JA- und NEIN-Komitee wollen das Beste für Ebikon – nur aus jeweils anderem Blickwinkel

Am 10. Februar stellen die Stimmbürger die Weichen für die zukünftige Gestaltung des brachliegenden MParc-Areals. Ihnen wird der
Bebauungsplan Weichle und die Teilzonenplanänderung an der Urne vorgelegt.

Ebikon vorwärtsbringen – Ebikon wächst mit QUBE am richtigen Ort, sagen die Befürworter. Ebikon denkt weiter – das lebendige Dorf erhalten, sagen die Gegner. Beide Komitees sind überparteilich zusammengesetzt. Kurt Steiner, Vertreter im Co-Präsidium des JA-Komitees und Silvia Illi, Co-Präsidiumsvertreterin aus dem NEIN-Komitee, nahmen beim RONTALER-
Interview Stellung zu verschiedenen Fragen.

RONTALER: Kurt Steiner und Silvia Illi, überall ist Bevölkerungswachstum angesagt, dies kann auch in Ebikon nicht verhindert werden. Nur, wo soll Ebikon wachsen, wenn nicht hier?

Kurt Steiner: Ebikon soll da wachsen, wo es attraktive Steuerzahler anlocken kann, keine grüne Fläche verschwendet und optimal am ÖV angebunden ist, um den Mehrverkehr so tief wie möglich zu halten. 

Silvia Illi: Grössere und kleinere Baustellen verteilen sich bereits heute über das Gemeindegebiet. So werden – auch ohne QUBE – in den nächsten 10 Jahren gegen 1000 Wohnungen gebaut. Fazit: Es braucht das Gewerbeland Weichle nicht, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen.

Das neue Zentrum mit den geplanten 340 Wohnungen soll innert 10 Jahren entstehen. Mag das Ebikon verkraften, wird da nicht auf die Halde gebaut?

Steiner: Die maximal 340 Wohnungen über zehn Jahre wären lediglich 34 Wohnungen pro Jahr, das ist selbst bei weiteren Projekten verkraftbar. 2018 sind 103 neue Wohnungen auf den Markt gekommen, die grösstenteils rasch Mieter gefunden haben. Ich bin mir auch sicher, dass kein Investor über das Marktbedürfnis herausgehen wird, insbesondere nicht die Migros mit ihren Partnern, die für Nachhaltigkeit stehen. 

Illi: Ebikon hat heute bereits einen überdurchschnittlichen Wohnungsleerstand von rund 2,5 Prozent. Ein unkontrolliertes und grossmehrheitlich quantitatives Wachstum zieht erhöhte Infrastrukturaufwendungen nach sich. Wenn wegen erhöhter Leerstände diese Aufwendungen nicht durch zusätzliches Steuersubstrat kompensiert werden, würgt das die bereits kränkelnde Gemeindekasse. Zusätzlich leidet darunter die Attraktivität unserer Gemeinde.

Ist das ein Monsterprojekt, viel zu gross für das eher noch beschauliche Ebikon – oder das neue Tor zum Rontal?

Steiner: Ebikon ist attraktiv und bietet viel (Naherholungsgebiete, Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten, Vereine, etc.). Dies lernt man aber erst kennen, wenn man in Ebikon lebt. Leider spiegelt sich dies noch nicht im Image gegen aussen. Deshalb ist ein Leuchtturmprojekt wie QUBE eine grosse Chance für Ebikon. Das Zentrum entlang der Kantonsstrasse und am Bahnhof wird sichtbar aufgewertet.

Illi: Ist es negativ, wenn Ebikon mit seinen mehr als 13 000 Einwohnern noch als beschaulich wahrgenommen wird und sein Wachstum mit Verantwortung und Weitsicht steuert? Ebikon braucht kein weiteres, sogenanntes Zentrum. Ebikon bleibt auch ohne Hochhaus das Zentrum des Rontals.

Die bauliche Verdichtung bei solchen Projekten ist eidgenössisch im Raumplanungsgesetz und kantonal im Richtplan verankert, im Masterplan Ebikon vorgegeben und soll hier angewendet werden. Ihre Sichtweise?

