Was macht Kinder und Jugendliche im Alltag stark?

ROOT – Zuerst begrüsste Margrit Künzler (Sozialvorsteherin Root) die 60 anwesenden Zuhörer zum dritten Themenabend in der Arena Root. Die Einführung wurde von den CabaKids aus Luzern mit ihrem Leiter Walti Mathis gestaltet. Mit kritischem Schalk verstanden sie es, die Zuschauer auf schwierige Situationen im Erziehungsalltag zwischen Eltern und Kindern hinzuweisen.

Bestens unterhalten, machten sich die beiden Referentinnen Brigitte Stucki, lic. phil., und Nadine Baumann, M. Sc. (beide Fachpsychologinnen Kinder/Jugendliche FSP), zu ihrem Vortrag bereit. Brigitte Stucki informierte darüber, dass die Psychologieforschung jahrzehntelang auf Störungen, Ursachen und Behandlung fokussiert war, dies sich aber in den letzten Jahren geändert habe. Neu werden Schutzfaktoren erforscht und das Augenmerk auf die Verhinderung von Störungen (trotz enormer Belastungen) gelegt. Das Publikum lernte, dass die Umstände im nahen Umfeld wie harmonische Paarbeziehung der Eltern, autorativer Erziehungsstil, angemessene Herausforderungen, mindestens eine stabile Bezugsperson, enge Geschwisterbindungen, konstruktive Kommunikation und unterstützende Familiennetzwerke wichtige Schutzfaktoren darstellen.

Was ist Resilienz?

Danach wurde der Begriff «Resilienz» erklärt: Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandsfähigkeit von Kindern gegenüber biologischen und psychologischen Entwicklungskräften. Wie werde ich als Kind mit Druck/Belastung fertig? Wie erhole ich mich rasch von Enttäuschungen? Wie löse ich Probleme? Wie komme ich gut mit anderen Menschen zurecht und wie begegne ich mir und anderen mit Respekt? Was führt denn eigentlich zu stabilen Beziehungen? Beispielsweise emotionale, physische Nähe, Feinfühligkeit gegenüber den Bedürfnissen des Kindes und Zuverlässigkeit. Diese physische und psychische Sicherheit der Eltern schützt das Kind vor körperlichen/seelischen Verletzungen/Krankheiten. Ganz wichtig sei die einfühlsame Beziehung zu sich selbst, um überhaupt Grund-/Urvertrauen und Empathiefähigkeit aufbauen zu können.

Erfolg und Misserfolg

Die Referentinnen betonten die Wichtigkeit, dem Kind wenn möglich zu vermitteln, dass es selbst an Erfolg oder Misserfolg etwas ändern könne. Zum Beispiel eine erfolgreiche Prüfung – warum war das Kind erfolgreich? Weil es das Richtige im richtigen Ausmass gelernt hat. Ebenso lässt sich Misserfolg anschauen: Was hat dazu geführt? Eventuell zu wenig oder das Falsche gelernt? Würde es dem Kind nützen, mit jemand anderem die Prioritäten zu klären? Was würde nützlich sein, um mehr Erfolg zu haben? Wenn es gelingt, erfolgreicher zu werden, verbessert dies das Selbstwertgefühl des Kindes, und es erfährt Vertrauen in sich selbst. Wenn der Selbstwert niedrig ist, beschäftigt sich das Kind mit seinen Schwächen und hat bereits negative Erwartungen, auch die Versagensangst nimmt zu. Logischerweise erhöht sich deshalb das Risiko eines Misserfolgs, und der Selbstwert wird noch schlechter. Dies ist ein Teufelskreis. Bei einem Kind mit positivem Selbstwert ist das Wohlbefinden höher. Es nimmt schwierige Aufgaben schneller in Angriff und lässt sich bei Problemen nicht so schnell entmutigen. Das heisst, die Chance für ein Erfolgserlebnis ist höher, dies wiederum stärkt den Selbstwert.

Autorative Erziehung

Als Erziehungsstil biete sich der autorative Stil an. Autorativ bezeichnet Grundhaltungen wie emotionale Wärme, Förderung der Selbstständigkeit des Kindes und klare Grenzen/verlässliche Konsequenzen. Dem Kind nichts abnehmen, was es selbst tun könnte. Das Kind ermutigen, Herausforderungen selbstständig zu meistern; ihm Hilfe/Zuwendung geben, wenn es Aufgaben nicht schafft oder aus anderen Gründen ängstlich, traurig oder wütend ist. Bezugspersonen sollten verlässlich sein: Das Kind fühlt sich nur sicher, wenn es sich auf die Bindungsperson verlassen kann. Ein sicheres Kind will entdecken, lernen, sich vorwagen. Ein verunsichertes Kind muss sich ständig versichern, dass die Bezugsperson noch da ist, und ist nicht frei, zu erkunden. Präsent sein, da sein, zuhören mit Blickkontakt, dies benötigt ein Kind von Bezugspersonen. Körperkontakt stimuliert die Ausschüttung des Hormons Endorphin, das entspannt und zufrieden macht.

Was können Eltern richtig machen?

Wie schafft man es als Eltern, all dies richtig zu machen? Brigitte Stucki erklärte beruhigend, dass Kinder keine «perfekten» Eltern bräuchten, «gut genug» reiche völlig für eine gesunde Entwicklung. Kinder brauchten Eltern, die ihnen etwas zumuten! Es sollte altersgerechte Herausforderungen geben für Kinder, dies fördere Mut, Selbstbewusstsein, Zähigkeit, Ausdauer und Frustrationstoleranz. Stärke brauche Herausforderung. Durch die Eltern verwöhnt zu werden, sende folgende Botschaften ans Kind: Mir wird nichts zugetraut, man hält mich nicht für fit genug, ich bin ungeschickter als andere, ich kann das nicht, auf mich muss man dauernd aufpassen, mir misslingt alles. Demgegenüber stehe der Ermutigungskreislauf: Ermutigen bewirke Positives, man traut sich etwas zu, man probiert aus, Erfolg, man erhält Mut zum Weiterüben, und dies stärke das Selbstvertrauen. Dies sind Prozesse, die nicht einfach zu erlernen sind, falls dies nötig ist. Oft wird dann die Hilfe vom Schulpsychologischen Dienst (Schulpsychologischer Dienst, Dorfstrasse 2, 6030 Ebikon, Tel 041 440 86 10) nötig, der in schwierigen schulischen Situationen beigezogen wird. Dafür arbeiten Brigitte Stucki und Nadine Baumann täglich. Am Schluss des Vortrags wurden die Referentinnen mit einem kräftigen Applaus und dankenden Worten verabschiedet.

CabaKids Luzern – Einführung mit dem Kindercabaret.
CabaKids Luzern – Einführung mit dem Kindercabaret.
Begrüssung durch Sozialvorsteherin Margrit Künzler und die Referentinnen Nadine Baumann und Brigitte Stucki.
Begrüssung durch Sozialvorsteherin Margrit Künzler und die Referentinnen Nadine Baumann und Brigitte Stucki.