Dr. Josef Küttel gibt seine Praxis auf

Während 32 Jahren war der Kinderarzt Dr. Josef Küttel eine Institution in Ebikon. Ende August schliesst er seine Praxis und übergibt sie an Carole Winiger-Candolfi, die ihn bereits seit zwei Jahren in einem Teilpensum unterstützt. 

shab. Josef Küttel ist Kinderarzt aus Leidenschaft. Schon bei seinen Praktika, die Teil des Medizinstudiums sind, wurde für ihn klar, dass er diese Richtung einschlagen wollte. «Es war einfach das Lebendigste», schmunzelt er; und dass er Kinder einfach ‚rüüdig gärn‘ hat, daran zweifelt niemand, der sein Strahlen sieht, wenn er über seine Arbeit mit den jungen Patienten spricht. Vielen Kindern und mittlerweile Erwachsenen ist er ein Begriff. Sie gingen gerne zum Herrn Doktor und wollten sogar jeweils mit, wenn ein Geschwister zum Impfen musste, wie Mütter berichten.

Seine Praxis in der Ladengasse hat Josef Küttel 1981 eröffnet. Er war der erste und lange Zeit weitherum der einzige Kinderarzt. Vor seinem Schritt in die Selbständigkeit hatte er sich nach dem Studium an der Universität Bern in Pathologie, Chirurgie sowie Pädiatrie ausbilden lassen und in den Kinderspitälern Bern und Luzern Berufs-Erfahrungen gesammelt. «Die ersten Jahre in der eigenen Praxis waren harzig», erinnert er sich, aber schliesslich kamen Eltern mit ihren Kindern aus dem ganzen Einzugsgebiet des Rontals zu ihm; mit der Zeit waren es so viele, dass er sogar die Aufnahme limitieren musste. Durch den allgemeinen Notfalldienst, bei dem  er während vielen Jahren mitmachen musste, gehörten mitunter auch Erwachsene zu seinen Patienten. Erst mit der Eröffnung der Permanence im Bahnhof Luzern und als das Kinderspital eine eigene Notfallstation eröffnete, fiel die Rund-um-die-Uhr-Präsenz schliesslich weg.

Wie viele Patienten er in den vergangenen 32 Jahren hatte, weiss Josef Küttel nicht genau. Einige tausend dürften es sicher gewesen sein, meint er. Und irgendwann vor geraumer Zeit fand ein Generationenwechsel statt: die einstigen Kinder waren erwachsen geworden und kamen nun mit ihrem eigenen Nachwuchs zu ihm.

Verändert hat sich auch sonst so einiges, stellte der Kinderarzt fest. Die heutigen Eltern hätten weniger Selbstbewusstsein und Sicherheit: «Früher hatten sie mehr Boden unter den Füssen, heute rufen sie viel schneller an, wenn einem Kind etwas fehlt.» Gerade diese Sicherheit zu vermitteln, sei ihm immer ein grosses Anliegen gewesen. «Es war eines meiner Ziele, dass sich die Leute selbst helfen können.»

Den wichtigsten Stellenwert in Josef Küttels Leben hatte jedoch nicht seine Praxis, sondern seine Frau und seine Familie. Seine Frau, die selbst aus einer Arztfamilie stammte, habe ihm immer den Rücken freigehalten und sei eine grosse Stütze gewesen. Bis zu ihrem Tod vor sieben Jahren half sie im Hintergrund mit, erledigte die Praxisbuchhaltung und andere administrative Arbeiten. Und weil er Privat und Praxis stets streng trennte, behandelte er auch seine drei Kinder möglichst nie selbst, leistete höchstens gelegentlich Erste Hilfe, beispielsweise, wenn einer seiner beiden Söhne eine Schramme hatte. Der gebürtige Surseer selbst war während seiner ganzen Praxistätigkeit fast nie krank und beanspruchte lediglich einmal medizinische Hilfe eines Kollegen – wegen einer Nierenkolik.

Bald beginnt für Josef Küttel ein neuer Lebensabschnitt. Sicher werde ihm etwas fehlen, am meisten das Unkomplizierte, Lebendige seiner jungen Patienten, ist der Kinderarzt überzeugt, aber so richtig merken werde er es erst, wenn es so weit sei. Er werde dann mehr Zeit haben für seine Hobbys, das Fotografieren, das Schwyerörgeli und seine Kakteenzucht. Schliesslich hat er auch noch seine zwei Enkel, mit denen er gerne Zeit verbringt, und wird weiterhin etwa alle zwei Wochen einen halben Tag in der Praxis seiner Nachfolgerin für die bestehenden ADHS-Patienten da sein. Für diese habe sich keine andere Lösung ergeben. Ebenfalls bleiben werden sicher viele schöne Erinnerungen und sogar das eine oder andere Dankesbriefchen – sei es von einem kleinen Patienten oder von zufriedenen Eltern.

Nicht weniger beeindruckend als die Begebenheiten mit den Kindern sei die Offenheit und das Vertrauen der Eltern gewesen. «Durch diese Kontakte habe ich nicht nur in meiner Ausbildung viel gelernt, sondern auch nachher immer wieder und konnte am Leben dieser Familien teilhaben», bilanziert er.

Der Kinderarzt Dr. Josef Küttel tritt in den wohlverdienten Ruhestand. Bild shab
Der Kinderarzt Dr. Josef Küttel tritt in den wohlverdienten Ruhestand. Bild shab