Steiner: Ja das ist richtig und korrekt, deshalb gibt es solche gesetzlichen Vorgaben. Um bei gegebenem Wachstum keine Grünflächen zu verschwenden, muss verdichtet gebaut werden. Ebikon darf in Bezug zur Anzahl Einwohner und auch aufgrund der Lage in der Agglomeration Luzern-Zug mit dem Bebauungsplan Weichle und der Teilzonenplanänderung die öffentlich- rechtlichen Rahmenbedingungen für ein modernes, urbanes unverdichtetes Quartier wagen. Bei der Abstimmung geht es um die Planungssicherheit für die nächsten 10 bis 15 Jahre, wie das Areal in Zukunft genutzt werden kann. 

Illi: Die bauliche Verdichtung ist für die bestehenden Bauzonen vorgegeben, damit nicht noch mehr Land fürs Wohnen eingezont werden muss. Gerade das aber soll hier mit einer neuen Wohnbauzone geschehen. Nicht Einzonen ist besser als Verdichten.

Momentan gibt es in Ebikon 155 leerstehende Wohnungen, 133 davon sind Altwohnungen. Drängt sich also nicht Neues auf, um zum Beispiel jungen Familien zeitgemässe Wohnungen anzubieten?

Steiner: Gemäss Statistik und auch der eingangs erwähnten Neuwohnungsanzahl stehen nicht neue und attraktive Wohnungen leer, sondern alte, unattraktive und nicht mehr zeitgemässe. Ich erachte den Leerstand der Altwohnungen auch als Chance, energietechnisch vorwärtszukommen. Wenn neue Wohnungen auf den Markt kommen, werden auch die älteren erneuert. Ebikon trägt schliesslich das Label «Energiestadt» und sollte sich in dieser Richtung weiterentwickeln. Zusätzlich ist die Renovation von Altwohnungen auch ein interessantes Feld für das lokale Gewerbe.

Illi: Statistisch werden zweijährige Wohnungen bereits als Altwohnungen behandelt. In Ebikon stehen mehrheitlich neue Wohnungen leer und es entstehen laufend neue, die alle für junge Familien erschwinglich sind.

Man hört immer wieder, Ebikon schaffe den Spagat von der Schlafstadt zum prosperierenden Luzerner Vorort nicht. Wie sehen sie das?

Steiner: Wir stehen in Konkurrenz mit den anderen Agglomerationsgemeinden um Luzern, Zug und Zürich. Beispiele sind die Gemeinden Root und Rotkreuz, die auf derselben Achse liegen. Beide Gemeinden sind steuerlich attraktiv und haben ihre Infrastruktur in den letzten Jahren erneuert und ausgebaut. Ich wünsche mir für Ebikon eine ähnliche Entwicklung, dabei können uns attraktive Projekte wie das Richtprojekt QUBE unterstützen.

Illi: Wenn wir eine der letzten Gewerbezonen auch noch zum Schlafen umzonen, können wir tatsächlich nicht mehr prosperieren. Ebikon hat die Förderung von Arbeitsplätzen durch Ansiedlung von KMU vernachlässigt. Obschon der Kanton Luzern Spitzenreiter für Firmenansiedlungen ist, verliert Ebikon laufend Betriebe. Nur noch Wohnen ist für Ebikon keine Perspektive.

Würde QUBE zu einem neuen Image für Ebikon beitragen, braucht das Ebikon, würde das dem Dorf gut anstehen?

Steiner: Auf jeden Fall, da bin ich überzeugt. QUBE ist sehr gut durchdacht, ausgewogen und wird generationsübergreifend einen guten Mix bringen bei einem JA. Mit dem Hochhaus können wir in Ebikon nebst der Kirche und dem Schindlerturm den Dorfeingang markieren, was eine Abwechslung auf der kilometerlangen heute mehrheitlich monotonen Kantonsstrasse bedeutet. 

Illi: Das möchte ich bezweifeln. Das suggerierte man mit der Mall of Switzerland auch. Gutes Image erlangt eine Gemeinde mit ausgebauter Infrastruktur, kultureller Vielfalt, guten Schulen und nicht zuletzt dank einem attraktiven Steuerfuss.

Gemäss Projekt ist das Quartier Weichle / QUBE mit dem ÖV gut erschlossen, zudem wären 300 statt wie bisher 500 Parkplätze in der bereits bestehenden Tiefgarage vorhanden. Ist das mit weniger motorisiertem Verkehr auf der Kantonsstrasse gleichzusetzen?

Steiner: Ein neues Quartier, das optimal am ÖV angebunden ist und über eine begrenzte Anzahl Parkplätze verfügt, wird sicherlich weniger Individualverkehr auf die Kantonsstrasse bringen als ein Detailhändler, ein  Logistiker oder anderes Gewerbe.

