Die neue Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB ist die Nachfolgeorganisation der Vormundschaftsbehörde. Deren Standort für 15 Gemeinden aus der Region befindet sich im D4 in Root.
pd/Red. Auf den 1. Januar 2013 ist das neue Kinder- und Erwachsenenschutzrecht KESR in Kraft getreten. Es ersetzt das alte Vormundschaftsrecht, das aus dem Jahr 1912 stammt und den heutigen, individuell geprägten Vorstellungen der Lebensgestaltung nicht mehr entspricht. Das neue Gesetz stellt die Selbstbestimmung des Einzelnen und die Solidarität der Familie ins Zentrum, indem es den Vorsorgeauftrag, die Patientenverfügung und die gesetzliche Vertretung bei Urteilsunfähigkeit regelt. Zudem sollen urteilsunfähige Personen in Wohn- und Pflegeeinrichtungen besser geschützt werden. Das bisher starre Massnahmensystem mit Beistandschaften, Beiratschaften und Vormundschaften wird durch massgeschneiderte Beistandschaften abgelöst. Diese ermöglichen es, hilfsbedürftige Personen mit flexiblen, auf das Individuum angepassten Lösungen zu unterstützen.
Domizil in Root
Der Kanton ist in sieben Kreise aufgeteilt; Zum Kreis Luzern-Land haben sich die 15 Gemeinden Adligenswil, Buchrain, Dierikon, Ebikon, Gisikon, Greppen, Honau, Horw, Malters, Meggen, Meierskappel, Root, Udligenswil, Vitznau und Weggis zusammengeschlossen. Mit rund 70‘000 Personen im Einzugsgebiet ist es eine der grössten KESB im Kanton Luzern. Die promovierte Juristin und Mediatorin Elisabeth Scherwey präsidiert die neue Behörde im Kreis Luzern-Land seit September 2012. Die Behörde wird von einem Fachdienst mit Sozialarbeitenden, Juristinnen und weiteren Fachmitarbeitenden unterstützt. Sowohl die Fachbehörde wie auch der Fachdienst sind interdisziplinär zusammengesetzt. Standort der KESB Luzern-Land ist das D4 in Root.
Vielfältiges Aufgabengebiet
Die KESB ist für sämtliche erst-
instanzlichen Entscheide im Kindes- und Erwachsenenschutz zuständig, insbesondere für
• die umfassende Abklärung von Anträgen und Gefährdungsmeldungen betreffend Kinder und Erwachsene,
• die Anordnung und Aufhebung von behördlichen Massnahmen (auch fürsorgerische Unterbringung),
• die Ernennung und Entlassung von Beiständen und Beiständinnen,
• die Prüfung von Berichten und Abrechnungen der Beistände und Beiständinnen.
Die KESB hat noch viele weitere Aufgaben, beispielsweise
• die Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge,
• die Regelung des Unterhalts für Kinder unverheirateter Eltern,
• die Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen Eltern und Kindern,
• die Prüfung von Vorsorgeaufträgen und Patientenverfügungen,
• die Prüfung der Voraussetzungen für Zwangssterilisationen,
• die Prüfung der Voraussetzungen gesetzlicher Massnahmen (gesetzliche Vertretung durch den Ehegatten oder durch den eingetragenen Partner, gesetzliche Vertretung bei medizinischen Massnahmen).
Beispiel aus dem Alltag
Die Behörde kommt beispielsweise zum Einsatz, wenn Beatrice Muster ihr Portemonnaie nicht im Griff hat. Sie hat wiederholt online jede Menge teure und unnötige Dinge bestellt, ihr Konto dauernd überzogen, massiv Schulden gemacht. Als sie schliesslich auf den Namen ihrer Kinder und ihrer Mutter Ware bestellt, schreitet ihr Umfeld ein und wendet sich an die KESB. Diese trifft umfassende Abklärungen und stellt Beatrice Muster schliesslich einen Beistand zur Seite. Der erledigt nun für sie die finanziellen Geschäfte.
Eine Beistandschaft ist nur eine von vielen möglichen Hilfestellungen. Oftmals reicht auch die Weitervermittlung an eine der zahlreichen Hilfsorganisationen oder Fachstellen wie z.B. die Pro Senectute oder eine Jugend- und Familienberatungsstelle aus. «Oder man findet Angehörige und Verwandte, welche in der Lage sind, die betroffene Person zu unterstützen», sagt Elisabeth Scherwey, Präsidentin der KESB Luzern-Land. Die Schritte, welche die KESB einleitet, müssen immer verhältnismässig sein.
Neu sind flexible, individuelle Lösungen möglich
Da Beatrice Muster in allen anderen Lebensbereichen selbständig und nicht auf Hilfe angewiesen ist, hat der Beistand keine Befugnis, im Bereich der Personensorge einzugreifen. Auch als rechtliche Vertretung nimmt er nur ganz eingeschränkt Einfluss. «Das neue Recht macht es möglich, die betroffenen Personen mit individuellen und flexiblen Lösungen zu unterstützen», erklärt die KESB-Präsidentin.