Der Biber ist zurück

BUCHRAIN – Das zweitgrösste Nagetier der Welt erobert die Perler Allmend

Seit Herbst 2015 entdeckt man sie regelmässig in der Perler Allmend. Zwar nicht die Biber selbst, aber ihre unverkennbaren Nagespuren an Bäumen und Sträuchern. Um die Bauten des seit 1962 geschützten Tieres zu schonen und gleichzeitig Schäden an der Vegetation zu vermeiden oder einzudämmen, hat die Dienststelle Landwirtschaft und Wald (lawa) Massnahmen ergriffen.

ste. Bis zum Ende des Mittelalters hielt man Biber für Fisch-Jäger, heute weiss man, dass sie sich ausschliesslich vegetarisch ernähren. Im Sommer stehen weiche Ufergewächse wie Kräuter, Triebe und Wasserpflanzen auf ihrem Speiseplan. Im Winter ernähren sie sich vor allem von Baumrinden und den Wurzeln von Wasserpflanzen. Um auch an eisigen und schneereichen Tagen zu überleben, legen die Tiere unter Wasser Nahrungsdepots an. Beim Sammeln der Vorräte machen die Biber auch vor dicken Bäumen keinen Halt. Genau dies führte in Perlen nun aber zu Problemen, denn die alten Einzelbäume entlang des Förndlibachs sind landschaftlich und ökologisch wertvoll. Daher wird die Dienststelle Landwirtschaft und Wald des Kantons Luzern (lawa) in Absprache mit den Eigentümerinnen und Eigentümern vorsorglich einzelne Bäume mit Drahtgeflecht schützen.

Schutzverordnungen führen zu Interessenkonflikt

Ein weiteres Problem: Um die gefällten Bäume und Sträucher einfacher transportieren zu können erhöhten die Biber in der Perler Allmend im Verlaufe der vergangenen zwei Jahre ihren Damm. Die Biberschen Baukunstwerke setzen dabei auch bachnahe Riedflächen und somit einen wertvollen Bereich des Flachmoors Unterallmend Perlen unter Wasser. Das Flachmoor ist jedoch geschützt und eine länger andauernde Überschwemmung würde den Pflanzen schaden. Hier wird das Dilemma offensichtlich, denn sowohl Flachmoor als auch Biberdämme müssen erhalten werden. Die Dienststelle lawa hat mit den betroffenen Interessensgruppen intensive Gespräche geführt, um den Interessenkonflikt zu entschärfen. Die Lösung: Es soll ein Rohr in den Biberdamm eingebaut werden, um den Wasserstand auf einer definierten Höhe zu fixieren. So kann die Überschwemmung des Flachmoors weitgehend vermieden werden, während gleichzeitig der Eingang zum Biberbau unter Wasser bleibt. Letzteres ist für die Biber von grosser Bedeutung, denn der unter Wasser liegende Zugang schützt vor Fressfeinden und isoliert den Bau. Um die geplanten Massnahmen durchzuführen, muss jedoch erst eine rechtskräftige Bewilligung erwirkt werden. Sie werden daher bestenfalls Ende Winter oder Anfang Frühjahr umgesetzt.

Vom Biber überschwemmter Bereich des Flachmoors. Bild Ruedi Helfenstein.
Vom Biber überschwemmter Bereich des Flachmoors. Bild Ruedi Helfenstein.

Gründe für die Ausrottung

Bis Mitte 18. Jahrhundert waren die Biberpopulationen in Europa, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, ausgerottet. Die Gründe dafür waren vielfältig. Einerseits wurden die Tiere wegen ihres dichten, wasserabweisenden Fells gejagt. Andererseits wurde ein Sekret, welches die Nager zur Fellpflege und zur Reviermarkierung verwenden, als «Beruhigungs- und Fallsuchtmittel» angeboten. Das sogennante «Bibergeil» fand jedoch auch in der Parfümherstellung Verwendung, da ihm eine verführerische Wirkung nachgesagt wurde. Des Weiteren kam bei Gläubigen in der Fastenzeit oft Biberfleisch auf den Tisch. Der Grund: Die Kirche erkannte den im Wasser lebenden Nager mit dem schuppigen Schwanz nicht als Säugetier an. So war der Verzehr von Biberfleisch auch während der Fastentage legitim, im 17. Jahrhundert erschien sogar ein Kochbuch für Mönche ausschliesslich mit Biberspezialitäten. Und nicht zuletzt war der Biber gefährdet, weil er als Schädling und – aufgrund falscher Annahmen – als Nahrungskonkurrent des Menschen eingestuft wurde. Später machten ihm dann Abwässer und die Zerstörung seines Lebensraums durch den Gewässerausbau zu schaffen. Nachdem man jedoch den eurasischen Biber 1962 unter Schutz gestellt hatte, zählte man 1998 wieder 430’000 Exemplare.