Illi: Das denke ich nicht. Der Verkehr hat mit der Schliessung des MParc nicht spürbar abgenommen. Mit der Ueberbauung würde wohl eher der Arbeitsverkehr zunehmen. Zudem ist über eine geplante Bauzeit von 10 Jahren mit massivem Lastwagen- und Baumaschinenverkehr zu rechnen.

Schattenwurf vom 55-Meter-Hochhaus, Tageslicht, Freiräume, innere Verdichtung: Themen, die im Vorfeld zu reden geben, wie gehen sie damit um?

Steiner: Grundsätzlich bin ich persönlich und auch beruflich fasziniert vom Hochbau. Ich unternehme regelmässig Städtereisen in alle Welt und geniesse die Eigenart einer jeden Stadt und auch eines jeden Hochhauses. Architektonisch müssen Hochhäuser attraktiv gestaltet sein, da sie schnell als Wahrzeichen gelten. Der Schattenwurf ist genau berechnet, wann und wo dieser hinfällt. 

Illi: Mit diesem Quartier will der Gemeinderat gute Steuerzahler anlocken. Ich bin aber überzeugt, dass gute Steuerzahler nicht freiwillig in eine von einem Hochhaus beschattete Wohnung ziehen. Auch ist die Lage zwischen Bahn und Kantonsstrasse wenig attraktiv. Störend ist das Wohnsilo von 55 Metern Höhe – dies entspricht der Höhe des Hundsrücken.

Die Mehrwertabgabe würde rund 3,5 Millionen Franken in die Gemeindekasse spülen. Ihr Vorschlag zur Verwendung oder generell.

Steiner: Da in der Gemeindekasse bereits ein grosses Loch klafft, müssen wir zuerst dieses stopfen und wichtige Infrastrukturbauten in Planung geben, die momentan auf Sparflamme laufen, beispielsweise der Schulhausneubau Höfli. Die aktuelle finanzielle Lage von Ebikon erlaubt uns leider keine grossen Sprünge, obwohl mir die Wünsche der Bevölkerung sehr wohl bekannt sind. 

Illi: Die Gemeindefinanzen können mit diesen kolportierten 3,5 Millionen Franken letztlich nicht aufgebessert werden. Im Gegenteil! Die zusätzlich benötigte und von der Gemeinde zu finanzierende Infrastruktur, beispielsweise für Kindergarten oder Schulwegsicherung, wird wesentlich mehr Geld verschlingen. Das Geld muss zweckgebunden eingesetzt werden. Dessen Fälligkeit ist auch unklar. Also: Der Gewinn der Migros, die Lasten der Gemeinde!

Falls die beiden Vorlagen die Zustimmung der Stimmbürger nicht finden, haben sie eine Alternative, was soll mit dem MParc-Areal geschehen, wird Ebikon eine weitere Brache erhalten?

Steiner: Ich mag gar nicht an dieses Szenario denken. Aber eine weitere Brache am Dorfeingang würde sich dann leider nicht verhindern lassen. Das Image von Ebikon würde leiden und jeder weitere Investor, jedes weitere Richtprojekt, wäre tendenziell gefährdet. Dies würde interessante Steuerzahler abschrecken. Diese brauchen wir, weil bereits eine Steuererhöhung im 2021 vorgesehen ist, dies gemäss Budget 2019. Auch würden Wohnungen an dezentraleren Lagen und auf grünen Wiesen entstehen, weil es dafür eine Nachfrage geben wird. Für den Verkehr wäre das sicher keine Entlastung. 

Illi: Es war der Entscheid der Migros, ihre Verkaufsfläche in die Mall zu
verlegen. Somit ist es auch die Migros, die für die freigewordene Lokalität eine
Lösung finden muss. Ich könnte mir verschiedene Nutzungen für
Gewerbetriebe vorstellen.

Das Interview führte Rolf Willimann

 

Parolen zur Volksabstimmung

Am 10. Februar 2019 befinden die Stimmberechtigten an der Urne über den Bebauungsplan Weichle und die Teilzonenplanänderung. Der Gemeinderat empfiehlt ein Ja, um das Zentrum entlang der Kantonsstrasse mit Wohnungs-, Gewerbe- und Dienstleistungsnutzungen aufzuwerten. 

Die Ortsparteien geben ihre Parolen bekannt: FDP Die Liberalen: Ja; SP: Ja; 
Grünliberale: JA; Grüne: Stimmfreigabe; SVP: Nein; CVP: Nein.  rowi.