Durchgangsbahnhof und Bildungsgesetz

LUZERN – Mit einer bescheidenen Traktandenliste von 29 Geschäften startete der Kantonsrat ins neue Parlamentsjahr. Wie sich schon in den Sessionsvorschauen abzeichnete, waren es primär zwei Themen, die die Parlamentsdebatte vom Montag der Vorwoche prägten, nämlich das Projekt Durchgangsbahnhof Luzern und die Teilrevision des Volksschulbildungsgesetzes.

Liste ist grösser als die verfügbaren Mittel

Eine gute Verkehrsanbindung ist ein wichtiger Standortfaktor und soll durch einen Durchgangsbahnhof Luzern mit den erforderlichen Kapazitäten sichergestellt werden. Der Rat war sich darin einig, dass die Kapazitäten des öffentlichen Verkehrs ausgebaut werden müssen. Das im Planungsbericht dargelegte Projekt Durchgangsbahnhof wurde zwar als die Best-Variante dargestellt, zeigt aber leider nicht deren Realisierungschancen auf. Die erfolgreiche Vorgehensweise zur Erreichung dieses hochgesteckten Zieles gab Anlass zur Diskussion. Der Rat überwies eine Bemerkung die verlangte, dass sich der Kanton Luzern mit einer Vorfinanzierung am Projekt beteiligen soll, um damit eine zeitlich vorgezogene Realsierung zu ermöglichen. Ein Antrag der SP-Fraktion zur Äufnung eines Fonds wurde jedoch klar abgelehnt. Dies sicher auch im Hinblick auf die aktuelle finanzielle Grosswetterlage im Kanton Luzern. In der Schlussabstimmung nahm eine grosse Ratsmehrheit in zustimmendem Sinn Kenntnis vom Planungsbericht. Voraussichtlich im Jahr 2018 werden wir durch die Entscheide in Bundesbern erfahren, ob das Anliegen von Luzern überhaupt Platz findet auf der Wunschliste der ganzen Schweiz. Die Liste der Verkehrsprojekte, aus allen Teilen des Landes, ist leider viel grösser als die verfügbaren finanziellen Mittel. Es ist zu hoffen, dass der Kanton Luzern neben dem Durchgangsbahnhof für über 2.5 Milliarden auch noch eine Entlastung für den Bypass zugesprochen erhält.

Nahtloser Übertritt in die Lehre

Die Teilrevision des Volksschulbildungsgesetzes soll, basierend auf verschiedensten Vorstössen aus dem Rat, die folgenden Schwerpunkte im Gesetz anpassen. Als Stichtag für den Eintritt in den Kindergarten gilt neu der 31. Juli in dem die Kinder das 5. Altersjahr vollenden. Diese Neuformulierung war über alle Fraktionen hinweg unbestritten. Damit wird wieder sichergestellt, dass die Kinder bei ihrem Schulaustritt nahtlos in ein Lehrverhältnis eintreten können. Die Gemeinden können den Lernenden bei Bedarf neu ein Angebot an Schulsozialarbeit zur Verfügung stellen. Die bürgerliche Mehrheit stützte diese Kann-Formulierung und wies einen Antrag auf ein Muss ab. Die Gemeinden sollen auch in Zukunft, in eigener Kompetenz, über diese kostenintensive Ausweitung ihres Angebotes selber entscheiden können.

Als Kompromiss kann die neue Regelung der frühen Sprachförderung bezeichnet werden. Die Gemeinden können Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen verpflichten, im Jahr vor dem obligatorischen Schuleintrittsalter, ein Angebot der frühen Sprachförderung regelmässig zu besuchen. Mit dieser breit abgestützten Kann-Formulierung liegt auch dieser Bereich in der Hoheit der Gemeinden. Der Kanton soll dieses Angebot also nicht per Gesetz vorschreiben und Gemeinden die ein solches gar nicht benötigen zusätzlich belasten.

Eine ausführliche Diskussion wurde über den künftigen Status der Bildungskommissionen geführt. So stellte die FDP einen Antrag, den Bildungskommissionen im Grundsatz nur noch eine beratende Funktion zuzuordnen und den Gemeinden frei zu lassen, allenfalls eine Ausnahme für eine Bildungskommission mit Finanzkompetenz zu ermöglichen. Die SVP-Fraktion stellte ergänzend den Antrag den Gemeinden sogar die Kompetenz einzuräumen ganz auf eine Bildungskommission verzichten zu können. Diese Anträge fanden keine Mehrheit. Somit werden künftig die Gemeinderäte, beraten von einer Bildungskommission, die Leistungsanträge für das kommunale Volksschulangebot festlegen. Die Schulpflegen in ihrer bisherigen Form werden abgeschafft.

Es ist zu hoffen, dass diese Diskussionen nun abschliessend geführt sind und in der 2. Lesung nicht nochmals alles von vorne beginnt. Erfreulicherweise ist die Tendenz festzustellen, dass die Ratsmehrheit den Gemeinden im Bildungsbereich wieder mehr Entscheidungskompetenzen zurückgeben möchte. Dadurch haben die Gemeinden wieder mehr Wahlfreiheit in der Gestaltung ihres Bildungsangebotes, das sie ja heute grossmehrheitlich auch finanzieren.

Guido Müller, Ebikon
Kantonsrat, Fraktionspräsident SVP

Persönliche Meinung

Die Vision eines Durchgangsbahnhofes, finanziert durch den Bund, stellt wohl die optimalste Lösung für unser ÖV-System dar. Wer die politischen Gesetzmässigkeiten jedoch berücksichtigt, kann aber zu einem anderen Schluss kommen. Schon im nächsten Jahr wird in Ebikon die Mall of Switzerland eröffnet, deren Zufahrten schon heute an ihrer Kapazitätsgrenzen liegen. Tägliche Staus auf der Autobahn, auf dem Rontal-Zubringer und überfüllte Busse und S-Bahn-Wagen sind schon heute Realität und rufen nach einer zeitnahen Lösung. Aus diesem Grunde reichte ich einen Vorstoss ein, der verlangte, den Doppelspurausbau am Rotsee als alternative Lösung zu planen. Wenn wir die positive wirtschaftliche Entwicklung in der Agglomeration und im Rontal nicht abwürgen wollen, brauchen wir bald entlastende Lösungen und nicht erst in 20 Jahren. Leider nimmt die Ratsmehrheit das Warten auf einen Durchgangsbahnhof lieber in Kauf, als gangbare Zwischenlösungen, die dringend erforderlich sind. Mir wäre der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach.

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