Eine «historische Session»

LUZERN – Ausstattung des Kantonsratssaals mit einer elektronischen Abstimmungsanlage, einer drahtlosen Internetverbindung und einer Mikrophonanlage. Lediglich drei Sachgeschäfte, Wahlen erstinstanzliche Gerichte und 30 parlamentarische Vorstösse. Das als Fazit der vergangenen Mai-Session.

Eine «historische Session» – unter diesem Titel eröffnete Kantonsratspräsidentin Irene Keller (FDP, Vitznau) die Mai-Session vom 27./28. Mai im Halbrund des Regierungsgebäudes an der Bahnhofstrasse 15 in Luzern. Ein neues «Zeitalter» hat Einzug gehalten – vorbei mit den Fitnessübungen: Zuerst «Wer zustimmt, erhebe sich vom Sitz» und gleich danach «Wer ablehnet, erhebe sich vom Sitz». Nun geht es viel einfacher: «Wer zustimmt drückt die Taste Plus (+), wer ablehnt, drückt die Taste Minus (-)». Es wird elektronisch abgestimmt – und das alles beim Sitzenbleiben. Wer sich der Stimme enthalten will drückt die Taste mit dem Andreaskreuz (X). Für das Abstimmungsprozedere bekommt man jeweils 20 Sekunden – also genügend Zeit zu korrigieren, wenn man den falschen Knopf erwischt hat – oder (aber davon gehe ich nicht aus) sich noch kurzfristig in der Meinung «ändert».

Nach eingeschliffenen Gewohnheiten sich an Neues gewöhnen

Hinzu kommt, dass man sich – anstelle von Handzeichen – neu elektronisch zu Wort meldet. Die Rednerliste erscheint auf den beiden Bildschirmen vorne rechts und links und wird dauernd nachgeführt. Das Wort wird einem durch die Kantonsratspräsidentin erteilt bzw. neu das Mikrophon zugeschaltet. Und da kam es schon hin und wieder vor, dass sich der oder die eine oder andere wieder wegschaltete, rein aus Gewohnheit, da man bis anhin eben den Knopf für das Mikrophon selber drücken bzw. ein- und ausschalten musste. Der Mensch ist eben doch ein «Gewohnheitstier». Mit der neuen Zutrittskarte in Form einer Kreditkarte – wie könnte es auch anders sein – kann man sich am Sitzplatz automatische registrieren lassen. Somit ist die Anwesenheit festgehalten und man ist berechtigt abzustimmen. Und ebenfalls erfolgt die automatische Registrierung des Sitzungsgeldes.

Nun aber zum eigentlichen Ratsbetrieb

Die Traktandenliste war nicht reichlich befrachtet, um nicht gar zu sagen sehr mager, insbesondere mit Sachgeschäften.  Der Kantonsrat stimmte in zweiter Lesung mit 108 zu 0 Stimmen diskussionslos der Änderung des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung ALV und die Beitragserhebung beim Arbeitslosenhilfsfonds ALHF zu. Dadurch wird die Beitragserhebung vereinfacht und regelmässig jährlich erhoben. Weiter wurde der Kantonsratsbeschluss der Abrechnung über den Ausbau des Bahnhofs Malters mit 98 zu 0 Stimmen genehmigt. Die veranschlagten Projektkosten von insgesamt rund 15 Millionen Franken wurden um rund 2,3 Millionen Franken unterschritten. Der Anteil für den Kanton Luzern beträgt 30% oder 3,8 Millionen.

Chottenkreisel in Sursee

Etwas ergiebiger war die Diskussion um die Vorlage über einen Sonderkredit für die Änderung der Kantonsstrassen K13 und K18, Abschnitt Chotten, Gemeinden Sursee, Mauensee und Oberkirch. Der Präsident der vorberatenden Kommission, Markus Odermatt (CVP, Ballwil), begründete die Notwendigkeit der Kapazitätserhöhung mit dem starken Verkehrswachstum in der Region. Aufgrund dessen leide auch der öffentliche Verkehr darunter, was dazu führe, dass die Busse die Anschlüsse an die Züge im Bahnhof Sursee nicht immer zu gewährleisten vermögen. Im Grundsatz der Notwendigkeit waren sich eigentlich alle einig. Doch die SP/Juso-Fraktion stellte einen Rückweisungsantrag, weil das Projekt resp. der Ausbau zwar nötig sei aber völlig überdimensioniert. Die Grünen pflichteten dem bei und auch die GLP war der Auffassung, dass das Projekt gar hoch dimensioniert sei. Der Rückweisungsantrag hatte jedoch keine Chance. Auch eine Senkung des Kredits von 4,5 auf 4,3 Mio. Franken, welche von der CVP verlangt wurde, fand keine Mehrheit. Dabei ging es nicht darum, das Projekt zu gefährden, dessen absolute Notwendigkeit  in keiner Weise bestritten wurde. Man war einfach der Ansicht, dass unter der Rubrik «Unvorhergesehenes» etwas gar viel «Speck» eingebaut wurde.

