100-Franken-Vignette: Überrissen oder überfällig?

IHZ-Podium mit Doris Leuthard, Felix Müri, Leo Müller und Thierry Burkart

Am 24. November entscheidet das Schweizer Stimmvolk über die geplante Erhöhung des Vignettenpreises auf 100 Franken. Am Montag, 28. Oktober, erläuterte Bundesrätin Doris Leuthard in Luzern, warum sie die Vorlage befürwortet.

ds. Soll der Vignettenpreis von 40 auf 100 Franken erhöht werden? Gegen 300 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft folgten am 28. Oktober der Einladung der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ) sowie der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Gesellschaft (AWG) und kamen im Luzerner Hotel Palace in den Genuss einer angeregten Diskussion. Bundesrätin Doris Leuthard befürwortet die Erhöhung des Vignettenpreises, der seit 20 Jahren unverändert 40 Franken koste: «Seit 1960, als das heutige Nationalstrassennetz geplant wurde, hat sich die Mobilität verfünffacht. Auch die Pendlerströme und die Staus auf Schweizer Strassen nehmen kontinuierlich zu. Deshalb müssen wir etwas tun.» Vom Netzbeschluss, der neben der Übernahme von 380 Kilometern Kantonsstrassen durch den Bund auch die Finanzierung einiger Umfahrungsprojekte beinhaltet, würden laut Leuthard alle profitieren, der einzelne Automobilist wie die gesamte Wirtschaft. «Denn die Staustunden verursachen einen ökonomischen Schaden von jährlich 1,2 Milliarden Franken», sagte die Bundesrätin.

«Automobilisten werden gemolken»

In der anschliessenden Podiumsdiskussion drifteten die Meinungen erwartungsgemäss weit auseinander. SVP-Nationalrat Felix Müri lehnt die Vorlage entschieden ab: «Eine Erhöhung um 150 Prozent ist reine Abzockerei.» Zumal man nicht nur für das Auto, sondern auch für den Anhänger und den Töff eine Vignette brauche. «Die Automobilisten und Raucher sind seit jeher die grössten Milchkühe der Nation», hielt Müri fest. Unterstützung bekam er von Thierry Burkart, Vizepräsident des TCS: «Wir bekommen mit dem Netzbeschluss nicht den versprochenen Mehrwert, da letztlich nur ein knapper Drittel der zusätzlichen Einnahmen der Strasse zu Gute kommt.» Und das nicht einmal in den bedeutenden Stauregionen von Zürich, Bern oder Luzern, sondern in Le Locle, La-Chaux-de-Fonds und Näfels. Müri ist überzeugt, dass wir uns den Strassenausbau auch ohne Vignetten-Erhöhung leisten können: «Von den 9,5 Milliarden, welche die Automobilisten jährlich an Steuern und Abgaben entrichten, müssten wir einfach etwas mehr als heute zweckgebunden einsetzen.»

«Sicherere und bessere Strassen»

Der Luzerner Baudirektor Robert Küng setzt sich für die Erhöhung des Vignettenpreises ein. Dabei stellt er den ökonomischen Aspekt in den Vordergrund: «Die Wirtschaft funktioniert dann, wenn die entsprechende Region gut erschlossen ist.» Zurzeit sei dafür aber nicht genug Geld vorhanden. Küng: «Wir hinken bei Strassenprojekten wie auch beim öV hinterher.» Mit dem Netzbeschluss stünden dem Kanton Luzern indirekt 1,6 Mio. mehr Mittel für Strassenbau und -sanierungen zur Verfügung, stellte Küng in Aussicht. Gleicher Meinung ist CVP-Nationalrat Leo Müller: «Wir können die dringend benötigten Bauten nicht mit Hosenknöpfen bezahlen.» Bei den 60 Franken handle es sich um «eine massvolle Erhöhung, die wir uns leisten können und müssen, wenn wir unsere Strassen besser und sicherer machen wollen». Zum Vergleich: Das Generalabonnement der Bahn habe seit 1990 um 950 Franken zugenommen.

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Setzte sich für die «überfällige» Erhöhung des Vignettenpreises ein:  Bundesrätin Doris Leuthard. Bild apimedia
Setzte sich für die «überfällige» Erhöhung des Vignettenpreises ein:
Bundesrätin Doris Leuthard. Bild apimedia