Buchrain rechnet 2022 mit weiterem Verlust

Das Budget 2022 weist einen Verlust von Fr. 1‘394‘000 aus. Ohne die beantragte kommunale Steuererhöhung von 1.90 auf 1.95 Einheiten würde der Verlust über 1.8 Millionen Franken betragen.

Hauptgrund für die düstere Finanzlage ist der Wegfall von Ressourcenzahlungen des Kantons aufgrund der verbesserten Steuerkraft. Die Aufgaben- und Finanzplanung zeigt,
dass auch in den Folgejahren mit negativen Abschlüssen gerechnet werden und insbesondere die Verschuldungssituation im Auge behalten werden muss. Dennoch zahlen Buchrainerinnen und Buchrainer im 2022 gesamthaft weniger Steuern.

Eckpunkte Budget 2022

Die finanziell gewichtigsten Bereiche sind weiterhin mit Abstand Soziales, Alter und Gesundheit (45%, Fr. 10‘253‘000) sowie Bildung (35%, Fr. 7‘980‘000). Die budgetierten Kosten für die Ergänzungsleistungen basieren auf Berechnungen des Kantons und fallen 2022 über 6 Prozent höher aus als im Vorjahr. Der Wegfall der Ressourcenzahlungen konnte, trotz grossen Anstrengungen, nicht im ordentlichen Geschäft kompensiert werden. Die wesentlichsten Abweichungen gegenüber dem Budget 2021 betreffen folgende Positionen:

▪ Mehrkosten kant. Besoldungsanpassungen Kindergarten + Primar – 150‘000
▪ Mehrkosten Ergänzungsleistungen gem. Angaben Kanton – 180‘000
▪ Reduktion Erträge aus kantonalem Finanzausgleich – 626‘000
▪ Erhöhung Steuerfuss um 1/20-Einheit auf neu 1.95 E. + 500’000

Strukturelles Defizit vorhanden

Es ist paradox. Obwohl Buchrain die Hausaufgaben gemacht und die Steuerkraft in den letzten Jahren verbessert und mehr Einnahmen generiert hat, steht man von einer schwierigen finanziellen Phase. Aufgrund der guten Steuererträge der letzten Jahre vermindern sich die kantonalen Ausgleichszahlungen ab 2021 frappant. Konkret wird Buchrain anstatt einer Gutschrift von 493’400 Franken neu 114’900 Franken in den Ressourcenausgleich einzahlen müssen.

Als Folge davon akzentuiert sich das strukturelle Defizit von über 1 Million Franken, welches
ohne weitergehende Massnahmen nicht behoben werden kann.

Investitionskraft gering

Für 2022 budgetiert Buchrain Nettoinvestitionen im Umfang von Fr. 3‘107‘000 (Vorjahr Fr. 4‘608‘000). Der Grossteil dieser Investitionen betrifft die spezialfinanzierten Bereiche Abwasser- und Abfallbeseitigung. Im Jahr 2020 wurden die öffentlichen und privaten Leitungen gereinigt und mit Kanalfernsehen aufgenommen. Gemäss Auswertung der Aufnahmen durch das Ingenieurbüro müssen grössere Sanierungen im Umfang von Fr. 800’000 vorgenommen werden. Übergeordnete Regelungen verpflichten die Gemeinde zudem, Massnahmen zwingend auszulösen; so beispielsweise Fr. 180’000 aufgrund Brandschutz-Auflagen der Gebäudeversicherung oder Fr. 200’000 für die Anpassung der Bushaltestellen gemäss Vorgaben Behindertengleichstellungsgesetz.

Die Finanzkennzahlen können nicht mehr lückenlos eingehalten werden. Insbesondere der
Selbstfinanzierungsgrad ist tief und liegt 2022 bei -5%. Diese Kennzahl gibt an, in welchem
Ausmass Investitionen durch selbsterwirtschaftete Mittel finanziert werden können. Bei einem Wert von über 100 % können Investitionen finanziert und/oder Schulden abgebaut werden, ein Selbstfinanzierungsgrad unter 100 % führt zu einer Neuverschuldung, bzw. zu einer Fremdfinanzierung, was gleichzeitig eine grössere Verschuldung bedeutet. Die Verschuldung pro Einwohner/in steigt von Fr. 639 (2020) innert 2 Jahren auf Fr. 1’704 (2022) an.

Massnahmen eingeleitet

Der Gemeinderat hat bereits in der Botschaft zum Budget 2021 auf die herausfordernde finanzielle Situation hingewiesen. Aus diesen Gründen hatte der Gemeinderat unter anderem beschlossen, ein mittelfristiges Projekt zu starten und dabei Leistungen/Standards/Strukturen zu überprüfen, finanziell-relevante Massnahmen auszuloten und die Organisation fit für die Zukunft zu machen. Das Ziel ist, den Finanzhaushalt mittelfristig ins Gleichgewicht zu bringen.

