Start der Vernehmlassung zur «Strategie Alter Buchrain»

Der Gemeinderat hat sich nach der Schliessung des Alterszentrums Tschann (AZT) intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, mit welchen strategischen Zielen und Massnahmen eine umfassende Alterspolitik in Buchrain gestaltet werden soll. Insbesondere wurden Optionen für die stationäre Langzeitpflege diskutiert und erarbeitet. Nun geht die Strategie in die Vernehmlassung.

Die Schliessung des AZT war für alle Beteiligten eine schmerzliche und emotionale Erfahrung. In der nun zur Vernehmlassung freigegebenen «Strategie Alter Buchrain» werden unter anderem Ziele und Massnahmen zur Realisierung einer bedarfsgerechten Langzeitpflegelösung für Buchrain vorgeschlagen.

Keine Weiterführung des AZT

Es hat sich gezeigt, dass ein Umbau und eine Erweiterung des bestehenden Alterszentrums
baulich zwar möglich wären, eine Weiterführung jedoch nur zusammen mit einem Partner sinnvoll ist. Mit mehreren möglichen Partnern wurden Gespräche geführt. Im Laufe der getroffenen Abklärungen hat sich herausgestellt, dass die Weiterführung des AZT den Bedürfnissen künftiger Generationen nicht mehr entspricht sowie organisatorisch und betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll wäre. Ein Um- und Ausbau des AZT für Langzeitpflegeplätze ist daher keine realistische Option. Der Gemeinderat schlägt daher vor, auf den Um- und Ausbau des AZT zu verzichten. Mitentscheidend für diesen Vorschlag ist seine Beurteilung, dass der Kanton für ein solches Projekt kaum eine Betriebsbewilligung erteilen würde.

Neues Alterszentrum auf der Tschannwiese prüfen

Bei der Erarbeitung der Strategie hat sich gezeigt, dass Pflegeplätze entweder zentrumsnah in Buchrain oder in Zusammenarbeit mit einer Institution in der Region gesichert werden sollen. Für die stationäre Langzeitpflege am ehesten realisierbar sind Konzepte in Kombination mit anderen Alterswohnformen wie betreutes Wohnen oder Wohnen mit Dienstleistungen. Der Gemeinderat schlägt deshalb vor, auf der freien Tschannwiese zusammen mit einem externen Partner die Umsetzung eines zeitgemässen Angebotes zu prüfen. Mehrere mögliche Partner haben dafür ihr Interesse bekundet. Wenn die Idee dieses Lösungsansatzes auf der Tschannwiese in der Vernehmlassung Unterstützung findet, wird der Gemeinderat diesen Weg weiterverfolgen und eine zeitnahe Realisierung anstreben. Die Nutzung der Tschannwiese soll dabei im Baurecht erfolgen. Er geht davon aus, dass der Kanton als Bewilligungsbehörde einem solchen kombinierten Projekt zustimmen würde. Bei Verzicht auf diese Option wird auf eine Lösung mit einer Institution in der Region gesetzt.

Breite Vernehmlassung der «Strategie Alter Buchrain»

Unter der Leitung von Sozialvorsteher Stephan Betschen wurde mit einer Projektgruppe und mit externer Unterstützung eine umfassende Strategie Alter erarbeitet. Diese enthält acht Handlungsfelder, darunter auch der oben dargelegte Weg zur Umsetzung der stationären Alterspflege. Dabei wurden auch die Anregungen aus dem öffentlichen Workshop und einer Online-Umfrage berücksichtigt. Die Gesundheits- und Sozialkommission wurde ebenfalls miteinbezogen. Der Gemeinderat hat die Strategie beraten und für die Vernehmlassung freigegeben.

Diese startet Anfang Juli und dauert bis zum 23. September. Allen Parteien und Organisationen, die mit Altersfragen in Verbindung stehen, werden die Unterlagen zugestellt. Auch Privatpersonen sind eingeladen sich an der Vernehmlassung zu beteiligen. Alle Unterlagen werden Anfang Juli auf der Webseite der Gemeinde und auch auf Crossiety aufgeschaltet.

Zwischennutzung Räumlichkeiten beim AZT

In mehreren Workshops wurden auch Ideen für die Zwischennutzung gesammelt. Die Infostelle «Gesundheit & Alter» wurde auf Anfangs April im AZT eröffnet. Aufgrund der sehr stark rückläufigen Nachfrage und der Nutzung der Räumlichkeiten für die Beherbergung von ukrainischen Flüchtlingen ist die Infostelle in das Gemeindehaus umgezogen. Offen ist noch die Organisation eines regelmässig stattfindenden Mittagstisches.pd


Buchrains Sozialvorsteher Stephan Betschen beantwortet unsere Fragen zur Strategie Alter Buchrain.

In der Medienmitteilung kommt zu Sprache, dass es für die neue Strategie Alter acht Handlungsfelder gibt. Welche sind das?

Stephan Betschen: Wir wollen in Buchrain eine umfassende Alterspolitik umsetzen. Die acht Handlungsfelder zeigen diese Breite auf. (Siehe Box)

Wieso kommt eine Weiterführung des Alterszentrums Tschann nur mit einem Partner infrage?

Betschen: Eine Institution der Langzeitpflege mit nur 16 oder 26 Plätzen ist zu klein um isoliert in einer Gemeinde erfolgreich betrieben zu werden. Die Bedürfnisse der Bewohnerinnen an ein zeitgemässes Heim könnten nicht erfüllt werden. Diese Situation ist der Grund dafür, dass auch kein Partner gefunden werden konnte, der an einer Weiterführung interessiert wäre.

