Leserbriefe KW11/12

Putin der Bösewicht

Seit einigen Tagen hat der erhabene, unfehlbare «Westen inkl. USA» einen neuen Bösewicht, Putin hat V. Orban und J. Kaczynski abgelöst. Und Putin wird verteufelt wie vor
einigen Jahren 8. al-Assad oder M. Gaddafi! Die Frage ist erlaubt: was haben die EU-Staaten in den letzten Jahren in Syrien oder Libyen erreicht, ausser einer grossen Katastrophe und menschlichen Tragödie? Resultat: einige 100000 Flüchtlinge aus Syrien und eine unbegrenzte Zahl von Flüchtlingen aus Afrika, die uns in Europa sehr grosse Probleme machen. War das eine kluge Politik des Westens? Ferner: wie hat man sich im sog. arabischen Frühling verkalkuliert und rein gar nichts erreicht. Und wieso erstarkte die grosse IS-Gefahr im Nahen Osten auf Schleichwegen, ohne dass der Westen etwas bemerkte? Die EU mit dem Westen hat sich in den letzten Jahrzehnten als grosse Moralprediger aufgeführt und dabei mehr kaputt gemacht als genützt. Wäre es nicht an der Zeit, sich im Westen zu besinnen, dass unsere Werte und die auch nicht einwandfreie Demokratie nicht in anderen Weltregionen taugt? Und unsere schizophrene Vorstellung von
«Gendern, Wake, geschlechterneutral, political correctness, Verteufelung der alten Kolonialzeit etc., etc., ist alles andere als sakrosankt. Ist nicht der Westen mit seiner verblendeten «Elite» zu einer gottlosen, dekadenten Heuchlerbande verkommen inkl. der
Regierungen? Mehr Bescheidenheit täte allen gut und ist zudem eine Tugend. Man sollte sich den Spiegel mehr vorhalten und nicht nur auf Putin zeigen. Was der Westen mit den
anderen Ländern vorhat, ist für mich eine neue Art von Kolonisation, nur mit neuen Namen.
Die Motive sind die gleichen geblieben. Erinnert man sich, wie arrogant die Regierenden im
Westen die Corona-Gegner behandelten und es weiter tun? Wie arrogant hat sich die sog.
demokratische EU gegen die Mitglieder Ungarn und Polen in den letzten Jahren verhalten?
Erinnert sich der Westen, was er in den letzten 20 Jahren weltweit alles verbockt hat, nicht
nur in Syrien und Libyen? Aber nein, wir im aufgeklärten Westen sind fehlerfrei und lupenrein. Nur Putin und Russland eben nicht! Auch ich missbillige den Ukraine-Krieg aufs
Schärfste, trotzdem habe ich ein grosses Verständnis für Putins Vorgehen. Mit einem
gewissen Verständnis kann ich mit dem russischen Unverständnis von Putin umzugehen
versuchen. Wir im Westen mit vielen politischen Schwachköpfen sind mindestens zu 50 % mitschuldig an diesem Krieg, da gibt es für mich keinen Zweifel. Aber der Mainstream sieht es sowieso anders. Nur, auch wir werden die Folgen und Auswirkungen dieses Krieges massiv zu spüren bekommen, der offenbar nicht verhindert werden konnte! Putin denkt mit Recht wie die alten Römer: «si vis pacem, para bellum» und Putin hat es umgesetzt, dank unserer Arroganz, dem Machtgehabe der EU (Osterweiterung) mit entsprechender Diskriminierung. Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht.

Hans Lohri, Treuhänder, Adligenswil


Auch Umwege erweitern den Horizont

Die Freiheit und die Unabhängigkeit der Schweiz sind in der Präambel unserer Bundesverfassung erwähnt. Bundesrätin Viola Amherd appelliert als oberste Sicherheitspolitikerin auf dieser Grundlage an die Initianten, ihre Volksinitiative gegen F-35-Kampfflugzeuge zurückzuziehen. Mit einer nüchternen Betrachtung der aktuellen Erkenntnisse ist dies die folgerichtige Konsequenz. Freiheit und Verantwortung erfordern ein souveränes Handeln. Wenige Monate nach Amtsantritt stellt dies auch die SPD-Regierung in Deutschland fest, fordert sie doch einen massiven Ausbau der Verteidigungsausgaben. Die Unterstützung der grünen Aussenministerin scheint ihm auf sicher zu sein. Die SP Schweiz hat vor genau zwei Jahren festgehalten: „Die Zeit von Panzerschlachten und Bewegungskriegen ist vorbei“. Kurze Zeit später stehen wir vor einer grossen Zeitenwende in der Verteidigungspolitik. Manchmal braucht es einen Umweg, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Insofern ist der Appell unserer Verteidigungsministerin zum Rückzug der Volksinitiative nur folgerichtig.

Rico De Bona, Luzern