Wenn Lesen oder Schreiben zum Stress wird

Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Problemen beim Lesen und Schreiben wird oft zu wenig zugetraut, obwohl diese Schwäche nichts mit Intelligenz zu tun hat. Sie beeinflusst aber meistens sowohl die Schul- wie die Berufslaufbahn der Betroffenen negativ. Der Tag der Logopädie vom 6. März nimmt das Thema auf, ermutigt insbesondere betroffene Jugendliche und räumt mit Vorurteilen auf.

Melanie (Berufsschule) liebt Mathematik. Sobald sie jedoch Textaufgaben lösen muss, kann sie ihre rechnerischen Leistungen nicht mehr zeigen. Durch das mühsame Lesen des Textes erschliesst sich ihr der Inhalt nicht.

Sven (8. Schuljahr) ist ein kreativer Schüler, der auch gerne spannende Geschichten erfindet. Diese aufzuschreiben ist jedoch Schwerarbeit für ihn: Er macht viele
Rechtschreibfehler und der Text ist dadurch für andere kaum zu verstehen.

Dyslexie (veraltet Legasthenie) ist der Fachbegriff für Schwierigkeiten mit Lesen und/oder
Schreiben. Im deutschsprachigen Raum gehört die Lese- und/oder Rechtschreibstörung mit 4 – 8 % der Schulkinder zu den häufigen schulischen Entwicklungsstörungen. Sie kann sich bis ins Erwachsenenalter weiter ziehen und somit die berufliche Laufbahn negativ
beeinflussen. Denn Lesen und Schreiben gehören zu den Grundkompetenzen, die beruflich wie privat jeden Tag gebraucht werden.

Der Deutschschweizer Logopädinnen- und Logopädenverband (DLV) nutzt den Tag der
Logopädie am 6. März 2022, um über Dyslexie aufzuklären und insbesondere Jugendliche
zu ermutigen, nicht zu resignieren. Logopädinnen und Logopäden unterstützen Kinder,
Jugendliche und Erwachsene mit einer Dyslexie. Viele Betroffene haben zum Beispiel Mühe, längere Zeitungstexte zu lesen und diese dann richtig zu verstehen. Andere schreiben beispielsweise zwar interessante Reiseberichte, stehen jedoch mit der Rechtschreibung auf Kriegsfuss.

Mit gezieltem Training und hilfreichen Strategien können die Lese- und Schreibfertigkeiten
verbessert werden: Regelmässiges Üben, Texte vorlesen lassen, Rechtschreibprogramme nutzen und weitere Strategien lohnen sich in jedem Alter und verbessern die Lese- und
Rechtschreibleistungen.

So hat Melanie mit Hilfe der Logopädin einen Plan aufgestellt und liest jeden Tag zehn
Minuten konzentriert in einem Buch. Zudem erhält sie in der Berufsschule für Prüfungen
generell etwas mehr Zeit als ihre Kolleginnen und Kollegen.

Sven ist unterdessen ein Profi in der Anwendung seines Rechtschreibprogramms. Seine
Logopädin hat ihm viele Tricks damit gezeigt. Zudem hat er hilfreiche Regeln der
Rechtschreibung kennengelernt und übt diese regelmässig in kleinen Portionen. Einen Teil
seiner Aufsätze darf er diktieren und seine Sätze werden dann vom
Sprecherkennungsprogramm aufgeschrieben.

Dyslexie hat nichts mit Intelligenz oder Erfolg zu tun, was unzählige betroffene Prominente
wie Skicross-Weltmeisterin Fanny Smith, die britische Prinzessin Beatrice oder der Formel-1-Rekordweltmeister Lewis Hamilton beweisen. Auch Politiker, Unternehmer oder Kunstschaffende gehören zu Betroffenen, die den Umgang mit der Schwäche gelernt und
nie aufgegeben haben.

Mit der Kampagne des DLV werden in erster Linie Jugendliche angesprochen, die Website
www.logopaedie-lohnt-sich.ch zu nutzen. Videos, Online-Spiele und kurze Infos zeigen,
dass es sich jederzeit lohnt, sich mit einer Lese-/Rechtschreibschwäche auseinanderzusetzen und Hilfe bei Fachpersonen zu holen. Wenn junge Menschen zusätzlich auf Verständnis bei Lehrpersonen, Lehrlingsbetreuenden, im Bekanntenkreis und unter Kolleginnen und Kollegen stossen, können sie ihr Potential für Beruf und Gesellschaft voll ausschöpfen.pd