Wahlen Richter und Gerichtspersonen

Am Montagnachmittag fanden auch die Erneuerungswahlen der Gruppe Erstinstanzliche Gerichte für die Amtsdauer 2015 bis 2018 statt. Sämtliche wieder und neu kandidierenden Richterinnen und Richter für die Bezirksgerichte, für das Arbeitsgericht, das Kriminalgericht und die Schlichtungsbehörden wurden bestätigt resp. neu gewählt.

Parlamentarische Vorstösse

Insgesamt 30 parlamentarische Vorstösse in Form von Anfragen, Postulaten oder Motionen wurden behandelt. Einige waren nach kurzen Voten erledigt und einige wurde je nach Brisanz des Themas mehr oder weniger ausgiebig diskutiert.

Rayonverbote für den Alkoholkonsum

Eine Motion über Rayonverbote für den Alkoholkonsum und das offene Mitführen von Alkohol auf zentralen öffentlichen Plätzen hatte keine Chance. Der Motionär hatte insbesondere zwei Plätze in der Stadt Luzern im Visier: den Bahnhofplatz und den Europaplatz beim KKL. Zu gross waren die Befürchtungen, dass sich dadurch der Alkoholkonsum in die Wohnquartiere verschieben könnte. Ein Verbot wurde als nicht zielführend erachtet und auch betreffend der Durchführbarkeit der Kontrollen wurden grosse Vorbehalte geäussert. Die zuständige Regierungsrätin, Yvonne Schärli, meinte denn auch treffend: «Eigentlich müssten wir den Inhalt jeder Flasche kontrollieren.»

Gewährung von Sonderbeiträgen an die Gemeinden

Verlangt eine Gemeinde vom Kanton Sonderbeiträge, so muss sie vorerst die Steuern erhöhen. Dabei gilt die magische Grenze von 2,4 Einheiten – welche bis dato in der Praxis noch besteht, aber 2003 mit dem neuen Finanzausgleich abgeschafft wurde – nicht mehr, sondern neu sollen es 2,6 Einheiten sein. Aktuell haben fünf Gemeinden beim Kanton Sonderbeitragsgesuche gestellt. Es sind dies: Menznau, Wolhusen, Büron, Hasle und Altwis. Das Postulat, welches von Kantonsrätinnen und Kantonsräten der Gemeinde Menznau eingereicht wurde, forderte, dass die Ausrichtung von Sonderbeiträgen von der Steuererhöhungspflicht losgelöst bleiben soll. Die Debatte wurde ausführlich und intensiv geführt, ebenso die Schuldfrage an diesem Problem und im Besonderen der Gemeinde Menznau. Die Linken erwähnten einmal mehr die Steuergesetzrevisionen und die Abschaffung der Liegenschaftssteuer. Beides sei von der Bevölkerung dieser Gemeinden kräftig unterstützt worden. Für die Bürgerlichen war klar, es gibt kein Zurück zum alten Finanzausgleich und auch keine Defizitgarantie durch den Kanton für die Gemeinden. Das Postulat wurde letztendlich nach ausgiebiger Diskussion mit 60 zu 52 Stimmen abgelehnt.

Die Session konnte, nachdem sämtliche Traktanden behandelt waren, am Dienstag um 12.00 Uhr beendet werden. Dem einen oder anderen Parlamentsmitglied war dadurch wohl ein freier Nachmittag oder auch ein zusätzlicher Halbtag fürs Arbeiten beschieden.

Erwin Arnold, Gemeinderat und Sozialvorsteher
Kantonsrat CVP, Buchrain

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