Konkret wurde das Projekt «Vorwärts 2025» gestartet. In einem ersten Schritt folgte eine Lagebeurteilung/Auslegeordnung sowie anschliessend die Identifikation von Handlungsfeldern; die Rechnungskommission begleitet das Projekt eng. Der eine, grosse Befreiungsschlag ist nicht absehbar. Es konnte festgestellt werden, dass bereits bisher sorgfältig mit dem Geld umgegangen wurde und das Sparpotenzial limitiert ist. Dennoch wurde für das Budget 2022 eine Reihe von kurzfristigen Massnahmen beschlossen, die zu einer Verbesserung der Finanzsituation beitragen; so beispielsweise der Verzicht auf Videobotschaften (Fr. 12’000), der Verzicht auf den Ausbau Spielplatz Laubacher (Fr. 100’000), den Aufschub grösserer Renovationsarbeiten im Dorfschulhaus (Fr. 100’000) sowie die vorläufige Sistierung der Einführung Take a Bike (Fr. 20’000). Weitere, teils längerfristige, Teilprojekte werden in einer nächsten Phase nun konkretisiert und dem Gemeinderat zur Beurteilung vorgelegt werden.

Nebst dem Projekt «Vorwärts 2025» ist die Umsetzung des Generationenprojektes ein wichtiges Puzzleteil auf dem Weg zur finanziellen Verbesserung. Nebst vielen anderen Zielen im Projekt ist der Gemeinderat bestrebt, brachliegendem Land Werte zuzuführen und nachhaltige Investitionen zu tätigen, die einen entsprechenden Ertrag (Return on Investment) abwerfen.

Sei es in Form von Baurechtszinsen, von Steuererträgen oder Synergiegewinnen. 2022 leistet die Gemeinde dazu eine weitere Vorinvestition und führt das Gestaltungsplanverfahren durch.

Finanzstrategie erarbeitet

Buchrain verzeichnete in den letzten Jahren eine recht positive Finanzentwicklung. In den Jahren 2018 bis 2020 konnten teils beachtliche Rechnungsüberschüsse erzielt werden. Allerdings zeigt der Anstieg der Nettoverschuldung pro Einwohner/in von Fr. -82 Ende 2018 auf Fr. +639 Ende 2020, dass die Gemeinde ihre Investitionen teils durch Neuaufnahme von Schulden finanzieren musste. Gemäss Finanzplanung werden in den nächsten Jahren – sofern es nicht zu positiven Überraschungen auf der Einnahmenseite kommt – jährliche Defizite und ein weiterer Anstieg der Nettoverschuldung auf bis zu Fr. 3’000 oder gar höher erwartet. Daher hat der Gemeinderat in einer Finanzstrategie festgehalten, welche finanziellen Eckdaten über einen Planungshorizont von 10 bis 15 Jahren eingehalten werden sollen und mit welchen Massnahmen sich die Gemeinde den finanziellen Handlungsspielraum erhalten kann.

Steueranpassungen notwendig

Der Steuerfuss der Gemeinde Buchrain musste im Zuge der kantonalen Aufgaben- und Finanzreform AFR18 von 2.0 auf 1.9 Einheiten reduziert werden. Zahlreiche Gemeinden haben dies bereits wieder teilweise korrigiert. Der aktuelle Steuerfuss von Buchrain ist unter dem Durchschnitt der Agglomerationsgemeinden ohne Seeanstoss; und dies notabene als Gemeinde mit der mit Abstand tiefsten Steuerkraft. Buchrain hat sich lange gegen ein Rückgängigmachen der Steuerkorrektur gewehrt. Trotz positiver Rechnungsergebnisse blieb die Selbstfinanzierung jedoch tief und die Verschuldung stieg kontinuierlich an. Es folgte die Corona-Pandemie mit noch unklaren Auswirkungen auf Steuern und künftige Sozialausgaben.

Als dritter Punkt trifft uns der Wegfall des Ressourcenausgleiches mit Minus 1.2 Million Franken (pro Jahr!) verglichen mit dem Jahr 2019 hart und unmittelbar. Im Sinne einer nachhaltigen und vertretbaren Finanzpolitik führt trotz intensiver Sparanstrengungen kein Weg an einer teilweisen Korrektur der Steuerfuss-Reduktion 2020 vorbei. Der Gemeinderat beantragt daher, ab 2022 den Steuerfuss von 1.9 auf 1.95 Einheiten minim anzupassen.

Die Steuerzahlenden kommen 2022 netto dennoch zu einer steuerlichen Entlastung, da der Kanton die Staatssteuern um 0.1 Einheiten senkt. Eine alleinstehende Person mit einem steuerbaren Einkommen von 80’000 Franken und ohne Vermögen wird daher gegenüber heute 160 Franken sparen. Auch Firmen sparen Steuern. Ein Unternehmen mit steuerbarem Gewinn von 100’000 Franken und steuerbarem Kapital von 1 Million Franken muss statt 7’740 Franken künftig 100 Franken weniger an Kanton und Gemeinde abliefern.


Die Orientierungsversammlung findet am Donnerstag, 11. November 2021 um 19.30 Uhr in der Aula Hinterleisibach statt. Nebst der Präsentation des Budget 2022 wird Prof. Dr. Christoph Lengwiler die Finanzstrategie würdigen. Weiter wird über das neue Legislaturprogramm 2022 bis 2025 informiert sowie ein Status Update zum Generationenprojekt sowie zur Erweiterung Alterszentrum Tschann gegeben. Die Urnenabstimmung ist am 28. November.pd