Die Schweizergarde ist eine Lebensschule, kein Lebensjob

Bei seinem Abschied aus dem Vatikan sprach Alexander Wüller mit dem Papst. Bild zvg

Alexander Wüller aus Root leistete nach seiner Lehre als Landschaftsgärtner ein Jahr lang Militär mit dazugehöriger Kaderausbildung. Während der letzten 30 Monate war er Mitglied der Päpstlichen Schweizergarde in Rom. Anfang dieser Woche kehrte der 24-Jährige in die Schweiz zurück. Der „Rontaler“ sprach mit ihm.

Weshalb haben Sie sich seinerzeit für den Dienst in der Schweizergarde entschieden?
Ich wollte meinen Horizont erweitern und länger als nur für einen 3-monatigen Reiseaufenthalt im Ausland bleiben. Mich reizte auch ein Neuanfang in einer ganz anderen Umgebung. Ein weiterer Grund, mich für diese Aufgabe zu entscheiden, war die Kameradschaft in Rom und die italienische Sprache. Nicht zuletzt war es für mich ein Dienst an der Schweiz und für Papst Benedikt XVI.

Können Sie uns kurz den Alltag eines Schweizergardisten beschreiben?
Die Hauptaufgaben sind Wach- und Ordnungsdienst an den Eingängen des Vatikans. Dazu kommen repräsentative Aufgaben wie der Ehrendienst bei Staatsempfängen sowie Begleit- und Nahschutz des Papstes im In- und Ausland. Ausserdem ist der Alltag geprägt durch Sport und Italienischlektionen, Nahkampf- und Waffenausbildung.

Was hat Ihnen besonders gut gefallen an Ihrer Arbeit?
Der tägliche Kontakt mit Menschen aus der ganzen Welt in verschiedenen Sprachen. Ein besonderer Moment war für mich die Vereidigung am 6. Mai 2011, als ich schwor, dass ich bereit bin, für die Sicherheit des Papstes mein Leben zu geben. Ebenso eindrücklich waren die zwei persönlichen Begegnungen mit dem Heiligen Vater.

Wie haben Sie das Zusammenleben mit den Kameraden erlebt?
Von den 110 Schweizergardisten kann nicht jeder ein gleich guter Kamerad sein. Man hat vielleicht zehn bis 15 beste Freunde. Das Zusammenleben auf engem Raum ist nicht immer einfach. Man leistet zusammen Dienst, isst und lebt gemeinsam, geht in den Ausgang und lacht viel miteinander. Mit der Zeit kennt man sich sehr gut und teilt auch die Sorgen. Man hat eigentlich immer Leute um sich herum. Da ist es normal, dass es zwischendurch auch mal Reibereien gibt und man etwas Abstand braucht.

Was haben Sie jeweils in der Freizeit unternommen?
Ich habe beim FC Guardia Svizzera zweieinhalb Jahre Fussball gespielt. Das war mein grösstes Hobby. Daneben bin ich auch gejoggt, mit Freunden nach Rom gefahren und habe die italienische Küche sowie die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt genossen. Oft sind wir ans Meer gefahren, und einmal haben wir eine Rundreise durch Italien unternommen.

Was waren die herausragendsten Ereignisse während Ihrer zweieinhalbjährigen Dienstzeit?
Wie schon erwähnt war es einmal meine Vereidigung, kurz danach die Seeligsprechung von Papst Johannes Paul II. sowie die Ernennung von Kurt Koch zum Kardinal oder die Osternachtsmesse in diesem Jahr mit Papst Benedikt XVI. Auch die zweite persönliche Begegnung mit dem Papst bei meinem Abschied hat mich sehr bewegt. Ich konnte ein paar Worte mit ihm wechseln, ihm sagen, wer ich bin und was ich nachher machen werde.

Weshalb haben Sie sich nun für die Rückkehr in die Schweiz entschieden?
Die Schweizergarde ist eine Lebensschule und kein Lebensjob. Ich habe meinen Dienst beendet, weil ich weitergehen und meine Pläne verwirklichen will.

Haben Sie jemals eine Karriere bei der päpstlichen Garde in Betracht gezogen?
Nein, das war für mich nie ein Thema. Ich wollte mich dort entwickeln, mir Disziplin aneignen, wachsen und mich formen. Aber es war von Anfang an klar, dass ich eine Karriere in der Schweiz und nicht in der Garde anstrebe. Das Militärcorps soll jung gehalten werden, und dafür braucht es einen ständigen Wechsel.

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Ab Januar nach dem WK werde ich mich an einer Diplomhandelsschule kaufmännisch weiterbilden. Danach werde ich im Militär eine weitere Kaderschule besuchen, um die erlernten Führungseigenschaften aus der Schweizergarde noch zu vertiefen. Später ist vieles noch offen.

Weshalb würden Sie jemandem raten, sich für den Dienst zu melden?
Für Leute mit einer starken Persönlichkeit, die Abwechslung suchen und bereit sind, sich in einem neuen Umfeld zurechtzufinden, ist das eine gute Sache. Dass man sportlich ist und mit Stolz für Papst Benedikt sowie für unser Land Dienst leistet, gehört ebenfalls zu den Voraussetzungen. Sicher muss man sich auch mit dem Glauben identifizieren können.

Sonja Hablützel

Schweizergarde
Die Päpstliche Schweizergarde ist das einzige verbliebene päpstliche Armeekorps in Waffen. Sie sichert den apostolischen Palast, die Zugänge zur Vatikanstadt sowie den Eingang des Castel Gandolfo, der Sommerresidenz des Papstes, und ist für die persönliche Sicherheit des Papstes verantwortlich. Die offiziellen Sprachen (Kommandosprachen) der Garde sind Deutsch und Italienisch. Das Korps wurde im Jahre 1506 durch Papst Julius II. begründet.

Bei seinem Abschied aus dem Vatikan sprach Alexander Wüller mit dem Papst. Bild zvg