Wieso macht eine Weiterführung aus organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht ganz konkret keinen Sinn mehr?

Betschen: Die tiefgreifenden Abklärungen mit Fachexperten haben deutlich gezeigt, dass die Betriebskosten unverhältnismässig hoch wären. Dazu kämen ausserordentlich grosse Herausforderungen in der Führung, bei der Rekrutierung von Fachpersonal und der langfristigen Sicherung der Qualität.

Mit welchen möglichen Partner wurde eine Weiterführung diskutiert?

Betschen: Wir haben mit Gemeinden und privaten Organisationen Gespräche geführt. Aus Diskretionsgründen kann ich diese leider nicht namentlich nennen.

Die stationäre Langzeitpflege ist in Buchrain seit der Schliessung ein grosses Thema. Welcher Lösungsansatz macht hier in Zukunft Sinn und weshalb?

Betschen: Der Gemeinderat schlägt eine neues Konzept der Langzeitpflege mit einem zukunftsweisenden Projekt auf der Tschannwiese vor. Zusammen mit einem Partner soll eine Lösung realisiert werden, in der auch Wohnen mit Dienstleistungen integriert ist. Ältere Menschen wollen möglichst lange in den eigenen vier Wänden oder vor einem Heimeintritt in einer Wohnung mit betreuenden Dienstleistungen leben. Diesem berechtigten Bedürfnis wollen wir mit einem neuen Projekt Rechnung tragen.

Wieso ist die Tschannwiese der geeignete Standort für dieses Projekt?

Betschen: Die Tschannwiese ist zentrumsnah, im vollständigen Besitz der Gemeinde und zonenplankonform. Die bestehenden Alterswohnungen können in das neue Konzept integriert werden.

Mit welcher Art von Partnern ist man im Gespräch? Haben diese schon Erfahrungen hier in der Region oder hat man sich geografisch weiter weg umgeschaut?

Betschen: Mehrere erfahrene Partner der Altersbetreuung haben ihr Interesse bekundet – auch aus der Region.

Wie sieht der grobe Zeitplan für ein solches Projekt „Tschannwiese“ aus? Von welchem Zeithorizont sprechen wir hier konkret?

Betschen: Ein grober Zeitplan oder definierter Zeithorizont besteht noch nicht. Falls das Konzept in der Vernehmlassung Unterstützung findet, will der Gemeinderat dieses zeitnah weiterverfolgen.

Wie soll die Immobilie in der Zwischenzeit genutzt werden. Gibt es hier schon konkrete Projekte oder Ideen?

Betschen: Zurzeit werden die Räumlichkeiten des ehemaligen Alterszentrum Tschann als Wohn- und Lebensraum für die ukrainischen Flüchtlinge verwendet. Die spätere Nutzung hängt davon ab, wie es mit dem vorgesehenen Projekt auf der Tschannwiese weitergeht.

Interview: Sara Häusermann


Handlungsfelder

1. Wohnen in wunsch- und bedarfsgerechter Umgebung: In diesem Handlungsfeld werden Ziele und Massnahmen formuliert, die das möglichst lange Wohnen im Privathaushalt zu Hause auch im hohen Alter unterstützen, wie die Schaffung von barrierefreiem Wohnraum sowie Massnahmen im öffentlichen Raum, beispielsweise in den Bereichen Mobilität und Verkehrssicherheit.

2. Hilfe, Betreuung und Pflege: Ziele und Massnahmen in diesem Handlungsfeld betreffen die ambulante und stationäre Hilfe, Betreuung und Pflege und greifen innovative, neue Ansätze der Pflege und Betreuung auf.

3. Prävention und Gesundheitsförderung: Es werden Ziele und Massnahmen zum Erhalt und zur Förderung der persönlichen und sozialen Gesundheit dargestellt.

4. Information, Beratung und Koordination: Eine sach- und leistungsgerechte Information, die Koordination zwischen Anbietern und die Beratung für Dienstleistungen im Alter werden immer wichtiger. Die Ziele und Massnahmen zeigen auf, wie die Gemeinde diese Aufgabe wahrnehmen wird.

5. Betreuende und pflegende Angehörige: Angehörige übernehmen viele wichtige Leistungen in der Pflege und Betreuung von älteren Menschen. Die Ziele und Massnahmen zeigen auf, wie diese Tätigkeit unterstützt wird.

6. Soziale Teilhabe, helfen und mitgestalten: Ältere Menschen wollen sich an der Entwicklung der Gesellschaft beteiligen und sich in den entsprechenden Prozessen einbringen. Die Ziele und Massnahmen zeigen, wie die Gemeinde dieses Engagement
wertschätzen und fördern möchte.

7. Ältere Menschen mit Migrationshintergrund: Personen mit Migrationshintergrund haben oft spezifische Informationsbedürfnisse oder Anliegen an die Angebote und Leistungen. Die Ziele und Massnahmen zeigen, wie dies berücksichtigt werden soll.

8. Steuerung, Monitoring und Qualitätssicherung: Buchrain wandelt sich wie viele Gemeinden immer mehr vom Anbieter von Versorgungsleistungen zum Auftraggeber und Vermittler. Die Ziele und Massnahmen beziehen sich deshalb auf das Planen, Steuern und Evaluieren der Leistungen und Angebote für ältere Menschen.