klar signalisiert, dass auch im Königreich das Problem der ungebremsten Zuwanderung dringend gelöst werden muss. Zudem: Wenn man linke Stimmen in unserem Land hört, könnte man meinen, die Schweiz sei bereits ein Mitglied der EU. Das ist aber ganz und gar nicht der Fall!  Wir sind ein souveräner Staat und das Volk hat klar gezeigt, dass es darüber, was in der Schweiz wie zu geschehen hat, auch in Zukunft selber bestimmen will. Wir gehen im Übrigen davon aus, dass die EU in Brüssel sehr wohl zu Verhandlungen bereit ist. Der Bundesrat muss jetzt klug und überlegt vorgehen. Vorerst gibt sich Brüssel zwar unnachgiebig, aber da muss man zuerst einmal abwarten, bis die Europawahlen im Frühling vorbei sind. Jetzt wird nämlich in der EU zuerst einmal Wahlkampf gemacht.

Wie will die SVP sicher stellen, dass die Initiative in ihrem Sinn vom Bundesrat umgesetzt wird?

Die grösste Herausforderung besteht in Tat und Wahrheit für uns jetzt darin, Bundesrat und Parlament soweit zu bringen, dass sie den Volksentscheid so umsetzen, wie es der Initiativtext verlangt. Aber der Bundesrat ist gut beraten, die Verhandlungen mit Brüssel zügig voran zu bringen, wenn er nicht riskieren will, dass zuletzt auch die Ecopop-Initiative vom Volk gutgeheissen wird. Damit soll nämlich die  jährliche Nettozuwanderung in der Schweiz auf 0.2% der ständigen Wohnbevölkerung beschränkt werden, und das würde  viel tiefgreifendere Veränderungen mit sich bringen, als unsere doch recht moderate Masseneinwanderungsinitiative.

Nun eine etwas «näher liegende» Frage: Wie gut kennen Sie unsere Region?

Ich kenne die Zentralschweiz und den Kanton Luzern recht gut, doch als eigentlichen Kenner möchte ich mich auch nicht gerade bezeichnen. Doch ich komme immer gerne in die Innerschweiz, wenn sich dazu Gelegenheit bietet.

Welchen Stellenwert hat die Zentralschweiz und insbesondere die Agglomeration Luzern innerhalb der Schweizer SVP? Sehen Sie in der Zentralschweiz noch weiteres Potenzial für die Gründung lokaler Ortsparteien?

Die Zentralschweiz ist für uns sehr wichtig, weil es hier für die SVP tatsächlich noch viel Potenzial gibt. Traditionell teilen sich hier FDP und CVP das Feld, und da können wir als dritte, neue Kraft eine echte bürgerliche Alternative bieten.

Wie wichtig sind der SVP auch kleine Ortsparteien in der Grössenordnung, wie sie heute Abend in Udligenswil offiziell gegründet wird?

Es ist für uns gar nicht so entscheidend, wie viele Mitglieder eine Ortspartei zählt. Viel wichtiger ist, dass flächendeckend – auch im Kanton Luzern – in möglichst vielen Gemeinden aktiv Leute am Werk sind, die unsere Interessen und die einer breiten Bevölkerung glaubhaft vertreten können. Und: Die Arbeit beginnt erst nach der Gründung so richtig, das darf man nicht unterschätzen!

Wenn man sich die Situation in den Gemeinden etwas näher anschaut, kann man unschwer feststellen, dass die SVP zwar bei den Wählerstimmen ganz vorne mit dabei ist, wenn es aber um die personelle Besetzung in den Parlamenten und Exekutiven geht, eher Mühe bekundet, geeignete Kandidaten zu finden. Weshalb ist das so?

Das Problem hat unsere Partei tatsächlich, allerdings nicht überall gleich stark. Man darf aber auch nicht vergessen: Wir sind gerade im Kanton Luzern  eine noch junge Partei und es braucht einfach Zeit. Zudem: Wer in der SVP politisiert muss (manchmal) einen breiten Rücken haben – und heute sind nicht mehr viele bereit, sich so zu exponieren und dafür auch noch ihre Freizeit zu opfern.

Sie sind jeweils an den lokalen Gründungsversammlungen persönlich anwesend. Ist das nicht eine grosse zusätzliche Belastung für Ihre bestimmt schon reich befrachtete Agenda?

Nein, das ist es in der Regel nicht. Es gibt  heute deutlich weniger Neugründungen als in früheren Jahren und wir können uns das auch etwas aufteilen. So gibt es für mich etwa drei bis vier Neugründungen pro Jahr, bei denen ich persönlich anwesend bin. Und ich freue mich auch immer darauf, weil eine Parteigründung ist ja immer auch so etwas wie eine Geburt oder eine Taufe.

Interview: Guido Gallati

SVP-Präsident Toni Brunner besuchte die Gründungsversammlung der Ortspartei Udligenswil. Bild gg.
SVP-Präsident Toni Brunner besuchte die Gründungsversammlung der Ortspartei Udligenswil. Bild gg.