Meilenstein mit Fragezeichen

Der Eingang zum Pflegezentrum.

Während der Gemeinderat Adligenswil das neue Pflegezentrum als ein bedeutender Meilenstein in der Entwicklung von Adligenswil sieht, setzen die Ortsparteien sowie Bürgerinnen und Bürger gewichtige Fragezeichen zu Kostenüberschreitungen beim Bau des Zentrums und zur Auslastung der Pflegebetten. Wie soll es weiter gehen?

Der Bau eines Alters- und Gesundheitszentrums entspricht einem lang gehegten Wunsch
der Adligenswiler Bevölkerung. Mit der Realisierung eines grösseren Bauprojekts sind vielfältige Risiken verbunden, die in der Planungsphase noch nicht erkannt werden können und erst in der Umsetzung zutage treten.

Das neue Alters- und Gesundheitszentrum (AGZ) besteht aus zwei Gebäuden mit 46 Alterswohnungen, einem Pflegeheim mit 56 stationären Pflegebetten, einer Arztpraxis und einem Restaurant. Am 2. Februar 2019 wurde das AGZ der Öffentlichkeit vorgestellt, und am 6. Februar nahm das Pflegezentrum seinen Betrieb auf.

Die Baukörper des neuen Alters- und Gesundheitszentrums.

Bei der Planung des Alters- und Gesundheitszentrums ging man von einem Kapitalbedarf von 4.4 Mio. Franken für die gemeindeeigene Pflegezentrum Riedbach AG als Betreibergesellschaft aus. Diese Mittel sollten in Form von 1.5 Mio. Aktienkapital und einem Darlehen von 2.9 Mio. Franken zur Verfügung gestellt werden. Die Stimmberechtigten stimmten dieser Finanzierung am 28. Februar 2016 mit rund 80% Ja-Stimmen zu.

In der Realisierungsphase des Pflegezentrums zeigte sich, dass die durch die Pflegezentrum Riedbach AG zu tätigenden Investitionen höher ausfallen werden als ursprünglich angenommen. Gründe dafür sind teilweise Planungsannahmen, die von der realen Entwicklung überholt wurden und teilweise Planungsänderungen aufgrund neuer Erkenntnisse. Ebenso wurde bei den Vorbereitungen für die Inbetriebnahme des Pflegeheims klar, dass die ursprünglich angenommene Bettenauslastung wegen einer veränderten Marktsituation im Pflegebereich nicht erreicht werden kann. Diese fehlenden Einnahmen wegen der tieferen Bettenbelegung sind der Hauptgrund für die Mehrkosten. Kurzum – der von der Gemeinde zugesicherte finanzielle Rahmen von 4.4 Mio. Franken reicht nicht aus, um den Betrieb des Pflegezentrums sicherzustellen.

Das integrierte Restaurant lädt zum Verweilen ein.

Erhöhung von Aktienkapital und Darlehen

Angesichts erheblicher Mehrkosten entschied sich der Gemeinderat, für die Deckung des Kapitalbedarfs den Stimmberechtigten eine Aktienkapitalerhöhung um 2.5 Mio. Franken auf 4 Mio. Franken sowie eine Erhöhung des Gemeindedarlehens um 1 Mio. Franken auf 3.9 Mio. Franken zu beantragen. Im Weitern beantragt er, die Amortisationszeit für das gesamte Darlehen auf 12 Jahre auszudehnen. Diese Anträge kommen am 19. Mai 2019 zur Abstimmung. Ohne die zusätzlichen Mittel wird die Zahlungsunfähigkeit der Pflegezentrum Riedbach AG sehr schnell eintreten. Die bereits eingelegten Mittel der Gemeinde wären im Falle eines Konkurses verloren, die Schliessung des Pflegeheims wäre die Folge. Auch der Verwaltungsrat der Pflegezentrum Riedbach AG hat Massnahmen getroffen, um die finanzielle Lage in den Griff zu bekommen. Der Gemeinderat hat strikte Kontrollmassnahmen eingeleitet, um solche Überraschungen in Zukunft zu vermeiden.

Stellungnahmen der Parteien

Die Präsidentin der FDP Adligenswil, Marion Maurer wie auch der Präsident der SVP, Roger Rölli, teilten mit, dass an ihren Parteiversammlungen nach eingehender Diskussion den Anträgen des Gemeinderates zähneknirschend zugestimmt wurde. Angesichts der drohenden Zahlungsunfähigkeit habe keine Alternative bestanden. Für die Parteien ist nicht nachvollziehbar, wie der Verwaltungsrat ein Bauvorhaben dieser Grössenordnung ohne ein klar definiertes Kostencontrolling aufgleisen konnte. Die CVP hat an ihrer Parteiversammlung ohne grosse Diskussion die Ja-Parole beschlossen, während die SP mit Bedauern von den Mehrkosten Kenntnis nahm und ebenfalls ein Ja empfiehlt, wie Co-Präsidentin Gisela Widmer Reichlin am Telefon mitteilte.

Das Bauwerk an sich lässt sich sehen. Die zentrale Lage, die Ausgestaltung der Räume, die Materialisierung und das Farbkonzept sind überzeugend und ermöglichen den Seniorinnen und Senioren ein wohnliches Daheim.

Jost Peyer

Der Eingang zum Pflegezentrum.